Artikel • Pankreas

Die Zeichen richtig deuten

Statistisch gesehen überleben nicht einmal 15 Prozent der Patienten mit einem operierten Pankreaskarzinom die ersten fünf Jahre. Diese entmutigende Prognose sollte Radiologen dazu ermutigen, die Bauchspeicheldrüse noch genauer unter die Lupe zu nehmen und ihr Augenmerk auch auf kleinere Veränderungen zu legen.

Welche das sein können, darüber informiert die diesjährige Session zur Pankreasdiagnostik auf dem RadiologieKongressRuhr unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Johannes Weßling, Leiter der Klinik für Radiologie am Clemenshospital in Münster.

Besteht lediglich ein Tumorkontakt, entscheidet üblicherweise der Chirurg interoperativ, ob eine Resektion möglich ist oder nicht.

Prof. Dr. Johannes Weßling

Zunächst jedoch wird mit Prof. Dr. Waldemar Uhl, Direktor der Klinik für Allgemein und Viszeralchirurgie am St. Josef-Hospital in Bochum, der Chirurg seine Anforderungen an den  radiologischen Befund bei der Diagnostik und Beurteilung von Pankreastumoren darlegen. Dazu zählt neben der richtigen Artdiagnose unter anderem auch die Beantwortung der Frage nach der möglichen Resektabilität eines Tumors. Diese wiederum hängt zum einen von dem Vorhandensein etwaiger Fernmetastasen an Leber oder Bauchfell ab, zum anderen aber auch vom Tumorbefall  einzelner Oberbaucharterien: „Die systematische Beurteilung der Arteria mesenterica superior, des Truncus coeliacus und der Arteria hepatica communis sind entscheidend für die Möglichkeiten einer operativen Tumorentfernung. Liegt bereits eine eindeutige Infiltration vor, ist der Tumor als onkologisch nicht sinnvoll resektabel einzustufen. Besteht lediglich ein Tumorkontakt, entscheidet üblicherweise der Chirurg interoperativ, ob eine Resektion möglich ist oder nicht“, erklärt Prof. Weßling.

Prof. Dr. Thomas Lauenstein, stellvertretender Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen, berichtet in seinem Vortrag ‚Diagnostik solider Pankreastumoren‘ über die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die die Früherkennung des Pankreaskarzinoms an die medizinische Bildgebung stellt.

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MSCT mit "curved-MPR": Sogenannte Seitenast-IPMN im Pankreaskopf.

Bei den Vorträgen zu den soliden und den zystischen Pankreastumoren steht speziell die Detektion und Differentialdiagnose der Tumoren im Mittelpunkt. Schon ältere Studien aus Japan konnten zeigen, dass die 5-Jahres-Überlebenschancen der Patienten auf knapp 90 Prozent hochschnellen, wenn die Tumorgröße bei Detektion unter einem Zentimeter liegt. Die Frage an die Radiologen lautet hier: Ab welcher Größe können solide Tumore erkannt werden und welche indirekten Veränderungen geben Hinweise auf eventuell vorliegende Frühtumoren. Berücksichtigt man außerdem, dass rund elf Prozent der Tumore „maskiert“ sind, sich in ihrer Perfusion also nicht vom gesunden Pankreasgewebe unterscheiden, wird klar, dass auch indirekte Parameter in die Diagnostik einfließen müssen. Dazu zählt der Pankreasgang, dessen Erweiterung ebenso auf eine krankhafte Veränderung hindeutet wie der Pankreasgangabbruch. Prof. Weßling: „Zwar werden  solche Veränderungen häufig in den Befundbriefen erwähnt, aber vielfach immer noch als Ausdruck einer chronischen Pankreatitis gewertet oder aber Verlaufskontrollen empfohlen. Zeitverluste, die die ohnehin niedrige Überlebenschance der Betroffenen weiter verschlechtert. Hier liegt das Leben der Patienten mehr als vielleicht sonst üblich in den Händen der Radiologen“, so Johannes Weßling.

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MSCT mit "curved-MPR": Kleines hypervaskularisiertes Insulinom im Pankreasschwanz

Die Beiträge sollen aber auch einen Überblick  geben, welche Techniken das frühe Erkennen des Pankreaskarzinoms in der CT und MRT verbessern. Gerade bei letzterer gibt die multiparametrische Bildgebung Anlass zur Hoffnung. „Die Diffusionsbildgebung hat uns in der Pankreasdiagnostik sicherlich ein ganzes Stück vorangebracht, aber auch sie hat Ihre Grenzen und Schwachstellen,  über die in der Pankreassession zu diskutieren sein wird.“, so Prof. Weßling.

Die generelle Verbesserung der CT- und MRT-Techniken hat auch dazu geführt, dass immer häufiger - zumeist per Zufall - Pankreaszysten entdeckt werden. Natürlich sind nicht alle Zysten potenziell maligne. 50 Prozent sind Ausdruck einer chronischen Pankreatitis, was damit gleichzeitig die wichtigste Differentialdiagnose darstellt. Bei den anderen zystischen Pankreastumoren  stehen aufgrund ihres „Entartungspotential“ insbesondere die sogenannten muzinösen Pankreastumoren im Vordergrund. Ziel der Session ist es darum die verschiedenen Subtypen und ihre speziellen Eigenschaften kennen zu lernen. Es wird aber auch darum gehen, was man den Betroffenen empfehlen kann und soll und damit um Aspekte eines „leitliniengerechten“ Vorgehens“, schließt Johannes Weßling.

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Prof. Dr. Johannes Weßling, Leiter der Klinik für Radiologie am Clemenshospital in Münster.

Profil:
Seit 2013 leitet Prof. Johannes Weßling die Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie des Clemenshospitals in Münster. Zuletzt war er als stellvertretender Direktor  am Institut für Klinische Radiologie des Universitätsklinikum Münster tätig. 2013 erhielt er von der Deutschen Röntgengesellschaft den Friedrich-Wachsmann-Preis für Fort- und Weiterbildung. Er  ist seit 2014 im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft (AG) Abdominal- und Gastrointestinaldiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG).

Veranstaltungshinweis
Raum: Congress-Saal
Freitag, 30.10.2015, 14:00 Uhr
Session: Pankreas
Vorsitz: Johannes Weßling, Münster

27.10.2015

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