Ein riesiger Rotstift über einem isometrisch dargestellten Krankenhaus

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Artikel • Gesundheitspolitik

Deutscher Krankenhaustag: Kliniken zwischen Reform und Rotstift

„Neustart Krankenhauspolitik – Mut zur Veränderung" lautete das Motto des 48. Deutschen Krankenhaustages, der kürzlich im Rahmen der MEDICA stattfand. Doch wie viel Mut zur Veränderung ist möglich, wenn gleichzeitig Milliardeneinsparungen die Kliniken belasten? Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann (CDU) und Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), diskutierten in der gesundheitspolitischen Auftaktveranstaltung über Strukturreformen, Sparmaßnahmen und die Herausforderungen einer flächendeckenden Versorgung.

Bericht: Wolfgang Behrends

Portraitfoto von Gerald Gaß
Gerald Gaß

Fotos: HiE/Behrends 

Die Veranstaltung stand im Schatten des kürzlich vom Bundestag beschlossenen Sparpakets, das Krankenversicherte vor Beitragserhöhungen bewahren soll. Von den insgesamt zwei Milliarden Euro Einsparungen tragen die Krankenhäuser mit bis zu 1,8 Milliarden Euro den größten Anteil. Gerald Gaß machte in seiner Ansprache deutlich: „Die Gesetze der Ökonomie können wir nicht außer Kraft setzen." Er kritisierte, dass die Politik den Kliniken verlässliche Planungssicherheit erschwere – was letztendlich auch das Vertrauen der Bürger gefährde. 

Besonders kritisch sah der DKG-Vorstandsvorsitzende die Rücknahme bereits zugesagter Mittel. Die im Koalitionsvertrag versprochene Inflationskompensation von vier Milliarden Euro werde nun „auf kaltem Wege“ wieder einkassiert – für Gaß ein Vertrauensbruch. Krankenhäuser seien keine Behörden, denen man nach Belieben Mittel geben und nehmen könne, sondern Unternehmen, die langfristige Investitionsentscheidungen treffen müssten. Ohne verlässliche Refinanzierung werde dieses System gefährdet. 

Einstimmung auf weitere Sparmaßnahmen

Portraitfoto von Nina Warken
Nina Warken

Nina Warken zeigte sich der Härte der Maßnahmen bewusst. Sie habe ein „System in tiefroten Zahlen" übernommen und müsse nun Wege zu mehr Nachhaltigkeit finden. Die aktuellen Einsparungen seien dabei erst der Beginn: Für 2026 kündigte die Ministerin Kostenreduktionen im zweistelligen Milliardenbetrag an – die dann allerdings nicht nur den stationären Sektor betreffen würden. Stabile GKV-Beiträge seien die Basis für einen Weg, von dem letztlich auch die Krankenhäuser profitieren würden, argumentierte sie. 

Gaß appellierte an die Politik, nicht nur bei den Finanzen, sondern auch bei der Bürokratie anzusetzen: „Gehen Sie an die Überregulierung heran." Drei Stunden täglich würden Klinikmitarbeiter allein für Dokumentation aufwenden – Zeit, die in der Patientenversorgung fehle. Zudem könnten weitere Kostensteigerungen unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr aufgefangen werden. 

Qualität durch Zentralisierung – aber nicht auf Kosten der Fläche

Einigkeit herrschte über die Notwendigkeit tiefgreifender Strukturreformen. Wie Warken betonte, liege das Ziel des Krankenhausanpassungsgesetzes (KHAG) darin, mehr Qualität durch Bündelung von Leistungen zu erreichen, ohne funktionierende Strukturen zu zerstören oder die Versorgung in ländlichen Gegenden zu gefährden. Sie zeigte sich überzeugt, dass die meisten Patienten bereit seien, für bestimmte Eingriffe weitere Wege in Kauf zu nehmen, solange die Gesamtversorgung qualitativ gut bleibe. Wichtig sei es, „ein Verständnis von mehr Miteinander und nicht Gegeneinander zu schaffen". 

Portraitfoto von Karl Josef Laumann
Karl Josef Laumann

Laumann betonte den Trend zu mehr Spezialisierung und damit verbundener Zentralisierung. Aus Sicht der Länder dürfe dies jedoch nicht auf Kosten der ländlichen Bevölkerung gehen. Das Gesundheitswesen sei aus Bürgersicht eines der wichtigsten Systeme und müsse zuverlässig, erreichbar und sicher bleiben. 

In Sachen Krankenhausplanung forderte Laumann, dass diese auf Länderebene erfolgen müsse, nicht aus Berlin. Warken habe in dieser Hinsicht eine andere Auffassung als ihr Vorgänger Karl Lauterbach, was der NRW-Minister begrüßte. Gleichzeitig dankte er der Ministerin für die Milliarden aus dem Transformationsfonds, wünschte sich aber mehr Flexibilität beim Einsatz dieser Mittel. 

Zwischen Sparzwang und Strukturreform

Laumanns Fazit: Mut zu Veränderung brauche Vertrauen. Die angestrebte Ambulantisierung erfordere neue Strukturen, um wirtschaftlich tragfähig zu sein. Auch Gaß forderte eine Neudefinition des Standortbegriffs: Telemedizin und Technik müssten genutzt werden, um Leistungen in die Fläche zu bringen. 

Die gesundheitspolitische Auftaktveranstaltung machte deutlich: Der Weg zu einem zukunftsfähigen Krankenhaussystem erfordert nicht nur finanzielle Konsolidierung, sondern auch strukturelle Reformen, die Qualität, Erreichbarkeit und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen. Ob das Miteinander, das Warken einforderte, gelingt, wird sich in den kommenden Monaten bei den Verhandlungen zum Krankenhausanpassungsgesetz zeigen. 

03.12.2025

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