Der Teddybär kommt mit - MRT im Kindesalter
In der pädiatrischen Radiologie werden alle Kräfte mobilisiert, um bei der Bildgebung möglichst ohne ionisierende Strahlung auszukommen. Neben der Sonographie als Initialdiagnostik stellt die Magnetresonanztomografie daher das wichtigste Arbeitsinstrument dar und hat die Computertomografie weitgehend abgelöst.
Auch in der Abteilung von Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel, Leiter der Kinderradiologie am Universitätsklinikum Jena, steigt der Stellenwert der MRT stetig. Zurzeit finden hier bereits jedes Jahr 2.500 MRT-Untersuchungen an kleinen Patienten statt.
„Die MRT kommt immer dann ins Spiel, wenn der Ultraschall nicht mehr ausreicht“, erklärt Prof. Mentzel. „Sie deckt von neuroradiologischen Fragestellungen über die Tumordiagnostik bis zu Gefäßdarstellungen und Fragestellungen zum Bewegungsapparat alles ab.“ Eine Körperregion allerdings ist noch ein relativ weißer Fleck auf der Landkarte der MRTAnwendungsgebiete: die Lunge. Doch das soll sich ändern: „Große Zentren arbeiten bereits daran, Lungenpathologien mittels MRT darzustellen, auch wenn es da natürlich Grenzen gibt. Dazu zählen feine Lungenparenchymveränderungen, die nur mit der Computertomografie dargestellt werden können. Auch für verschiedene knöcherne Veränderungen, insbesondere im Bereich der Kortikalis oder bei sehr kleinen knöchernen Strukturen wie im Mittelohr, wird man auch in Zukunft nicht auf die CT verzichten können.“
MRT-Untersuchungen bei Kindern sind oftmals sehr viel zeitintensiver als bei Erwachsenen. In kinderradiologischen Zentren können mitunter schon die Allerkleinsten ohne Sedierung oder Narkose untersucht werden. Die jüngsten Patienten, die bei Prof. Mentzel ohne anästhesiologische Begleitung in die Röhre gehen, sind gerade mal 3 ½ bis 4 Jahre alt: „Am besten sollten die Kinder abends untersucht werden, wenn sie müde sind. Bei Säuglingen kann man den natürlichen Schlaf nach dem Stillen nutzen. Das obere Zeitlimit, bei dem Kleinkinder freiwillig ruhig liegen bleiben, liegt bei etwa 20 Minuten.“
Es gibt einige Tricks, um die Kooperationsbereitschaft der Kleinen zu steigern, damit die Untersuchung besser klappt. Die meiste Zeit lässt sich dabei schon in der Vorbereitung einsparen. Der Kinderradiologe gibt ein paar Tipps: „Man kann den Untersuchungsablauf vorher spielerisch mit dem MR-tauglichen Teddybär im Trockenflug üben. Oder man betrachtet die Röhre wie ein Raumschiff. Das kommt ganz auf das Kind an.“ Auf dem gesamten Weg von der Indikationsstellung über die Vorbetreuung bis zur Untersuchung ist es jedoch entscheidend, die Eltern intensiv miteinzubeziehen: „Eltern haben manchmal genauso viel, wenn nicht mehr Angst vor der Untersuchung als ihr Kind. Dabei übertragen sie ihre Ängste oft unbewusst auf die Kleinen.“
Deshalb ist es hilfreich, wenn der Radiologe schon im Vorfeld der MRT-Untersuchung mit Eltern und Kind gleichermaßen den Kontakt aufnimmt, um herauszufinden: Eignet sich das Kind für die Untersuchung? Für wen ist welche Methode der Betreuung während der Untersuchung geeignet? Braucht man vielleicht eine Sedierung oder Narkose? Ein großer Vorteil in der Klinik von Prof. Mentzel ist, dass bereits die Sonografie durch den Radiologen durchgeführt wird. Das war nicht immer selbstverständlich, weiß Mentzel: „Es gab eine Zeit, da haben die Radiologen den Ultraschall aus dem Blick verloren. Heute machen sich die Kinderradiologen wieder ausreichend stark dafür, die Sonografie als primäre Diagnostik unbedingt auch in der Radiologie zu halten und nicht an die klinischen Fächer zu verlieren. Das gibt ihm auch die Gelegenheit, während des Ultraschalls ein erstes Aufklärungsgespräch über weitere Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren zu führen und sowohl Kind als auch Eltern besser einzuschätzen.“ Was die verwendete MRT-System-Technologie angeht, so rät Hans-Joachim Mentzel von Niederfeldgeräten ab: „Man hat früher gedacht, dass man den Kindern die Untersuchung besonders angenehm gestaltet, wenn man sie an einem offenen MRT untersucht. Diese Scanner haben jedoch eine zu geringe Feldstärke, um eine ausreichende Bildqualität zu erreichen.“
Prof. Mentzel selbst nutzt 1,5 und 3 Systeme für die Kinder-MRT. Das Jenaer Modell der Integration der Kinderradiologie in ein Zentrum für Radiologie, in dem alle MR-Geräte den Kindern zur Verfügung stehen, ist dabei sehr vorteilhaft. Von zentraler Bedeutung ist bei der Kinder-MRT die Verwendung einer angepassten Spulentechnik. Die Sektion Pädiatrische Radiologie in Jena kooperiert mit Industriepartnern, um spezielle Spulen für kleine Kinder zu entwickeln: „Das ist sehr schwierig, weil Kinder noch wachsen, die Spulen aber nicht. Im Prinzip bräuchte man verschiedenste Größen, aber das kann natürlich kein Firmenhersteller leisten. Alternativ kann man mit größeren Spulen untersuchen und dann länger messen und mit kleineren Messregionen arbeiten. Als Kompromiss sind Spulen für Extremitäten, auch bei Säuglingen, komfortabel zu nutzen – nur, dass dann nicht ein Knie, sondern ein ganzes Baby in der Spule liegt.“
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Im Profil
Univ.-Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel leitet seit Ende 2008 die Sektion Pädiatrische Radiologie am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 2003 erhielt er die Schwerpunktanerkennung Pädiatrische Radiologie. Er ist Seminarleiter (Stufe III) in der DEGUM Sektion Pädiatrie.
Der 46-Jährige ist Vorsitzender der AG Pädiatrische Radiologie sowie Vorstandsmitglied der AG Uroradiologie innerhalb der DRG, zudem hat er den zweiten Vorsitz bei der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie inne.
11.05.2012