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Bildquelle: Adobe Stock/Axel Kock

News • Strahlentherapie

Brustkrebs: Behandlung bei Befall der Lymphknoten anpassen

Eine Bestrahlung der Lymphabflusswege senkt die Rezidivraten und verbessert das Gesamtüberleben bei Brustkrebspatientinnen mit Lymphknotenbefall.

Zu diesem Schluss kommt eine Metaanalyse der „Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative Group“ (EBCTCG). Je mehr Lymphknoten befallen waren, desto deutlicher profitierten die Betroffenen von der Zusatztherapie. Die Ergebnisse wurden im November in der Fachzeitschrift „The Lancet“ publiziert und werden nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) die bisherige Standardbehandlung verändern. 

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jedes Jahr erkranken in Deutschland ca. 70.000 Frauen neu daran. Die Strahlentherapie ist neben der medikamentösen Therapie und der Operation eine der drei Haupttherapiesäulen. Nach brusterhaltender Operation wird die operierte Brust regelhaft nachbestrahlt, um das Risiko eines Brustkrebsrückfalls zu senken. Diese Senkung der Rückfallrate geht mit einer Verbesserung des Gesamtüberlebens einher.

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Bei etwa 40% der Brustkrebserkrankungen sind auch die Lymphknoten befallen. Der Hauptausbreitungsweg ist die Achselhöhle (Axilla). Insbesondere bei einem Tumorsitz hinter der Brustwarze (zentral) oder in der mittleren Brusthälfte (medial) kann auch eine Ausbreitung über die Lymphgefäße entlang des Brustbeins (Mammaria interna-Region) erfolgen. Beide genannten Lymphströme münden in der Nähe des Schlüsselbeins (Klavikula) in das Venensystem. 

In der aktuellen Metaanalyse untersuchte die „Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative Group“ (EBCTCG) den Einfluss einer Bestrahlung der Lymphabflusswege (supra-/infraklavikulär, axillär, Mammaria interna-Region). In die Analyse gingen 16 Studien mit 14.324 Patientinnen ein, die im Mittel über 14 Jahre nachbeobachtet worden waren. Im Folgenden schlossen die Autorinnen und Autoren Studien aus, die zwischen 1961 und 1978 mit vom heutigen Standpunkt veralteten Techniken behandelt hatten, und konzentrierten die Auswertung auf acht Studien, die ihre Rekrutierung zwischen 1989 und 2008 begannen.

Patientinnen mit ein bis drei befallenen Lymphknoten sollte eine Bestrahlung der Lymphabflusswege bei weiteren Risikofaktoren angeboten werden, bei vier und mehr befallenen Lymphknoten sollte die Lymphabflussbestrahlung standardmäßig erfolgen

David Krug

In diesen moderneren Studien senkte die Bestrahlung die Rückfallrate nach 15 Jahren um 2,6% (Rate Ratio (RR) 0,88; 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,81-0,95; p = 0,00083), die brustkrebsbedingte Sterblichkeit um 3,0% (RR 0,87; 95%-KI 0,80-0,94; p = 0,001) und die Gesamtsterblichkeit ebenfalls um 3,0% (RR 0,90; 95%-KI 0,84-0,96; p = 0,002). Die Sterblichkeit ohne Rezidiv unterschied sich nicht (RR 0,97; 95%-KI 0,84-1,11; p = 0,63). Die Senkung der Brustkrebssterblichkeit war mit 4,5% am größten für die Frauen mit vier oder mehr befallenen Lymphknoten. Aber auch Frauen mit ein bis drei befallenen Lymphknoten profitierten mit einer Senkung von 2,7% deutlich. Weiterhin übertrug sich die Senkung der Rezidivrate 1:1 in eine Verbesserung des Gesamtüberlebens. 

„Die Ergebnisse sind insofern bemerkenswert, dass es nicht um die Hinzunahme einer neuen Therapie ging, sondern lediglich um die Erweiterung der Bestrahlungsfelder bei Patientinnen, für die bereits eine Bestrahlung der Brust oder Brustwand nach Komplettentfernung der Brust geplant war“, erklärt PD Dr. David Krug, stellvertretender Klinikdirektor der Klinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel. Der Experte ist sich sicher, dass diese Ergebnisse Einfluss auf die Behandlungsstandards und Leitlinien haben werden, die sich aktuell in Überarbeitung befinden. „Patientinnen mit ein bis drei befallenen Lymphknoten sollte eine Bestrahlung der Lymphabflusswege bei weiteren Risikofaktoren angeboten werden, bei vier und mehr befallenen Lymphknoten sollte die Lymphabflussbestrahlung standardmäßig erfolgen.“ 

Die Empfehlung für oder gegen eine Bestrahlung der Lymphabflusswege sollte interdisziplinär in der Tumorkonferenz diskutiert werden. Essenziell ist jedoch auch eine individualisierte Bestrahlungsplanung und Abschätzung der Dosisbelastung an Lunge und Herz. Hier gibt es weitere technische Fortschritte, die in der aktuellen Analyse noch nicht berücksichtigt wurden. So könne z. B. die Bestrahlung bei tiefer Einatmung bei linksseitigem Tumorsitz die Dosisbelastung im Bereich des Herzens nochmals deutlich senken. Aktuelle Studien untersuchen unter anderem den Einfluss von Genexpressionsanalysen für den Einsatz der Lymphabflussbestrahlung bei Patientinnen mit ein bis drei Lymphknotenmetastasen (NCT03488693). „Die Strahlentherapie wird damit zur personalisierten Therapie“, so der Kieler Experte. 

„Die vorliegende Metaanalyse zeigt nicht nur eindrucksvoll, dass die Strahlentherapie ein wichtiger Bestandteil der Brustkrebsbehandlung ist, sondern auch stetig weiter verbessert werden kann. Beispielsweise kann in vielen Situationen die Behandlungsintensität bei Brustkrebs aufgrund der guten Behandlungsergebnisse reduziert werden. Hier sehen wir jedoch, dass bei Patientinnen mit Lymphknotenbefall durch die Intensivierung der Bestrahlung eine nennenswerte Verbesserung des Therapieergebnisses erzielt werden kann. Diese Behandlungsoption dürfen wir Betroffenen daher nicht vorenthalten“, lautet das abschließende Fazit von Universitätsprofessorin Dr. Stephanie Combs, Pressesprecherin der DEGRO. 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie

13.02.2024

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