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Artikel • Chronischer Beckenschmerz der Frau
CPPS und PCS: Radiologen kommt bei Behandlung Schlüsselrolle zu
Etwa ein Drittel aller Frauen zwischen 20 und 50 Jahren leidet unter chronischem Unterbauchschmerz, dem Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS). Eine Ursache ist das Pelvic Congestion Syndrome (PCS), auch Beckenvenensyndrom genannt. Bei der Diagnose spielen bildgebende Verfahren eine entscheidende Rolle, wie Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali vom Klinikum Bielefeld in seinem Vortrag beim Radiologiekongress Ruhr (RKR) im November betonte. Interventionelle Techniken könnten sowohl die Lebensqualität verbessern als auch langfristige Heilung ermöglichen.
Artikel: Sonja Buske
Typische Symptome des CPPS sind dumpfe Schmerzen im Beckenbereich, Dysurie, Schwere- und Druckgefühle sowie verstärkte Beschwerden während der Menstruation, nach dem Geschlechtsverkehr oder bei längerem Stehen, wie Abolmaali erläuterte. „Bei 75% der betroffenen Frauen handelt es sich um somatoforme Schmerzstörungen, die nicht vollständig durch körperliche Ursachen erklärt werden können und häufig psychosoziale Belastungen oder emotionale Konflikte als Auslöser haben.“
Das PCS ist eine der körperlichen Ursachen für chronische Unterbauchschmerzen. Es wird überwiegend durch insuffiziente Venenklappen und erweiterte Beckenvenen verursacht, die zu einer venösen Stauung führen. Frauen im gebärfähigen Alter sind besonders betroffen, da Schwangerschaften das Risiko für ein PCS erhöhen. Da es nur schwer zu erkennen und oftmals ein reiner Zufallsbefund ist, ist eine präzise Bildgebung essenziell. „Radiologen sollten die spezifischen klinischen Merkmale und die Bildgebungsmuster des PCS kennen, um es von anderen Ursachen des chronischen Beckenschmerzes abgrenzen und geeignete Behandlungswege planen zu können“, machte der Radiologe deutlich. Er empfahl, auf typische diagnostische Kriterien zu achten, wie das Vorliegen von mehr als vier Beckenvarizen oder einer erweiterten Vena ovarica mit einem Durchmesser von über acht Millimetern. Wichtig sei auch, stets über die neuesten Leitlinien informiert zu sein, wie die S2k-Leitlinie zum chronischen Unterbauchschmerz bei Frauen und der DeGIR-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des PCS.
Die richtige Bildgebung ist entscheidend
Abolmaali empfiehlt seinen Kollegen die transabdominelle und transvaginale Sonografie sowohl in liegender als auch stehender Position, um venöse Erweiterungen zu detektieren, die durch Positionsänderungen verstärkt werden. Die MRT-Phlebografie biete detaillierte Einblicke in die Anatomie und Dynamik der Beckenvenen und helfe, pathologische Veränderungen darzustellen. „Eine lange MRT-Angiografie mit mehreren Kontrastmittelphasen ist besonders nützlich, um die venöse Stase und Insuffizienz sichtbar zu machen.“ Die Computertomografie liefere zwar gelegentlich PCS-typische Befunde, habe aber oft keine klinische Relevanz für die Diagnose.
Die beste und effektivste Behandlungsoption für das PCS sei die interventionelle Therapie. Um einen Zugang zu schaffen, werden Venen punktiert und die erkrankten Abdominalvenen mittels Kathetern verschlossen. „Die venöse Punktion kann über die Leiste, die Ellenbeuge oder den Hals erfolgen – hier können wir die Wünsche der Patientinnen berücksichtigen. Eine sorgfältige Planung des Zugangswegs und der Katheterführung ist jedoch entscheidend, um die Behandlung sicher und präzise durchzuführen“, erklärte der Experte. Die Sondierung der Ovarialvenen erfolgt mit einem Mikrokatheter. Der Verschluss der insuffizienten Venen wird durch Metall-Coils und Alkoholschaum erreicht. „Es ist wichtig, entstandene Seitenäste der Vena ovarica zu verschließen, um Rezidive durch Kollateralen zu vermeiden“, machte Abolmaali deutlich.
Radiologen sind nicht nur Diagnostiker, sondern auch Behandler und Begleiter der Patientinnen, und tragen damit wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität und zum langfristigen Behandlungserfolg bei
Nasreddin Abolmaali
Diese minimalinvasiven Eingriffe erzielen hohe Erfolgsraten: „85% der Patientinnen berichten von einer initialen Verbesserung der Symptome. Langfristig sind 37% der behandelten Frauen geheilt“, so Abolmaali. „Prognostisch ungünstige Faktoren wie Varizen an der Vulva oder Harntraktprobleme können jedoch den Therapieerfolg beeinträchtigen.“ Wichtig sei auch, mit den Patientinnen eine begleitende Psychotherapie zu besprechen, um chronifizierte Schmerzzustände, die von der erfolgreich behandelten somatischen Ursache unabhängig sein können, zu beseitigen.
Nicht zu unterschätzen ist laut des Experten die Nachsorge, um den Erfolg zu überwachen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Ein langfristiges Monitoring helfe, den Behandlungserfolg zu sichern. Abolmaali: „Radiologen sind nicht nur Diagnostiker, sondern auch Behandler und Begleiter der Patientinnen, und tragen damit wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität und zum langfristigen Behandlungserfolg bei.“
Profil:
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali arbeitet am Klinikum Bielefeld, Universitätsklinikum OWL, im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Er ist von der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimalinvasive Therapie (DeGIR, Q2) und vom European Board for Interventional Radiology (EBIR, EBIR-ES) zertifizierter Radiologe. Seine Arbeiten wurden mit nationalen und internationalen Forschungspreisen ausgezeichnet.
16.12.2024