Bakterien des Darm-Mikrobioms (Illustration): Die Zusammensetzung der Darmflora kann Hinweise auf das Risiko einer Akzheimer-Erkrankung liefern, wie eine neue Forschungsarbeit zeigt.

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News • Veränderte Darmflora

Alzheimer: Darm-Mikrobiom gibt Hinweise auf Erkrankung

Die Darmflora des Menschen – das Darm-Mikrobiom – rückt bei vielen Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes immer mehr in den Fokus.

Aktuelle Studienergebnisse eines Forschungsteams der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene – beide am Universitätsklinikum Tübingen – zeigen nun, dass das Darm-Mikrobiom auch bei der Alzheimer-Krankheit eine wichtige Rolle spielen kann. Mithilfe dieser neuen Erkenntnisse wollen die Forscher neue Behandlungsmöglichkeiten ergründen. Die Studie wurde jüngst im Fachjournal Frontiers in Neuroscience publiziert.

Die Untersuchungsergebnisse sprechen dafür, dass eine Beeinflussung des Darm-Mikrobioms ein neuer, innovativer Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung darstellen könnte

Christoph Laske

Die Alzheimer-Erkrankung stellt die häufigste Form von Demenz bei älteren Menschen dar. Betroffene leiden aufgrund absterbender Nervenzellen im Gehirn zunehmend unter Vergesslichkeit, sind orientierungslos und verwirrt. Über die Ursachen, die zur Entstehung der Erkrankung führen, ist noch nicht viel bekannt, Chancen auf Heilung gibt es bislang nicht. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Laske der Sektion für Demenzforschung an der Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen und um Prof. Dr. Matthias Willmann vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Tübingen sowie Eurofins Germany konnte nun anhand einer Studie einen neuen Weg aufzeigen, bei Betroffenen die Alzheimer-Krankheit zu identifizieren. 

Im Rahmen der AlzBiom-Studie untersuchten sie das Darm-Mikrobiom von jeweils 100 gesunden älteren Menschen ohne Gedächtnisbeeinträchtigung, 100 Personen mit leichten Gedächtnisbeeinträchtigungen und 100 Personen mit gesicherter leichtgradiger Alzheimer-Demenz. Mithilfe des Shotgun Metagenomics Sequencing, einer Methode zur Sequenzierung und Messung von langen DNA-Strängen, konnten Prof. Laske und sein Team erstmals nachweisen, dass sich das Darm-Mikrobiom von Patienten mit Alzheimer sowohl auf der Speziesebene (Zusammensetzung der Bakterien) als auch auf funktioneller Ebene (Stoffwechselprozesse) vom Darm-Mikrobiom gesunder Studienteilnehmender deutlich unterscheidet. Die Analyse des Mikrobioms erlaubt eine treffsichere Identifizierung von Alzheimer-Erkrankten, was die diagnostische Bedeutung des Darm-Mikrobioms unterstreicht. „Wir haben eine Alzheimer-Signatur im Darm-Mikrobiom identifiziert, die zur Unterscheidung von Amyloid-positiven Alzheimer-Patienten von gesunden Kontrollpersonen verwendet werden kann“, beschreibt Studienleiter Prof. Laske. „Die Untersuchungsergebnisse sprechen dafür, dass eine Beeinflussung des Darm-Mikrobioms ein neuer, innovativer Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung darstellen könnte. Die Wirksamkeit eines solchen Behandlungsansatzes muss in zukünftigen Studien noch untersucht werden.“ Aktuell wertet die Forschungsgruppe die Studiendaten der longitudinalen Untersuchung über vier Jahre aus. 


Quelle: Universitätsklinikum Tübingen

29.04.2022

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