Kardio-MRT

Zwei Krankheiten, ein Bild

Die MRT erlaubt eine Unterscheidung zwischen ischämischen und nicht-ischämischen Herzerkrankungen. Aus klinischer Sicht können nicht-ischämische Herzerkrankungen bisweilen schlecht zu differenzieren sein. Insbesondere die Unterscheidung zwischen einer entzündlich bedingten Myokarditis und einer primären Kardiomyopathie stellt eine gewisse Herausforderung dar, da sich die klinischen Symptome kaum unterscheiden.

Patient mit dilatativer Kardiomyopathie (DCM). Neben einem beidseitigen...
Patient mit dilatativer Kardiomyopathie (DCM). Neben einem beidseitigen Pleuraerguss (links mehr als rechts) erkennt man eine globale Dilatation beider Herzkammern mit einem linksventrikulären enddiastolischen Diameter (LVEDD) über 5,5 cm, einem enddiastolischen Volumen von 240 ml und einem mittmyokardialen linearen Late Enhancement des basalen Ventrikelseptums. Zusätzlich Nachweis einer konsekutiven Trikuspidal- und Mitralklappeninsuffizienz.

Prof. Ulrich Kramer, Stellvertretender Ärztlicher Direktor am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikum Tübingen, schildert folgenden Fall: Ein junger Patient fühlt sich schlapp und abgeschlagen und klagt über eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Die durchgeführte Echokardiographie zeigt eine eingeschränkte Ventrikelfunktion sowie einen deutlich dilatierten linken Ventrikel. „Damit haben wir zwar einen Grund für seine Symptome, können aber nicht sagen, ob es sich um die Folgen einer abgelaufenen und/oder chronischen Myokarditis oder um die einer primären Kardiomyopathie handelt“, berichtet Kramer. „Aufgrund seines jungen Alters gehen wir davon aus, dass der Patient keine Koronare Herzkrankheit (KHK), also kein ischämisches Problem hat, sondern eine andere Form der Herzerkrankung.“ Mit der Basismethode Echokardiographie ist das nicht weiter zu differenzieren. Bestätigt der Patient, keinen vorangegangenen Infekt gehabt zu haben, ist die Wahrscheinlichkeit für die Manifestation einer Myokarditis sehr gering, und es muss eine primäre Kardiomyopathie ausgeschlossen werden. Aus Erfahrung ist Kramer vorsichtig: „Es gibt durchaus Patienten, die leichte Infekte hatten, sich seitdem nicht mehr so fit fühlen und eine eingeschränkte sportliche Leistungsfähigkeit beklagen.
Diese werden oft unter der Verdachtsdiagnose einer Myokarditis behandelt, man empfiehlt ihnen eine Sportkarenz von mehreren Monaten und dann wird das schon wieder“, so Kramer. „Das ist tückisch, denn ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Patienten hat keine Myokarditis, sondern eine Kardiomyopathie, und die werden dann monatelang unter der Annahme einer falschen Diagnose behandelt.“


MRT kommt zu Hilfe
An diesem Punkt hilft die MRT als ergänzendes, bildgebendes Verfahren. Dank ihres intrinsisch hohen Weichteilkontrastes kann sie zunächst objektiv die eingeschränkte Ventrikelfunktion verifizieren, darüber hinaus aber auch Hinweise liefern, ob es sich um postentzündliche Veränderungen oder um eine als primär einzustufende Kardiomyopathie handelt. „Nach Kontrastmittelapplikation sind bei der Myokarditis häufig charakteristische postentzündliche Verteilungsmuster nachweisbar, wohingegen es Kardiomyopathien gibt, die zwar ebenfalls mit einer deutlichen Einschränkung der Ventrikelfunktion einhergehen, aber nicht zwangsläufig diese Form der myokardialen Veränderungen aufweisen“, so der MRT-Experte. Das Late Enhancement (LE) zeigt postentzündliche und/oder fibrotische Veränderungen innerhalb des Herzmuskels als Kontrastmittel-aufnehmende Läsionen. Die in ihrer Konfiguration und Lokalisation charakteristischen Verteilungsmuster belegen, ob es sich um ischämische Veränderungen, die aufgrund der Physiologie das Endokard mit einbeziehen müssen, oder um entzündliche oder fibrotische Veränderungen handelt, die den subendokardialen Raum aussparen und somit nicht Folge einer Ischämie sein können. „Dank MRT können wir zeigen, ob Hinweise auf narbig-fibrotische Veränderungen des Herzmuskels vorliegen und ob diese im Zusammenhang mit einer stattgehabten Ischämie oder einer Kardiomyopathie oder Myokarditis zu werten sind “, erklärt Prof. Kramer.


MRT versus Biopsie
Doch auch bei der MRT gibt es Limitationen: „Um eine Myokarditis bildmorphologisch sicher nachweisen zu können, bedarf es eines gewissen Ausmaßes an entzündlich-fibrotischer Veränderung. Sind bei unserem 25-Jährigen beispielsweise nur etwa 5 Prozent der Muskelmasse entzündlich oder fibrotisch narbig verändert, kann der Radiologe dies nicht zuverlässig nachweisen. Zudem ist für Kardiologen die Myokardbiopsie der Goldstandard beim Nachweis einer Myokarditis. Dazu Kramer: „Das stimmt zunächst, weil wir bildgebend nicht den histopathologischen Nachweis führen können. Allerdings weist auch die Myokardbiopsie eine hohe falsch negative Rate auf. Kramer empfiehlt deshalb, die MRT vor einer geplanten Biopsie durchzuführen, um präzise zu lokalisieren, wo die Entzündungsherde liegen und wie sie am besten zu erreichen sind. „Die MRT ist strahlungsfrei, ihr Einsatz im Vorfeld einer Biopsie zum Nachweis einer Myokarditis daher absolut vertretbar. Für den Patienten hat das den Vorteil, dass wichtige Informationen geliefert werden, damit die anschließende Biopsie ein zuverlässiges Ergebnis liefert.“


PROFIL:
Nach seinem Medizinstudium 1998 an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen promovierte der Radiologe Ulrich Kramer zum Thema „Assessment of left ventricular morphology, function and perfusion parameters in healthy volunteers using cardiac magnetic resonance imaging“. Heute ist er Professor an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und seit 2013 Stellvertretender Ärztlicher Direktor am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Kramer ist Prüfarzt zahlreicher klinischer Studien sowie zertifizierter Ausbilder der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (Q3-Status).

30.01.2015

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