Das Musikalbum Mezzanine wird mit ETH-Technologie als genetische Information...
Das Musikalbum "Mezzanine" wird mit ETH-Technologie als genetische Information gespeichert.
Grafik: Massive Attack / Colourbox / Caroline Laville

News • Musik für die Ewigkeit

Wissenschaftler bannen Massive Attack auf DNA

Mit an der ETH Zürich entwickelter Technologie wird zum ersten Mal die Tonspur eines ganzen Musikalbums in Form von genetischer Information gespeichert.

Codiert auf DNA-Molekülen und in Glaskügelchen eingegossen, wird ein Album der Musikgruppe Massive Attack damit praktisch für die Ewigkeit erhalten bleiben. Die britische Band Massive Attack gilt als Pionier des Trip-Hop, eines atmosphärisch klingenden elektronischen Musikstils mit eher langsamen Beats. Vor genau 20 Jahren ist ihr Album "Mezzanine" erschienen, mit dem ihr auch international der Durchbruch gelang und das ihr erfolgreichstes Album blieb. Zum zwanzigjährigen Jubiläum lässt die Band dieses Album nun in DNA-Molekülen speichern – mit einer an der ETH Zürich entwickelten Technologie. "Wir schaffen es auf diese Weise, die Musik für hunderte bis tausende Jahre zu archivieren", sagt Robert Grass ETH-Professor am Labor für Funktionelles Material-Engineering der ETH Zürich. Zum Vergleich: CDs wird eine Haltbarkeit von rund 30 Jahren nachgesagt.

Übersetzung von digital zu DNA

Grass und sein Kollege Reinhard Heckel, ein früherer ETH-Wissenschaftler, der nun an der Rice University tätig ist, übersetzten die digitale Tonspur des Albums in genetischen Code. "Während auf einer CD oder einer Computerfestplatte die Information in einer Abfolge von Nullen und Einsen gespeichert ist, speichert die Biologie genetische Information in einer Abfolge von vier DNA-Bausteinen – A, C, G und T", erklärt Grass.

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Mikroskopische Aufnahme eines Glaskügelchens von 160 Nanometern Durchmesser. In der hellen dünnen Schicht (Pfeil) liegen die DNA-Moleküle, welche die Audioinformation speichern. Für die Musik des ganzen Albums braucht es 5000 solcher Kügelchen.
Quelle: ETH Zürich / Robert Grass

Um mit einer gut handhabbaren Datenmenge arbeiten zu können, verwendeten Grass und seine Kollegen eine Musikdatei, die er mit dem Verfahren "Opus" auf eine Grösse von 15 Megabytes verdichtet hat. Opus ist ein Kompressionsverfahren für Audiodaten, das dem bekannten MP3 qualitativ überlegen ist. Eine amerikanische Firma ist nun daran, 920'000 kurze DNA-Moleküle herzustellen, auf denen die gesamte Information von "Mezzanine" gespeichert ist. Diese Moleküle werden anschließend von der Zürcher Firma Turbobeads, einem Spin-off der ETH Zürich, in 5000 winzige (nanometergroße) Glaskügelchen eingegossen, die je einen Teil der Information tragen. Grass rechnet damit, dass das Projekt in etwa einem bis zwei Monaten abgeschlossen sein wird.

Zweitgrößte in DNA gespeicherte Datei

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Der "genetische Code von Mezzanine". Der Ausschnitt entspricht einem 27'000-stel der Information des ganzen Musikalbums.
Quelle: ETH Zürich / Robert Grass

Die verwendete Technologie wurde vor drei Jahren von Grass und Heckel an der ETH Zürich entwickelt. Damals archivierten die ETH-Wissenschaftler im Rahmen eines Machbarkeitsnachweises den Text des Schweizer Bundesbriefs in DNA. "Neu an dem Projekt mit Massive Attack ist, dass diese Technologie nun auch kommerziell eingesetzt wird", so Grass. Bei dem 15 Megabytes umfassenden Musikalbum handelt es sich um die zweitgrößte je in DNA gespeicherte Datei. Größer ist nur eine Sammlung mehrerer Dateien im Umfang von über 200 Megabytes, welche die Computerfirma Microsoft auf DNA gespeichert hat, wie die Firma vor wenigen Monaten mitteilte.

Die 5000 Glaskügelchen des Massive-Attack-Albums sind von bloßem Auge unsichtbar. Sie werden als Dispersion in Wasser vorliegen und können in einem winzigen Fläschchen aufbewahrt werden, mit praktisch ewiger Haltbarkeit. Es ist jedoch auch jederzeit möglich, die DNA wieder aus den Glaskügelchen herauszulösen, mittels DNA-Sequenzierung die darauf gespeicherte Musikdatei zu lesen und sie auf einem Computer abzuspielen. "Im Unterschied zu traditionellen Datenspeichern ist es zwar recht aufwendig und teuer, Informationen auf DNA zu speichern", sagt Grass. "Von einmal auf DNA gespeicherter Information können wir jedoch mit nur minimalem Aufwand schnell und kostengünstig Millionen von Kopien erstellen."


Quelle: ETH Zürich

24.04.2018

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