Super-Keime

Wettrüsten von Krankheitserreger und Medizin

Gegen die zurzeit viel diskutierten „Super-Keime“ wirkt kaum ein Antibiotikum, selbst gegen das bisher als Notfall-Alternative geltende Antibiotikum Colistin sind sie resistent. Derzeit sind neue Antibiotika in der Entwicklung. Diese würden aber die Gefährdungslage nicht ändern können, so Experten im Vorfeld des 13. Kongresses für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin in Würzburg. Vielmehr sei es notwendig, die Entstehung neuer „multiresistenter“ Bakterien zu verhindern. Die Infektiologen fordern im Vorfeld ihres Kongresses eine fach- und grenzübergreifende Zusammenarbeit im Kampf gegen resistente Krankheitserreger.

Photo: Wettrüsten von Krankheitserreger und Medizin
Quelle: panthermedia.net/Ingram Vitantonio Cicorella

Bei dem in China und kürzlich auch in den USA und Deutschland, nachgewiesenen Erreger handelt es sich um ein sogenanntes ESBL (Extended Spectrum Betalactamase)-bildendes Bakterium. Es bildet Substanzen, sogenannte Enzyme, durch die es gegen Antibiotika unempfindlich wird. Solche ESBL-positiven Bakterienstämme kommen – häufig auch zunächst völlig ungefährlich – im Darm und vereinzelt auf der Haut vor. „Erst im Rahmen einer Operation oder bei einer Immunschwäche kann eine Infektion entstehen“, sagt Professor Dr. med. Winfried Kern, Leiter der Infektiologie der Medizinischen Universitätsklinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung tragen solche Erreger im Körper. „Wenn eine Resistenz gegen Carbapeneme, also Antibiotika mit breitem Wirkspektrum, vorliegt, gibt es kaum Möglichkeiten, einer solchen Infektion beizukommen“, so der Infektiologe. Auch Colistin, ein sehr selten verwendetes Reserve-Antibiotikum, wirke hier nicht mehr zuverlässig, bei den jetzt gefundenen Erregern gar nicht mehr. Erschwerend kommt hinzu: Die EBSL-bildenden Bakterien übertragen ihre Resistenz auf andere Bakterienstämme.

Langfristig schützen immer neue Antibiotika nicht gegen immer neue Keime, meint Kern: „Dieses Wettrüsten werden wir auf Dauer womöglich verlieren, die Keime finden immer neue Strategien, und durch weiter entwickelte Antibiotika bisheriger Art helfen wir ihnen sogar manchmal, neue Resistenz-Strategien zu entwickeln.“ Stattdessen gelte es, diese Resistenzen zu verhindern. Genau das will Antibiotic Stewardship (ABS) erreichen. Infektiologen und eigens geschulte ABS-Experten aus weiteren Disziplinen steuern den Antibiotikaeinsatz an der Klinik und dämmen so multiresistente Keime ein. „Multiresistente Bakterien sind eine grenzübergreifende Herausforderung, wir müssen ihr über Fach- und Landesgrenzen hinweg begegnen“, so Kern. Humanmedizin, Tiermedizin und Lebensmittelproduktion müssten dabei zusammenwirken. Außerdem wäre es ein großer und wirksamer Schritt, eine gemeinsame Strategie mit den europäischen Nachbarländern zu entwickeln. Von Ländern wie Frankreich und den Niederlanden könne Deutschland auch noch einiges lernen. Dort sind Kliniken gesetzlich verpflichtet, einen ABS-Experten zu beschäftigen.

„Im Rahmen unseres Kongresses versuchen wir unsere Forderungen bereits umzusetzen: Verschiedene Disziplinen und Bereiche der Human- und Tiermedizin aus Deutschland und anderen Staaten sind Gegenstand des wissenschaftlichen Programms“, sagt Professor Dr. med. Hartwig Klinker, Präsident des Kongresses. Entscheidend sei, dass es gelänge, dies auch im großen Maßstab umzusetzen. Über die Wirksamkeit von ABS und was darüber hinaus zur Bekämpfung multiresistenter Bakterien notwendig ist, informieren Experten bei der Pressekonferenz anlässlich des KIT 2016 in Würzburg.

Quelle: Kongress für Infektiologie und Tropenmedizin

16.06.2016

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