Europäischer Vergleich
Vorsprung der dermatologischen Versorgung
Die dermatologische Versorgung war eines der Schwerpunktthemen der 48. Jahrestagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e.V. (DDG), zu der vom 29. April bis zum 2. Mai 2015 im Berliner CityCube mehr als 3.000 Dermatologen aus dem In- und Ausland sowie Versorgungsforscher zusammenkamen.
Mit knapp zwei Quadratmetern ist die Haut das größte menschliche Organ. Sie bietet Schutz vor Umwelteinflüssen und ist zugleich Angriffsfläche für zahlreiche Erkrankungen. Mehr als 30 Prozent der über 18-Jährigen in Deutschland suchen einmal im Jahr eine Hautarztpraxis zur Behandlung oder Hautkrebsprävention auf. Das Spektrum der dermatologischen Medizin gilt als eines der komplexesten. In etwa 2.700 Praxen und 130 Kliniken haben Dermatologen jährlich in Deutschland rund 21 Millionen Patientenkontakte. Sie versorgen Menschen mit Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Psoriasis sowie Immunkrankheiten und Hautkrebs. In den nächsten Jahren werden Erkrankungen wie Allergien und Hautkrebs sowie berufs- und altersbedingte Hauterkrankungen deutlich zunehmen. Hautkrebs ist schon heute die häufigste Krebserkrankung in Deutschland und zeigt zwischen 2003 und 2009 mit 20 Prozent beim Melanom und mit 70 Prozent beim hellen Hautkrebs den stärksten Inzidenzanstieg1. Nach den aktuellen Zahlen von Eurostat2 erkranken etwa 220 von 100.000 Einwohnern an Hautkrebs. Die Häufigkeit des Hautkrebses in Deutschland ist erheblich höher als bislang durch die Krebsregister erfasst und prognostiziert wurde. Seit der Adjustierung um die Melderate und Mehrfachtumoren gab es 2012 hierzulande nicht 234.000 neue Fälle von Hautkrebs, sondern 420.000.
Erfüllung des nationalen Krebsplanes in puncto Hautkrebs
Die Gesundheitspolitik räumt der Krebsbekämpfung seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert ein. Bereits im Jahr 2008 wurde vom Bundesgesundheitsministerium der Nationale Krebsplan verabschiedet, in dessen Fokus die Krebsfrüherkennung, der Ausbau onkologischer Versorgungsstrukturen sowie die Qualitätssicherung in Diagnostik und Therapie stehen. Die Dermatologen der DDG und des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen e.V. (BVDD) engagieren sich in ihrer täglichen Arbeit im niedergelassenen, klinischen oder wissenschaftlichen Bereich für die Umsetzung des Nationalen Krebsplanes im Bereich Hautkrebs. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Hautkrebsepidemie. Durch die Nationale Versorgungskonferenz Hautkrebs (NVKH) wird die Versorgung des Hautkrebses seit 2015 auf Basis des Nationalen Krebsplans weiterentwickelt3. Die kompetente Diagnose des vielgestaltigen Hautkrebses mit seinen häufigen und sehr seltenen Formen ist entscheidend für die Wahl der Therapieintensität und den Erfolg der Behandlung. Je nach Hautkrebsart und Früherkennungsstatus kann die Erkrankung sehr gute Heilungschancen haben oder einen tödlichen Verlauf nehmen.
Versorgung des Hautkrebses in Deutschland
Aktuelle Zahlen der Versorgungsforschung belegen, dass im EU-Vergleich das deutsche Gesundheitssystem bei der Behandlung des Schwarzen Hautkrebses durch den guten Zugang zur Fachärzteversorgung und die Früherkennung deutlich bessere Ergebnisse erzielt, als beispielsweise das Hausarztsystem in den Niederlanden. So liegt die Überlebensrate beim Malignen Melanom in Deutschland bei über 85 Prozent und damit um 30 Prozent höher als in den Niederlanden und 80 Prozent höher als in Polen. Einen gesetzlichen Anspruch auf ein Hautkrebs-Screening gibt es dort nicht. Prof. Dr. med. Matthias Augustin und Dr. med. Michael Reusch stellen die Ergebnisse einer europaweiten Studie vor, die vom ‚Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie’ durchgeführt wurde.
Berufskrankheit Hautkrebs
Seit dem 1. Januar 2015 kann der Weiße Hautkrebs eine Anerkennung als Berufserkrankung4 finden. Die Krebserkrankung wird durch Sonnenlicht ausgelöst. Ein signifikant höheres Hautkrebsrisiko haben die etwa 1,8 Millionen Beschäftigten, die überwiegend im Außenbereich, wie auf Baustellen und in der Landwirtschaft, arbeiten und durch intensive UV-Strahlung besonders gefährdet sind5,6. Eingeschlossen sind auch Arbeitnehmer, die durch eine Entsendung ins Ausland höheren UV-Belastungen ausgesetzt sind. Unternehmen stehen damit stärker in der Verantwortung, für betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geeignete Vorsorgemaßnahmen und Früherkennungsuntersuchungen anzubieten. Etwa acht Prozent der berufstätigen Deutschen7 weisen Hautkrebs-suspekte Befunde an der Haut auf. Der weiße Hautkrebs ist damit keine Freizeiterkrankung mehr.
Konzepte für die Teledermatologie
Die fachärztliche Versorgung wird in den kommenden Jahren zu einer großen Herausforderung im Gesundheitssektor. Zur Bewältigung dieser Aufgaben, bei zunehmendem Ärztemangel, werden zeitgemäße Strukturen benötigt, die auch die moderne Telekommunikation mit einbeziehen. Für das visuell geprägte Fachgebiet der Dermatologie wurden erste Konzepte für den Einsatz der Teledermatologie entwickelt und zur Marktreife gebracht. Dermatologen warten nun auf die Klärung der gesetzlichen und berufsrechtlichen Rahmenbedingungen, um flächendeckend Online-Sprechstunden zur Gewährleistung einer kontinuierlichen Patientenversorgung anbieten zu können. Die Teledermatologie könnte kurzfristige Diagnosen in hoher Qualität auch in unterversorgten Regionen ermöglichen und die Gesundheitskosten bei der Verlaufskontrolle, z.B. durch die Vermeidung von Krankentransportkosten, reduzieren.
1 Prävalenz des Hautkrebses in Deutschland. Aus: Gekid-Atlas 2013; www.gekid.de; zitiert nach: 2 Diepgen T.L, Drexler H, Schmitt J. Epidemiologie berufsbedingter UV-abhängiger Hauttumoren. Hautarzt 2012; 63: 769–777.
2 European Commission: Eurostat Statistical Year Book, Brussels 2012; ISSN 1681-4789
3 Schadendorf D, Reusch M, Breitbart E, Greiner R, Mohr P, Tilgen W, Weber C, Augustin M. Die Nationale Versorgungskonferenz Hautkrebs: Weiterentwicklung des Nationalen Krebsplanes zur Verbesserung der Versorgung von Hautkrebs in Deutschland. Verfahrensordnung, Hamburg/Berlin 2015
4 Bundesgesetzblatt Nr. 62 vom 29.12.2014: Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung. In Kraft getreten am 01.01.2015; http://www.bgbl.de/banzxaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl114s2397.pdf
5, 4 Schmitt J, Seidler A, Diepgen TL, Bauer A. Occupational ultraviolet light exposure increases the risk for the development of cutaneous squamous cell carcinoma: a systematic review and meta-analysis. Br J Dermatol 2011; 164(2): 291-307.
6 Bauer A, Diepgen TL, Schmitt J. Is occupational solar UV-irradiation a relevant risk factor for basal cell carcinoma? A systematic review and meta-analysis of the epidemiologic literature. Br J Dermatol 2011; 165(3): 612-25.
7 Augustin M, Herberger K, Hintzen S, Heigel H, Franzke N, Schäfer I: Prevalence of skin lesions and need for treatment in a cohort of 90,880 workers. Br J Dermatol 165(4): 865-73, 2011
Quelle: Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V.
06.05.2015