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Ultraschall läuft in der Rheumatologie zur Hochform auf

Als eines der wenigen Länder in Europa schreibt die Schweiz eine Sonographie-Ausbildung für Rheumatologen vor. Diese mehrjährige supervidierte Ultraschallausbildung ist obligater Teil der Facharztausbildung.

Der Ultraschall ist ein wichtiges diagnostisches Instrument bei vielen rheumatologischen Erkrankungen, eignet sich zum Monitoring von Therapien und erlaubt gezielte und effiziente ultraschallgesteuerte Interventionen. Dr. med. Giorgio Tamborrini, Chefarzt, Rheumatologe und Spezialist für Muskuloskelettalen Ultraschall am UltrasoundCenter im Bethesda Spital Basel, berichtet über die Vorteile der Sonographie in der Rheumatologie.

Auch in der Schweiz gehen Patienten primär zu Ihrem Hausarzt. Diese wissen jedoch, wann es Zeit ist, den Patienten zum Rheumatologen zu überweisen. „Zur Frühdiagnostik und zum Management der Rheumatoiden Arthritis haben wir Richtlinien publiziert, die beschreiben, wann und zu welchem Zweck eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen werden sollte“, berichtet Tamborrini. Publiziert wurden diese in einer internistischen Zeitschrift1, „damit auch die Internisten ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt einer solchen Untersuchung entwickeln“, wie der Spezialist weiter ausführt.

Fundierte Ausbildung und Qualitätssicherung ist gefordert

Grundsätzlich hat das Schweizer Modell den Vorteil, dass der Patient zur Beurteilung einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung von dem jeweiligen entsprechend ausgebildeten und zertifizierten Rheumatologen (SGUM, EFSUMB, EULAR etc.) sowohl klinisch, als auch mittels hochauflösender Sonographie untersucht werden kann. „Der Vorteil dieser Technik liegt darin, dass wir sensitiv und hochspezifisch eine Arthritis in den typischen Gelenken diagnostizieren können“, erklärt Tamborrini. So lässt sich mit der Dopplersonographie zudem feststellen, ob beispielsweise eine rheumatoide Arthritis „aktiv“ ist, was einen besonderen Stellenwert in der Therapie und Prognose der Erkrankung hat. „Ein weiterer Benefit des Ultraschalls liegt in der dynamischen und multiplanaren Untersuchungsmöglichkeit der Gelenke. Im Weiteren können wir in kurzer Zeit sehr viele Gelenke beurteilen“, meint der Rheumatologe. Standardmäßig werden Patienten mit Verdacht auf rheumatoide Arthritis an beiden Händen, Ellenbogen, Kniegelenken und auch an den Füßen untersucht, um sowohl Entzündungen als auch bereits entstandene Schäden im Knorpel oder im Knochen zu detektieren. „Was wir untersuchen und messen wird zur Optimierung des Patientenmanagements, zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Qualitätssicherung im Rahmen von Registerstudien protokolliert“, betont der Rheumatologe.

Tenosynovitis der ECU Sehne bei Rheumatoider Arthritis (links) und aktive...
Tenosynovitis der ECU Sehne bei Rheumatoider Arthritis (links) und aktive Synovitis (rechts oben) mit Erosionen (rechts unten) im MCP-Gelenk

„Andere bildgebende Verfahren werden in besonderen Fällen ergänzend angewandt oder wenn der Verdacht besteht, dass zum Beispiel speziell die Handwurzelknochen betroffen sind. Hier hat der Ultraschall technisch bedingt gewisse Limitationen“, so der Spezialist. In einem solchen Fall sei eine MRT der Handgelenke in einem in der Diagnostik des Bewegungsapparats erfahrenen radiologischen Institut angebracht. „Die Mehrheit der Patienten bei Arthritisabklärung können wir in der Regel per hochauflösender Sonographie angemessen untersuchen, ohne dass ein anderes radiologisches Schnittbildverfahren zur Anwendung kommen muss“, berichtet der Rheumatologe.

Rheumatologen müssen differenzieren

Mit dem Begriff „Rheuma“ werden mehr als 200 verschiedene Krankheiten beschrieben.

Dr. Giorgio Tamborrini

„Mit dem Begriff „Rheuma“ werden mehr als 200 verschiedene Krankheiten beschrieben. Von diesen können etwa hundert Gelenksbeschwerden oder Gelenksentzündungen verursachen“, erklärt Tamborrini. Wichtig für den Rheumatologen ist es, diese Variationen zu kennen und dann differenzieren zu können. Es gilt, entzündliche von degenerativen oder von beispielsweise posttraumatischen Veränderungen zu unterscheiden. Nebst der Anamnese und einer differenzierten fachärztlichen Untersuchung lassen sich mit der Sonographie sehr sensitive und hochspezifische Befunde erheben, die die Differentialdiagnose helfen einzugrenzen. „Mit guten Kenntnissen der Sonoanatomie und der Sonopathologie können wir bei Patienten mit einer entzündlichen Arthropathie eine rheumatoide Arthritis von einer Psoriasisarthritis oder von beispielsweise einer Kristallarthropathie Typ Gicht oder „Pseudogicht“ verlässlich abgrenzen“, klärt der Spezialist auf. Auch die Aktivität einer Entzündung lasse sich mit der Dopplersonographie hervorragend feststellen.

Manchmal macht es das Zusammenspiel der Techniken

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Verkalkung in der Infraspinatussehne (Pfeile), posterior transversaler Schnitt (oben) und in 3D dargestellt (unten)

Eine häufige Untersuchung im Klinikalltag ist die funktionelle Ultraschalluntersuchung der Schulter. Diese hochspezifischen Ultraschalluntersuchungen werden von Rheumatologen, Internisten oder Schulterchirurgen mit besonderen Fragestellungen angeordnet, die mittels MRT-Diagnostik alleine nicht ausreichend geklärt werden können. „Beispielsweise wird eine hochauflösende dynamische Ultraschalluntersuchung bei komplexen Rupturen einzelner Sehnenanteile oder stabilisierender Ligamente im Rotatorenintervall ergänzend zum MRT durchgeführt, die dem Schulterchirurgen hilfreiche Zusatzinformationen zur Operationsplanung liefern“, berichtet der Arzt.

Lehre in der Schweiz

Zudem gibt es in der entzündlichen Rheumatologie zum Beispiel die Polymyalgia Rheumatica, bei der ebenfalls eine Ultraschalluntersuchung der Schulter entweder zur Klassifizierung der Krankheit oder diagnostisch durchgeführt werden kann. „Wir sehen bei der Polymyalgie häufig Schleimbeutelentzündungen, so genannte Bursitiden, aber auch Entzündungen im Gelenk“, klärt Dr. Tamborrini auf und erläutert weiter: „weil der ganze Bewegungsapparat und rheumatologische Krankheiten so komplex sind, haben wir in den letzten Jahren Richtlinien und Empfehlungen in verschiedenen Publikationen und Ultraschall-Lehrbüchern festgehalten2.“

Durch den hohen Spezialisierungsgrad von Klinik und sonographischer Technik hat die Europäische Gesellschaft für Rheumatologie (EULAR) ein internationales Ausbildungs-Netzwerk ins Leben gerufen3. Ärzte von Spitälern aus dem In- und Ausland können sich in diesen Zentren weiterbilden lassen. „So hatten wir in den letzten Monaten auch aus dem Ausland Ärzte in Ausbildung bei uns“ berichtet er. „Kolleginnen und Kollegen kamen zum Beispiel aus England, Australien oder Deutschland, um bei uns zu hospitieren.“

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Dr. Giorgio Tamborrini ist Chefarzt für muskuloskelettalen Ultraschall und Rheumatologie am UltrasoundCenter im Bethesda Spital in Basel.

Profil:
Dr. Giorgio Tamborrini ist Chefarzt für muskuloskelettalen Ultraschall und Rheumatologie am UltrasoundCenter im Bethesda Spital in Basel. Der Rheumatologe ist spezialisiert auf allgemeine und entzündliche Rheumatologie sowie im diagnostischen und interventionellen Ultraschall des Bewegungsapparates. Seine Schwerpunkte liegen in der „entzündlichen“ Sonographie (periphere Spondyloarthritiden, Rheumatoide Arthritis, Kristallarthropathien), aber auch im Ultraschall degenerativer oder traumatologischer Fragestellungen, besonders der Schulter. Tamborrini ist auf nationaler Ebene bei der SGUM und bei Sonar und in diversen internationalen Gesellschaften langjähriger Ausbildner und Autor mehrerer Ultraschallbücher, Webtools4 und wissenschaftlicher Arbeiten.


1 Zufferey P, Tamborrini G et al. Recommendations for the use of ultrasound in rheumatoid arthritis: literature review and SONAR score experience. Swiss Med Wkly. 2013;143:w13861
2 http://dgrh.de/9399.html
3 http://www.eular.org/musculoskeletal_imaging_network_centres_list.cfm
4 Tamborrini G, Krebs A et al. Web-based learning in musculoskeletal ultrasound Z Rheumatol. 2011 Feb;70(2):154-9

23.09.2015

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