Interview • Kongress

Telemedizin als Chance für den ländlichen Raum

Der NRW-Kongress Telemedizin löst künftig die etablierte Frühjahrstagung Telemedizin ab. Unter dem Motto „Versorgungsgerechtigkeit statt Wohnortzufall – Telemedizinische Netzwerke als Behandlungsweg der Zukunft“ laden die Veranstalter DGTelemed und das Zentrum für Telematik und Telemedizin zur gemeinsamen Diskussion am 17. Juni 2019 nach Düsseldorf ein.

Der Kongress führt die Zielsetzung seiner Vorgängerveranstaltung in bewährter Tradition fort. Im Interview gibt ZTG-Geschäftsführer Rainer Beckers einen Überblick über die Veranstaltung.

Was erwartet die Teilnehmer bei dem neuen Veranstaltungsformat?

portrait of rainer beckers
ZTG-Geschäftsführer Rainer Beckers
Quelle: ZTG-NRW

Wie bereits die Frühjahrstagung Telemedizin, fokussiert der NRW-Kongress Telemedizin aktuelle Themen rund um die digitale Versorgung. In diesem Jahr legen wir besonderes Augenmerk auf neue Versorgungsstrukturen für den ländlichen Raum: Welche Rolle kann Telemedizin hier spielen? Darüber hinaus diskutieren wir über die Bildung von Zentren als notwendige Organisationsstruktur für telemedizinische Netzwerke: Sind Krankenhäuser die Telemedizinzentren der Zukunft? Sind Netzwerke auch ein Weg für die ambulante Versorgung? Welche (interdisziplinären) Kooperationen stärken die ländliche Versorgung?

Wir begrüßen hierfür zahlreiche Gäste und Referenten aus Gesundheitspolitik und -wirtschaft. Der NRW-Kongress Telemedizin bietet eine optimale Gelegenheit, sich zu informieren, mit den Experten vor Ort zu diskutieren und sich auszutauschen. Die aktuelle demografische Entwicklung erfordert jetzt unser Handeln. Wir müssen strukturelle und personelle Versorgungsdefizite beheben. Die Telemedizin hält hierfür viele Möglichkeiten bereit. Wie diese aussehen können, diskutieren wir gemeinsam mit allen Besuchern und Experten.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed) und dem Zentrum für Telematik und Telemedizin sehr vielversprechende und zukunftsweisende Erfolge liefern konnte. Wir haben die Brisanz des Themas „Telemedizin“ schon frühzeitig erkannt. Schwerpunkte bei vergangenen Veranstaltungen waren zum Beispiel Telemedizin in der Pflege, Evaluation bzw. Kosten-Nutzen-Bewertungen für telemedizinische Anwendungen sowie – ganz aktuell – die Weiterentwicklung des Innovationsfonds. Gerade die letzten beiden Themen verdeutlichen, welches Thema uns ganz besonders am Herzen liegt: der Übergang erfolgreich evaluierter Projekte in die GKV-Versorgung. Hier ist noch ein weiter Weg zu gehen, auf dem wir die Akteure gerne unterstützen.

Gemeinsam haben wir in der Vergangenheit zahlreiche Positionspapiere zu aktuellen Themen erarbeitet und veröffentlicht, z. B. „Interoperabilitätsstandards für telemedizinische Anwendungen“ oder „Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung des Innovationsfonds“. Die Resonanz auf all diese Aktivitäten hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir uns weiterhin aktiv mit Themen dieser Art beschäftigen und sie zur Diskussion stellen.

„Neue Versorgungsstrukturen im ländlichen Raum“ ist zentrales Thema der Veranstaltung. Können wir Versorgungslücken durch Telemedizin schließen?

Gerade für immobile Patienten jeden Alters, bei langen Anfahrtswegen oder für Nachsorgeuntersuchungen können telemedizinische Leistungen eine wertvolle Unterstützung darstellen

Rainer Beckers

Telemedizin bringt in jedem Fall ein großes Potenzial mit sich, bestehenden und zukünftigen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung, gerade auch in ländlichen Regionen, zu begegnen und kann dabei helfen die medizinische Versorgung zukunftsfähig zu gestalten. Mit der flächendeckenden Etablierung telemedizinischer Anwendung werden neue Versorgungsstrukturen geschaffen, durch die vorhandene Ressourcen effizienter genutzt werden können. Gerade für immobile Patienten jeden Alters, bei langen Anfahrtswegen oder für Nachsorgeuntersuchungen können telemedizinische Leistungen eine wertvolle Unterstützung darstellen. Sie können beispielsweise Ärzte und das Personal von Pflegeheimbewohnern zeitlich entlasten als auch belastende Transportfahrten für die Bewohner vermeiden. 

Die Videosprechstunde als telemedizinische Basistechnologie ist seit April 2017 über den EBM abrechenbar und eröffnet neue Perspektiven für einen digital gestützten Austausch zwischen Patienten oder Angehörigen und Ärzten. Ich denke hierbei vor allem an Telekooperation und Telemonitoring. Ärzte und Gesundheitsfachkräfte unterschiedlicher Versorgungsbereiche können sich hier auf Augenhöhe digital austauschen und über die bestmögliche Behandlung ihrer Patienten beraten. Im Rahmen des Innovationsfondsprojekts TELnet@NRW wird gerade so ein telemedizinisches Netzwerk exemplarisch für die Teleintensivmedizin aufgebaut. Experten stellen hier 365/24/7 ortsunabhängig ihr Expertenwissen zur Verfügung und bieten ihren Kollegen telekonsiliarische Unterstützung an. 

Auch in medizinischen Notfällen kann Telemedizin wertvolle Hilfestellung bei der Versorgung des Patienten leisten. Sogenannte Telenotärzte unterstützen die Einsatzkräfte im Rettungsdienst vor Ort aus der in die Leitstelle integrierten Telenotarzt-Zentrale heraus z. B. durch organisatorische Hilfestellung oder Delegation von Therapiemaßnahmen.

Wenn wir telemedizinische Anwendungen in die Fläche bringen wollen, wird das A und O die Einführung angemessener Vergütungsregelegungen sein. Vor allem bestehende, positiv evaluierte Projekte müssen den Übergang in die Regelversorgung finden.

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Welche Bedeutung werden telemedizinische Netzwerke künftig haben?

Damit überregionale, medizinisch hochkompetente Hilfe noch schneller beim Patienten ankommt, sind telemedizinische Netzwerke in Zukunft unerlässlich. Kennzeichnend für diese Netzwerke ist, dass überregionale Leitstellen, zum Beispiel an Unikliniken, mit regionalen Krankenhäusern in der weiteren Umgebung zusammengeschlossen werden. Durch die telemedizinische Konsultation kann jederzeit fachlicher Rat aus der Leitstelle hinzugezogen werden. Somit verfügen telemedizinische Netzwerke über eine gemeinsame digitale Infrastruktur, die es ermöglicht, schnell und datenschutzkonform Daten, Informationen und Dokumente austauschen zu können. Mit der Einführung und Etablierung solcher Netzwerke können wir die medizinische Versorgung, vor allem auch im ländlichen Raum, weiter ausbauen und verbessern und die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren und Berufsgruppen weiter stärken.

Für weitere Informationen zum Kongressprogramm und Anmeldung bitte hier klicken.


Quelle: ZTG-NRW

22.05.2019

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