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Die Zukunft der Telemedizin im Blick

Am 3. und 4. Dezember versammeln sich zum neunten Mal Experten aus Gesundheitspolitik, Wissenschaft und Praxis zum „Nationalen Fachkongress Telemedizin“.

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Das Logo des 9. Nationalen Fachkongresses Telemedizin
Quelle: ZTG

Die innovative Plattform für Diskussion und Erfahrungsaustausch findet wie gewohnt im Ellington Hotel Berlin statt. Veranstaltet wird der Kongress von der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed) – erneut in Kooperation mit der ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH. Im Interview spricht Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen, Mitglied im ZTG-Forum Telemedizin und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin e. V. (DGTelemed), über die wichtigsten Kongressthemen.

Der Fachkongress Telemedizin findet in diesem Jahr bereits zum neunten Mal statt. Wie erklären Sie sich die Erfolgsgeschichte? Warum ist das Interesse an der Veranstaltung auch nach so vielen Jahren noch so groß?

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Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen, Mitglied im ZTG-Forum Telemedizin und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin e. V. (DGTelemed).
Quelle: Uniklinik RWTH Aachen

Prof. Marx: Das Interesse am Thema Telemedizin steigt seit Jahren stetig an. Durch aktuelle Entwicklungen, wie z. B. die Lockerung der Fernbehandlungsverbotes und die Planung eines zweiten E-Health-Gesetzes, rückt Telemedizin immer mehr in den Fokus aller, die an der Gesundheitsversorgung beteiligt sind. Wir als DGTelemed haben die Brisanz des Themas schon vor Jahren erkannt und den Nationalen Fachkongress Telemedizin ins Leben gerufen, um über aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in diesem Bereich zu berichten und zu diskutieren. Über die Jahre hinweg hat sich der Kongress immer mehr etabliert und ist mittlerweile als Informations- und Networking-Plattform der Branche nicht mehr wegzudenken.

Die DGTelemed ist ein Verband, der Akteure aus Politik und Wirtschaft, Versorgung und Wissenschaft aktiv zusammenbringt und die telemedizinische Entwicklung im deutschen Gesundheitswesen aktiv vorantreibt – so wie jetzt auf dem Fachkongress. Ein Beispiel: Die DGTelemed setzt sich schon lange dafür ein, Telemedizin als Unterstützung für die Pflege einzusetzen. Die Bundesregierung hat nun mit ihrem Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (PpSG) klar herausgestellt, dass telemedizinische Netzwerke dafür geeignet sind, die Versorgungsstrukturen zu verbessern. In der Praxis erwarten wir nun, dass vor allem telekonsiliarische Dienste bis hin zur Teleintensivmedizin sowie die teleradiologische Vernetzung davon profitieren. Wir sind damit aber nicht am Ende unserer Bemühungen zum Thema: Nun muss unbedingt die noch fällige Anpassung der Vergütungsstrukturen folgen: Die erwartungsgemäß steigenden Personalkosten in den telemedizinischen Zentren müssen durch Anpassungen in der Krankenhausvergütung unbedingt aufgefangen werden.

Der Kongress steht in diesem Jahr unter dem Motto „Konzepte für die Zukunft – Mit Telemedizin intelligent versorgen“. Stellt die die Telemedizin Ihrer Meinung nach eine feste Säule in unserem zukünftigen Gesundheitswesen dar?

Ja, das zeigen die aktuellen Entwicklungen in der Gesundheitspolitik ganz deutlich – egal ob E-Health Gesetz, Pflegestärkungsgesetzes oder Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Auch mit dem Innovationsfonds sind wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Jetzt gilt es, den vielen tollen Projekten, die über den Innovationsfonds gefördert werden, nach Projektablauf den Schritt in das GKV-Versorgungssystem zu ermöglichen – eine weitere Herausforderung, der wir uns als DGTelemed uns mit Freude stellen. Gemeinsam mit dem Fachforum Telemedizin beim ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin in Bochum, in dem mein DGTelemed-Vorstandskollege, Günter van Aalst, und ich uns engagieren, haben wir Forderungen an die Weiterentwicklung des Förderinstruments Innovationsfonds und damit für die Verbreitung der Telemedizin formuliert. Diese stellen wir im Rahmen des Telemedizinkongresses im Dezember vor. Wir sind sehr gespannt auf das Feedback aus dem Publikum.

Sie sprechen es gerade an: Mit der DGTelemed haben Sie sich die Identifizierung wesentlicher Voraussetzungen für die Weiterentwicklung von Telemedizin auf die Agenda geschrieben. Wie steht es um die Voraussetzungen in Deutschland? Was muss sich ändern, um Telemedizin flächendeckend verfügbar zu machen?

Medizingerätehersteller, Laboranbieter und App-Hersteller müssen ihre Schnittstellen offenlegen, damit der Daten- und Informationsaustausch im medizinischen Alltag reibungslos funktioniert

Gernot Marx

Die eben genannten Entwicklungen sind zu begrüßen, aber noch lange nicht ausreichend. Die Interoperabilität der Systeme – also ihre Fähigkeit, miteinander zu kommunizieren und Daten auszutauschen – muss dringend optimiert werden. In anderen Ländern sind Akzeptanz und Verwendung von Standards wesentlich höher als bei uns in Deutschland. Durch die Medizininformatik-Initiative ist man in Deutschland immerhin auf dem Weg, die Interoperabilität auf Ebene der Universitätsklinika herzustellen. Darüber hinaus müssen jedoch auch Medizingerätehersteller, Laboranbieter, App-Hersteller ihre Schnittstellen entsprechend offenlegen, damit der Daten- und Informationsaustausch im medizinischen Alltag reibungslos funktioniert. Unserer Meinung nach muss der Gesetzgeber seine Verantwortung an dieser Stelle viel stärker wahrnehmen. Der Handlungsbedarf ist für uns als DGTelemed offensichtlich. Wir haben daher beschlossen, ein Positionspapier zum Thema zu entwickeln. Als Vorbild sollen europäische Nachbarstaaten dienen, die Lösungen in einer Art Bundesnetzagentur gefunden haben. Zur Vorbereitung unseres Positionspapiers haben wir einen Parlamentarischen Abend in Berlin veranstaltet. Die Diskussionen, die wir an diesem Abend mit Experten aus Österreich und den Niederlanden sowie mit Mitgliedern der Ausschüsse für Gesundheit und Digitales im Deutschen Bundestaggeführt haben, haben uns sehr dabei geholfen, unsere Forderungen an den Gesetzgeber prägnant zu formulieren. In unserem Positionspapier wird es insbesondere um die Punkte Offenlegung von Datenformaten, Nutzung von IHE-Profilen und darin festgelegten Standards sowie um finanzielle Anreizsysteme gehen. Das Positionspapier präsentieren wir ebenfalls im Rahmen unseres Telemedizinkongresses. Wir freuen uns sehr, mit Herrn Klose vom Bundesministerium für Gesundheit einen Experten zum Thema bei unserer Veranstaltung begrüßen zu dürfen, der sicherlich wertvolle Rückmeldungen zu unserem Anliegen geben kann.

Auch in diesem Jahr wird auf der Veranstaltung der Telemedizinpreis der DGTelemed verliehen. Erzählen Sie uns bitte kurz etwas über diese Auszeichnung und warum sich Projekte und Unternehmen darauf bewerben sollten.

Der Ruf nach innovativen telemedizinischen Ideen und Projekten ist enorm und es gibt bereits viele großartige Vorhaben und Projekte, die nur etwas Unterstützung benötigen. Der Telemedizinpreis wurde ins Leben gerufen, um einzigartige Ideen zu unterstützen und auszuzeichnen. Wir haben auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Einsendungen bekommen. Der Gewinner wird einem breiten Publikum bekannt gemacht. Wer jetzt noch mitmachen will, muss schnell sein! Die Einreichungsfrist für den Telemedizinpreis endet am 16. November 2018.

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Artikel • Ein aktueller Versuch

Kann das deutsche Gesundheitswesen an der Telemedizin genesen?

Den Begriff Telemedizin gibt es seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Zehn Jahre später zeigte die Deutsche Telekom erste Anwendungen, die für entlegen lebende Menschen medizinische Versorgung bereitstellen sollten. Zum Beispiel – ausgehend von amerikanischen Vorstellungen – für Astronauten im All, bei Arbeitern auf Ölbohrinseln oder Verletzten in Kriegslazaretten. Zehn Jahre…

Wer wissen möchte, wie es mit der Telemedizin zukünftig weitergeht, sollte den Fachkongress also auf jeden Fall besuchen. Was dürfen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sonst noch von der Veranstaltung erwarten?

Im letzten Jahr durften wir über 200 Besucherinnen und Besucher bei uns begrüßen – darunter zahlreiche Gäste und Referenten aus Gesundheitspolitik und -wirtschaft. Der Fachkongress bietet nicht nur die Möglichkeit, sich zu informieren, sondern vor allem auch, mit den Experten vor Ort zu diskutieren und sich auszutauschen.

Neben dem Thema Telemedizin spielt das Thema Interoperabilität auf dem diesjährigen Kongress eine große Rolle. Wir betrachten nicht nur den Status Quo in Deutschland, sondern schauen uns auch Beispiele aus anderen Ländern, wie z. B. den Niederlanden und Österreich an. Zudem dürfen sich die Besucher auf die Vorstellung einiger, vom Innovationsfonds geförderter Projekte freuen. Darunter auch das Projekt Telnet@NRW – das größte Telemedizin-Projekt aus dem Innovationsfonds.

Ich lade alle Interessierten herzlich ein, zum Nationalen Fachkongress Telemedizin nach Berlin zu kommen, um gemeinsam mit uns an der Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens zu arbeiten. Die demographische Entwicklung, strukturelle und personelle Versorgungsdefizite sowie der medizinisch-technische Fortschritt erfordern jetzt unseren Einsatz für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem. Diskutieren Sie mit! Ihr Engagement ist wichtig! Lassen Sie uns die Zukunft gemeinsam gestalten!


Quelle: ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH

29.10.2018

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