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Social Media in der Medizin: Licht und Schatten
"Soziale Netzwerke spielen eine zunehmend bedeutende Rolle in der Interaktion zwischen Arzt und Patient“, erklärt Dr. Alexander Smekal, Nuklearmediziner und Radiologe am Schilddrüsenzentrum Tirol sowie Geschäftsführer der Meditrainment GmbH und empfiehlt: „Heutzutage sollte man sich als Arzt und/oder Anbieter von medizinischen Dienstleistungen mit Social Media auseinandersetzen.“
Soziale Medien bieten einerseits den Ärzten Plattformen, fachliche Informationen zu vermitteln, sich selbst zu präsentieren und Patienten zu akquirieren. Sie unterstützen damit den Aufbau und die Verbreitung eines eigenen Profils. „Der Internetauftritt des Arztes bzw. seiner Praxis ist heutzutage ein ganz wesentlicher Bestandteil der eigenen Präsentation und Außenwirkung“, bekräftigt Smekal. Inhaltlich kann das von Kontaktdaten und Standortbeschreibung bis hin zu fachlichen Informationen reichen. Die regelmäßige Veröffentlichung von aktuellen fachlichen Einträgen, z. B. in einem Blog, sei dazu geeignet, sich als Arzt zu präsentieren und zu profilieren, betont der Facharzt.
Auf vertrauenswürdige Quellen achten
„Angebote von vertrauenswürdigen Quellen und viele der bestehenden Selbsthilfeportale bieten dem mündigen Patienten eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich zu informieren und sich kritisch mit den Informationsangeboten und Inhalten auseinander zu setzten“, sagt Smekal. Prinzipiell sei es zu begrüßen, dass Patienten sich selbstbestimmt und aktiv mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen. Soziale Netzwerke können dabei unterstützend wirken.
Andererseits hat Social Media auch seine Schattenseiten. Das Bedürfnis der Patienten nach vertrauensvollen und verlässlichen Informationsquellen („Trusted sources“) im Netz könne in Zeiten der „Fake news“ oft nur schwer befriedigt werden, bedauert Smekal: „Dies gilt insbesondere auch für medizinische Themen. Gütesiegel können hier meist auch keine inhaltlichen Sicherheiten garantieren.“
Manche Patienten – vor allem jene, die sich nicht ausreichend betreut fühlen, unter Erkrankungen leiden, die einen chronischen, langwierigen Verlauf haben, oder aus unterschiedlichen Gründen der klassischen Medizin eher ablehnend gegenüber stehen – neigen dazu, sich Informationen aus den sozialen Netzwerken zu holen, die Hoffnung auf Linderung der Beschwerden oder sogar Heilung versprechen. Hier besteht die Gefahr, falsche oder verzerrte Informationen zu erhalten, die manchmal über diese Kanäle verbreitet werden. „Vertraut der Patient unkritisch diesen Aussagen und Informationen, kann das sowohl dem Patienten selbst als auch dem Arzt-Patienten-Verhältnis Schaden zufügen“, ist der Mediziner überzeugt.
„Fraglos will jeder nur das Beste. Die Frage ist: Das Beste für wen?“, sagt Smekal. Hinter vielen Portalen stehen demnach oft Unternehmen mit ökonomischen Interessen. Das ist für Nutzer und Patienten oft nur schwer zu erkennen. Bedenklich ist auch die Vielzahl an unseriösen Angeboten: „Social Media ist auch ein Nährboden für ,Rattenfänger‘, die die Verzweiflung und Desorientierung von Patienten zum eigenen Nutzen missbrauchen“, formuliert es Smekal drastisch.
Arzt muss sich auch im Netz informieren
Es wäre allerdings falsch, diese Informationen und Kanäle in den sozialen Netzwerken unbeachtet zu lassen. „In dem Moment, wo Patienten mit Informationen aus solchen Quellen zum Arzt kommen, sollte sich der Arzt bereits damit auseinander gesetzt haben“, unterstreicht Smekal: „Man muss den Patienten und seine aus den sozialen Medien gewonnenen Informationen ernst nehmen und kritisch, sachlich und wertschätzend beraten und begleiten. Auch offensichtlich falsche Aussagen sollte man nicht einfach als Kokolores abtun, sondern muss die eigene Position fachlich vertreten und untermauern.“
Wenn ein Patient feststellt, dass sein behandelnder Arzt von bestimmten alternativen Angeboten noch nie gehört hat bzw. diese pauschal als Unsinn bezeichnet, besteht die Gefahr, dass der Arzt als inkompetent bezeichnet wird und in Folge sogar das Arzt-Patienten-Verhältnis daran zerbricht.
Smekal empfiehlt, immer wieder nachzusehen, welche Angebote und Verfahren gerade in den sozialen Netzwerken kursieren. Dazu muss man nur einige Stichworte zu bestimmten Krankheitsbildern und Symptomen in die Suchfeder von Facebook, Youtube, Instagram und Co. eingeben, und schon wird man zu den entsprechenden Einträgen, Videos und Anbietern weitergeleitet.
Die Anzahl der Likes, Follower oder Abonnenten liefert eine Information über die Relevanz eines Beitrages. Ein hoher Verbreitungsgrad macht es erforderlich, dass Ärzte und medizinisches Assistenzpersonal sich mit diesen Beiträgen auseinandersetzen müssen, um gezielt darauf eingehen und fachlich argumentieren zu können. „Als Arzt sollte man versuchen, mit Fachwissen zu überzeugen“, rät Smekal: „Und auch ehrlich gestehen, dass es in der Medizin immer auch Grenzen gibt.“
Profil:
Dr. Alexander Smekal ist in Innsbruck geboren, Radiologe und Nuklearmediziner, der in Aachen, Köln, Krefeld, Bonn, München, Birmingham (USA) und San Francisco ausgebildet wurde. Er blickt auf mehr als 60 wissenschaftliche Veröffentlichungen zurück. Unter anderem war er Abteilungsleiter im Universitätsspital Zürich und an den Universitätskliniken Innsbruck. Aktuell ist er am Schilddrüsenzentrum Tirol tätig und fungiert zudem als Geschäftsführer der Meditrainment GmbH.
Veranstaltungshinweis:
Samstag, 28. September 2019, 12:00-12:30 Uhr
Raum: Bayern
Session: MTRA 8 – „Digital ist Real“
Social Media im Arzt-Patient-Verhältnis
Dr. Alexander Smekal (Innsbruck)
28.09.2019