SMBG - der goldene Weg zum HbA1c-Zielwert
Text: Karoline Laarmann
Eine gute Blutzuckereinstellung (4–7 mmol/l) ist nicht nur wichtig für das tägliche Wohlbefinden eines Diabetikers, sondern auch für die Vorbeugung von diabetesbedingten Folgeerkrankungen. Wichtigster Marker für die Beurteilung der Stoffwechsellage ist der HbA1c-Wert. Doch die HbA1c-Bestimmung hat ihre Grenzen: Aktuelle Blutzuckerschwankungen werden dabei nicht erfasst.
Das Erkennen hoher Blutzuckeranstiege nach der Nahrungsaufnahme (postprandiale Spitzen) ist jedoch von hoher Bedeutung, um ausgeprägte Phasen von Hypo- und Hyperglykämie zu vermeiden.
Eine regelmäßige Selbstmessung der Blutglukose (SMBG) hilft nicht nur dabei, den Zielwert des HbA1c bei Typ-2-Diabetes zu erreichen, sondern auch Glukoseschwankungen aktiv entgegenzuwirken. Dass auch nicht insulinbehandelte Typ-2-Diabetiker von einer intermettierenden Blutzuckerselbstkontrolle profitieren, bestätigt die 2009 von der Internationalen Diabetes Federation (IDF) veröffentlichte Leitlinie „Self-Monitoring of Blood Glucose in Noninsulin-Treated Type 2 Diabetes“ – ein wichtiges Signal, denn lange Zeit galt die Senkung des HbA1c in dieser Patientengruppe als klinisch nicht relevant.
„Heutzutage sollte bei allen Behandlungstypen, auch dem nicht insulinisiertem Typ-2-Diabetiker, eine Therapieanpassung nicht primär nach dem HbA1c-Wert, sondern aufgrund der aktuellen Blutzucker-Messung erfolgen“, meint auch Prof. Dr. Oliver Schnell, Executive Member of the Managing Board and Head of the Dept. of Diabetes and Cardiovascular Disease, Diabetes Research Institute, Munich. „Sowohl die glykämische Variabilität als auch die durchschnittlichen Blutzuckerwerte präprandial, postprandial und vor dem Zubettgehen nehmen durch eine intermettierende SMBG ab.“ Anlässlich der 45. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Stuttgart, präsentierte Prof. Schnell vielversprechende Ergebnisse zur strukturierten Blutzuckermessung aus der Accu-Chek 360° View Studie.
522 Patienten mit nicht insulinisiertem Typ-2-Diabetes (HbA1c > 7,5 %) nehmen an der prospektiven und cluster-randomisierten Studie teil, die ein Jahr lang an 37 Zentren in den USA durchgeführt wird. In der Interventionsgruppe erhalten die Patienten eine differenzierte Schulung zur Nutzung der SMBG-Daten. Auf Basis von vierteljährigen Testungen (7 Messungen über jeweils 3 Tage) werden Änderungen der Therapie vorgenommen. In der Kontrollgruppe gelten dagegen allein die HbA1c-Veränderungen als primärer Zielparameter im Studienverlauf.
„In der Interventionsgruppe fand sich bereits über die ersten sechs Monate ein um 0,35 % niedrigerer HbA1c-Wert als in der Kontrollgruppe bei vergleichbaren Ausgangswerten“, erklärte Prof. Dr. Schnell. Die Interventionsgruppe erhielt sehr viel häufiger eine Änderung der Medikation und des Lebensstils (mehr als 80 % der Patienten). „Am besten waren die Erfolge in der adhärenten Interventionsgruppe: Wer konsequent Tagebuch führte über Blutzuckertagesprofile, körperliche Aktivität, Ernährungsumstellung usw., erzielte sogar um 0,43 % niedrigere HbA1c-Werte als die Kontrollgruppe.“
Positive Effekte scheint die SMBG darüber hinaus auch auf den diabetesbedingten emotionalen Leidensdruck zu haben, betonte Prof. Schnell zum Schluss. „Die Vermutung, dass eine SMBG ungünstige Effekte auf depressive Symptome oder emotionalen Stress hat, ist unbegründet. Umso mehr Eigenverantwortung wir den Patienten im Diabetes-Management geben und umso mehr sie ihre Krankheit verstehen lernen, umso besser sie damit um.“
08.07.2010