Implantate

Schrittmacher für geschädigtes Rückenmark

Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der ETH Lausanne haben Bewegungsabläufe nach einer Schädigung des Rückenmarks wiederhergestellt. Sie konnten zeigen, dass für ein koordiniertes Zusammenspiel der Muskeln, beispielsweise beim Gehen, alternierende Impulse des Rückenmarks verantwortlich sind. Neu entwickelte Implantate empfinden diese Signale durch elektrische Impulse nach. Damit konnten Abschnitte des Rückenmarks gezielt reaktiviert werden.

Elektrische Impulse aktivieren das Rückenmark unterhalb der Verletzung.
Elektrische Impulse aktivieren das Rückenmark unterhalb der Verletzung.
Quelle: European Project NEUwalk

Eine Querschnittslähmung wird durch eine traumatische Schädigung des Rückenmarks verursacht. Die Kommunikation zwischen Gehirn und Rückenmark ist unterbrochen. Schwere Funktionsstörungen und lebenslange Lähmungen sind oft die Folge. Aus Studien ist bekannt, dass das Rückenmark die Eigenschaft besitzt, unabhängig von Signalen des Gehirns, bei einer elektrischen oder chemischen Stimulation koordinierte Bewegungen zu erzeugen. „Unser Ziel ist es, den Rückenmarkbereich unterhalb einer Verletzung durch elektrische Impulse zu reaktivieren. Das Potential, eigenständig Bewegungen zu generieren, wollen wir dabei steigern, indem wir den natürlichen Abläufen möglichst nahe kommen“, erklärt Dr. Nikolaus Wenger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie der Charité und des Berlin Institute of Health.

Im Tiermodell konnte das europäische Forscherteam zeigen, dass es während der Bewegung der Beine zu einer wellenförmigen Aktivität von Rückenmarkbereichen kommt. „Um diese Rückenmarkaktivität nach einer Querschnittslähmung zu reproduzieren, haben wir dauerhafte Implantate entwickelt, die eine selektive Rückenmarkstimulation ermöglichen“, sagt Dr. Wenger. Wird der richtige Rückenmarksbereich zum richtigen Zeitpunkt stimuliert, lassen sich Kraft und Balance während des Gehens verbessern. Die neuartigen Implantate und Stimulationstechnologien passen eine Aktivierung des Rückenmarks an die zeitliche Abfolge des Bewegungsvorgangs an.

Derzeit sind die aktuellen Erkenntnisse auf dem Weg der Übertragung in klinische Anwendungen, da auch das menschliche Rückenmark durch elektrische Stimulation zu Bewegungsvorgängen angeregt werden kann. Die neue Art der Rückenmarkstimulation kann in Zukunft zu einer besseren Therapie von querschnittsgelähmten Patienten beitragen. Ein weiteres Ziel ist hierbei, die therapeutischen Ansätze weiterzuentwickeln und auf den Bereich der Schlaganfallforschung zu übertragen.


Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin

22.02.2016

Verwandte Artikel

Photo

News • Widerstandsfähiges Material

Holzfaser-Knochenimplantate läuten Revolution ein

Das italienische Start-up Greenbone hat mit dem Istituto di Scienze e Tecnologie di Materiali Ceramici (Istec) ein innovtives Material zur Knochenimplantation entwickelt. Mit dem aus bestimmten…

Photo

News • Cobalt-Belastung

Metall aus Gelenkimplantaten im Nervenwasser: Neue Studie

Metalle aus künstlichen Gelenkimplantaten können nicht nur ins Blut, sondern auch ins Nervenwasser gelangen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universitätsmedizin Greifswald.

Photo

Video • Biofilm-Beseitigung

Ultraschall und Flimmerhärchen reinigen implantierte Stents und Katheter

Ein Forschungsteam aus Bern und Zürich hat eine Methode entwickelt, mit der sich Stents und Katheter durch die Haut und ohne chirurgische Eingriffe mittels Ultraschall reinigen lassen.

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren