Eine Frau liegt im Bet und hält sich mit beiden Händen den Kopf, weil sie...
Schlafprobleme können langfristig zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. Das BMG-geförderte Projekt "SchlafCheck" beschäftigte sich rund zwei Jahre lang mit der Frage, wie die schlafmedizinische Versorgung über die hausärztliche Vorsorge verbessert werden könnte.

© Fraunhofer IDMT/Leona Hofmann 

News • Mobile Schlaflabore in die Praxis bringen

Schlafstörungen besser behandeln mit Hilfe vom Hausarzt

Schlafprobleme können langfristig zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. Dennoch bleiben sie oft unbehandelt. Das BMG-geförderte Projekt "SchlafCheck" beschäftigte sich rund zwei Jahre lang mit der Frage, wie die schlafmedizinische Versorgung über die hausärztliche Vorsorge verbessert werden könnte.

Mit rund 60 Probanden und fünf Hausarztpraxen in und um Oldenburg wurde der Einsatz eines mobilen Schlafmonitoringsystems erprobt. Die technische und praktische Umsetzung inklusive Datenanalyse übernahm das Fraunhofer IDMT in Oldenburg. Die Universitätsmedizin Oldenburg brachte ihre medizinische Expertise u. a. in Studiendesign und Workshops mit den beteiligten Praxen ein. 

Rund 10% der Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Ein- und Durchschlafstörungen. Ein langfristig schlechter Schlaf mindert nicht nur die Lebensqualität, sondern erhöht auch das Risiko für nachgelagerte Erkrankungen, insbesondere im Bereich des Herz-Kreislaufsystems. Trotzdem bleiben Schlafprobleme bei vielen Menschen unbehandelt, u.a. weil die Schlafmedizin nicht in allen klinischen Bereichen ausreichend vertreten ist. Hausarztpraxen können als erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem über eine Schlafanamnese und Hinweise zur Schlafhygiene hinaus keine tiefergehenden schlafdiagnostischen Untersuchungen durchführen. Und: Wenn Patienten an Schlaflabore verwiesen werden, ist dies oftmals mit langen Wartezeiten verbunden. "Es fehlt in der Primärversorgung an niederschwelligen Möglichkeiten, um eine objektive Ersteinschätzung von Schlafproblemen zu erhalten. Ein mobiles Gerät, ähnlich einem Langzeit-EKG oder einer Langzeitblutdruckmessung, könnte wertvolle Schlafdaten aus der heimischen Umgebung der Patienten liefern und eine Erstdiagnose beschleunigen", erklärt Dr. Markus Ennen, Allgemeinmediziner aus Oldenburg. Er ist einer von fünf Hausärzen, die am Forschungsprojekt "SchlafCheck" beteiligt waren.

Eine Gruppe von sieben Menschen hat sich auf einer Treppe für ein Gruppenfoto aufgestellt
Das "SchlafCheck" Konsortium: Von oben: Prof. Michael Freitag (UOL), Jana Paehl (UOL), Sabine Kurpgoweit (teilnehmende Hausärztin), Dr. med. Markus Ennen (teilnehmender Hausarzt), Dr. Insa Wolf (IDMT), Dr. Wiebke Pätzold (IDMT) und Marianne Timper (UOL)

© Fraunhofer IDMT 

Das Projektkonsortium, bestehend aus dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT und der Universität Oldenburg, sieht großes Potenzial in einer durch Hausarztpraxen begleiteten Schlafdiagnostik im heimischen Umfeld, um die unzureichende Versorgung von Menschen in Deutschland mit Schlafproblemen zu verbessern und das Risiko von Folgeerkrankungen zu senken. 

Für eine detaillierte Analyse von Schlafproblemen werden u. a. Informationen über die Schlafphasen und Schlafqualität der Betroffenen benötigt. Dafür werden in Schlaflaboren Hirnaktivitäten in Form eines Elektroenzephalogramms (EEG) sowie weitere Vitaldaten erfasst und analysiert. In der Feldstudie im Rahmen des Projekts wurden hausärztliche Praxen mit digitalen Sensorgeräten für ein mobiles Schlafmonitoring versorgt. Dadurch sollte eine Implementierung im Praxisalltag erprobt werden, um wichtige Erkenntnisse für die weitere Forschung und Entwicklung zu sammeln. "Perspektivisch könnten durch mobile Geräte Schlafuntersuchungen im Verdachtsfall in regelmäßige Check-Ups integriert werden. Hausärzte könnten Probleme früher erkennen und notwendige Behandlungsschritte ableiten, von Empfehlungen zur Schlafhygiene bis hin zur begründeten Überweisung an eine Facheinrichtung für Schlafdiagnostik", erklärt Dr. Wiebke Pätzold, Projektleiterin aus der Gruppe »Mobile Neurotechnologien« am Fraunhofer IDMT. 

Der direkte Austausch mit den Praxisteams machte Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Implementierung digitaler Schlafmonitoringsysteme sichtbar

Marianne Timper und Michael Freitag

Rund 60 Probanden mit Ein- und Durchschlafstörungen nahmen an der Studie teil. Sie erhielten jeweils ein kommerziell erhältliches mobiles Sensorsystem von ihrer Hausarztpraxis, das sie in der heimischen Umgebung in Kombination mit einem Fragebogen und Schlaftagebuch nutzten. Die Studienteilnehmenden waren zum überwiegenden Teil gut in der Lage, nach Anleitung eine Messung selbstständig zu starten. In einigen Fällen stellte sich die ungewohnte Platzierung von Sensoren auf der Haut als herausfordernd dar, weshalb in Abschlussinterviews mit den Ärzten eine vereinfachte Bedienbarkeit und Möglichkeiten für das Anbringen in der Praxis diskutiert wurden. 

Die Einblicke in die Abläufe und diagnostischen Möglichkeiten der hausärztlichen Praxen zeigten einen grundlegenden Bedarf in der schlafmedizinischen Versorgung auf. "Für das Projekt konnten wir schnell geeignete Partner im großen Lehrpraxennetzwerk der Universitätsmedizin Oldenburg finden. Der direkte Austausch mit den Praxisteams machte Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Implementierung digitaler Schlafmonitoringsysteme sichtbar", erklären Marianne Timper und Prof. Dr. Michael Freitag aus der Abteilung Allgemeinmedizin im Department für Versorgungsforschung an der Universität Oldenburg. 

Die Forschungsgruppe "Mobile Neurotechnologien" am Fraunhofer IDMT wird die Projektergebnisse in weitere Entwicklungsprojekte einbringen und verfolgt damit das Ziel, neurophysiologische Messungen aus dem Labor oder der Spezialklinik in den Alltag und damit auch in die allgemeinmedizinische Primärversorgung zu bringen. Die Forschenden entwickeln aktuell ein eigenes Sensorsystem zur mobilen EEG-Aufzeichnung, das sie derzeit im täglichen Langzeiteinsatz erproben. 

Das Projekt "Schlafcheck" wurde im Frühjahr 2025 abgeschlossen und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit rund 300.000 EUR gefördert. 


Quelle: Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT 

31.08.2025

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