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#Radfluencer: der Radiologie ein Gesicht geben
Während Pflege und Chirurgie längst in TV-Serien, Reportagen oder Social Media stattfinden, bleibt die Radiologie in der öffentlichen Wahrnehmung ein blinder Fleck. Kaum jemand weiß, was MTR eigentlich tun, obwohl sie täglich mit modernster Technik arbeiten und entscheidend zur Diagnose beitragen.
von Anja Fink
Es ist paradox: Ein Fachgebiet, das von Bildern lebt, ist selbst kaum im Bild. Genau das wollen die Radfluencer ändern - eine Bewegung von Menschen aus der Radiologie, die sich zusammengeschlossen haben, um diesem unsichtbaren, aber essenziellen Beruf endlich eine Stimme und ein Gesicht zu geben.

Bildquelle: Anja Fink
Die Idee entstand 2023 beim Deutschen Röntgenkongress in Wiesbaden. Alexandra Schmatz, Sebastian Mital, Alex Riemer und Anja Fink - selbst ehemalige MTR, heute Ghostwriterin und Fotografin für die Healthcare-Branche - stellten fest, dass es bereits einige engagierte MTR gab, die auf Social Media aktiv waren. „Wir wollten diese Stimmen bündeln und unterstützen - nicht als Kampagne, sondern als Gemeinschaft“, erklärt sie.
Was die Radfluencer eint, ist ihr erklärtes Ziel: Mehr junge Menschen für die Radiologie begeistern, Kollegen Mut machen und dem Berufsbild die Wertschätzung verschaffen, die es verdient. Denn die Radiologie habe sich in den letzten Jahren massiv verändert, weiß Fink zu berichten:
Viele Abläufe werden heute eigenverantwortlich durchgeführt. Die Einschätzung der Bildqualität oder der Untersuchungsdurchführung liegt zunehmend in den Händen der Fachkräfte. „Genau diese Entwicklung wollen wir zeigen […], denn nur wer sichtbar ist, wird auch verstanden.“
Um das zu erreichen, geben die Beiträge der Radfluencer einen ehrlichen Einblick in den Klinikalltag, zeigen technische Innovationen, aber auch Emotionen, Teamgeist und Momente, die sonst hinter verschlossenen Türen bleiben.
Nur wer sichtbar ist, wird auch verstanden
Anja Fink
Für ihr Wirken erhalten die Radfluencer mittlerweile auch Unterstützung aus der Industrie - unter anderem von Canon Medical, Siemens Healthineers und Beckelmann. Letztere haben 2025 auf dem Deutschen Röntgenkongress eine eigene MTR-Lounge für die Radfluencer ermöglicht. Auch beim diesjährigen Radiologiekongress Ruhr in Dortmund wird Beckelmann wieder Raum für Austausch und Begegnung schaffen.
Doch trotz punktueller Unterstützung lebt das Projekt vom persönlichen Engagement, betont die Mitgründerin; „Das passiert alles neben dem Beruf […]. Wir investieren Zeit, Herzblut und Energie, weil wir überzeugt sind, dass nur echte Menschen das Bild unseres Berufs verändern können.“nur wer sichtbar ist, wird auch verstanden.“

Bildquelle: Anja Fink
Einer dieser Menschen ist Sebastian Mital, der von Beginn an mit dabei war und die Initiative mit Herzblut begleitet hat: „Es braucht keine perfekte Selbstdarstellung, sondern echte Geschichten aus dem Berufsalltag“, betont er. „Genau das macht den Unterschied und schafft Identifikation.“
Denn hinter den Selfies, Reels und Beiträgen der Radfluencer steckt ein ernstes Anliegen: Der Fachkräftemangel in der Radiologie spitzt sich zu. Umso wichtiger ist es der Gruppe, jungen Menschen zu zeigen, wie vielfältig, technisch anspruchsvoll und sinnstiftend dieser Beruf ist. Davon profitieren auch Kliniken und Praxen, argumentiert Fink - durch authentisches Employer Branding, das nicht aus der Marketingabteilung kommt, sondern aus der Mitte des Teams.
Die Radfluencer wollen sich damit für einen kulturellen Wandel in der Kommunikation im Gesundheitswesen stark machen: Weg von PR-Slogans, hin zu echten Stimmen. Weg vom Bild des „unsichtbaren Röntgenraums“, hin zu einer Radiologie, die nahbar, modern und menschlich ist. Sichtbarkeit spielt dabei eine zentrale Rolle - nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch darüber hinaus. „Wir müssen Radiologie dorthin bringen, wo Menschen sie sehen - ins Fernsehen, in Podcasts, in den öffentlichen Diskurs“, fordert Fink. „Sonst bleibt sie ein blinder Fleck im Gesundheitssystem.“
20.10.2025