Perfekt getimt: Perfusionsmessung von Hirntumoren
Zur Charakterisierung des Hirngewebes stoßen die traditionellen morphologischen MRT-Sequenzen häufig an ihre Grenzen.
Zwar können mittels morphologischer Analyse Ödeme und Tumoren erkannt werden, eine genaue Subtypisierung fällt aber häufig schwer. Eine Arbeitsgruppe der neuroradiologischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen unter der Leitung von Prof. Dr. Arnd Dörfler präsentiert nun erste Ergebnisse einer zeitlich hochaufgelösten DCE-MRT (Dynamic-Contrast-Enhanced MRT) – besser bekannt als T1-gewichtete Perfusionsbildgebung des Gehirns –, die diese Lücke potenziell schließen kann.
„Als Grundlage dient uns eine ultraschnelle, hochaufgelöste, isotrope Sequenz, die mit einer zeitlichen Auflösung von unter 2 Sekunden in der Lage ist, die Tumordurchblutung nach der Bolus-Kontrastmittelgabe exakt aufzuzeigen“, so Priv.-Doz. Dr. Matthias Dietzel aus der neuroradiologischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen. Als Vorbild dienten dem Team unter anderem die Erfahrungen mit der quantitativen DCE-MRT der Brust: Mammakarzinome besitzen ganz spezifische Perfusionsmuster und Tumoren ab einer Größe von 3 mm haben die Fähigkeit zur Neoangiogenese, was dazu führt, dass der Tumor deutlich schneller und mehr Blut anzieht und auch später wieder verliert. Dieser sogenannte Wash-out lässt sich mittels DCE-MRT nachzeichnen – mit positiven Auswirkungen beispielsweise auf die Differenzialdiagnostik und die Subtypisierung des Tumors und der Therapie-Response.
Die Schwierigkeit einer T1-gewichteten Perfusionsbildgebung des Gehirns lag bisher in der zeitlichen Auflösung, die im Sekundenbereich liegen muss. T1-gewichtete Sequenzen waren bisher nicht in der Lage, diesen Prozess zuverlässig und pragmatisch in klinischen Protokollen abzubilden. Das von der Erlanger Arbeitsgruppe angewandte Protokoll basiert auf einem eleganten Sequenzansatz, der mit einer intelligenten K-Raum-Auslese viel Messzeit spart, die dann wieder in die dynamische Untersuchung investiert werden kann. Damit erlaubt diese Methode eine quantitative Darstellung der Gewebedurchblutung und dadurch häufig eine bessere Charakterisierung und verbesserte Differenzialdiagnostik tumoröser und entzündlicher Läsionen des Zentralnervensystems.
Allerdings: Die Methode ist derzeit noch relativ komplex und stellt hohe technische Anforderungen – auch an die Datennachbearbeitung, weshalb der Einsatz der DCE-MRT in der Neurobildgebung derzeit nur in spezialisierten Zentren Anwendung findet, so Prof. Dörfler. Matthias Dietzel: „Über die theoretischen Möglichkeiten der Methode wissen wir bereits relativ viel. Nun gilt es, diese in der Praxis umzusetzen und vor allem im klinischen Kontext zu validieren.“ Vorstellbar wäre dann auch, anhand der Anreicherungsmuster auf die Entität des Primärtumors zu schließen, die Patienten in Risikoklassen zu unterteilen und idealerweise das Ansprechen auf teure Medikamente – quasi im Sinn einer personalisierten Medizin – frühzeitig vorherzusagen.
Die Ergebnisse in Kürze
Insgesamt wurden 23 intrakranielle Tumoren mittels einer ultraschnellen, räumlich hochaufgelösten, dynamischen T1-Sequenz untersucht. Bei allen Patienten konnte das Protokoll erfolgreich angewendet werden und die Ergebnisse ergaben eine hohe diagnostische Genauigkeit bei geringer Messzeit.
IM PROFIL
Priv.-Doz. Dr. Matthias Dietzel hat nach dem Medizinstudium in Zürich, Toronto und Jena seine Facharztausbildung zunächst an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena absolviert. Am Lehrstuhl von Prof. Dr. Werner A. Kaiser wurde er Mitglied der MRT-Forschungsgruppe und 2007 auch ihr wissenschaftlicher Koleiter. Nach Erhalt der Venia legendi für die Radiologie im Februar 2012 wechselte er an das Universitätsklinikum seiner Heimatstadt Erlangen. An der von Prof. Dr. Arnd Dörfler geleiteten neuroradiologischen Abteilung setzt er hier nun seine Tätigkeit mit den wissenschaftlichen Schwerpunkten fortgeschrittene MRT-Techniken sowie vaskuläre und onkologische Bildgebung fort.
24.05.2013