T2*-gewichtete Aufnahmen einer 29-jährigen Frau: Mit hochaufgelöster...
T2*-gewichtete Aufnahmen einer 29-jährigen Frau: Mit hochaufgelöster MRT-Bildgebung ist die Abbildung des Schwalbenschwanzzeichens möglich, welches sich im hinteren Drittel der Substantia nigra befindet.

© MPI CBS; Bildquelle: Brammerloh et al., Radiology 2022 (CC BY 4.0)

News • Potential der Nigrosom-Bildgebung

Parkinson: Neue Erkenntnisse zum "Schwalbenschwanz"

Neurophysiker um Malte Brammerloh vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) haben herausgefunden, dass die Identifikation von einem Magnetresonanztomographie-Zeichen zur Parkinsondiagnose als eine bestimmte anatomische Region im Gehirn zwar weit verbreitet, aber gar nicht korrekt ist.

Ein besseres Verständnis des MRT-Kontrasts der „Nigrosom 1“ genannten anatomischen Region hat zur Aufklärung des Missverständnisses geführt und könnte sogar zur früheren Diagnose von Parkinson beitragen. 

„Jenes MRT-Zeichen, das sogenannte Schwalbenschwanz-Zeichen, schließt zwar einen Teil der anatomischen Region ‚Nigrosom 1‘ ein, sieht aber ganz anders aus.“, erklärt der Erstautor der Studie, die nun in der Zeitschrift „Radiology“ veröffentlicht wurde. „Das ist für den klinischen Bereich relevant, weil die Identifikation ‚Schwalbenschwanz Zeichen entspricht Nigrosom 1‘ zur Lehrmeinung geworden ist und revidiert werden sollte.“, so Malte Brammerloh weiter. 

Bei Parkinson sterben dopaminproduzierende Nervenzellen in der Substantia Nigra im Mittelhirn ab, was bei den Betroffenen zu Bewegungsstörungen wie Verlangsamungen, steifen Muskeln und Zittern führt. Besonders stark und früh sind die Nervenzellen im Nigrosom 1 innerhalb der Substantia Nigra betroffen. Mit hochaufgelöster MRT-Bildgebung ist die Abbildung des Schwalbenschwanzzeichens möglich, welches sich im hinteren Drittel der Substantia nigra befindet und nach gängiger Lehrmeinung Nigrosom 1 entspricht.

Wir glauben, dass man mit diesem neuen Wissen besser versteht, wie Anatomie und MRT-Kontraste zusammenhängen und wie neue MRT-Marker für die frühe Diagnose von Parkinson entwickelt werden können

Malte Brammerloh

Bei gesunden Menschen erkennt man im MRT-Bild eine signalreiche längliche Struktur, die vorne und an den Seiten von signalarmen Arealen umgeben ist. Diese besondere Form erinnert an einen Schwalbenschwanz, daher spricht man auch vom Schwalbenschwanzzeichen (engl. Swallow tail sign). Nach der gängigen Interpretation des Zeichens führt das Absterben der Neuronen im Nigrosom 1 bei Parkinson-Betroffenen dazu, dass das Schwalbenschwanzzeichen schließlich nicht mehr erkennbar ist.  Ist das der Fall, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Parkinson-Erkrankung vor. 

Malte Brammerloh und seine Kollegen haben nun mikroskopische 3D-Untersuchungen von menschlichen Gehirnen nach dem Tod mit MRT-Technik kombiniert, um zu zeigen, dass Nigrosom 1 und das radiologische Schwalbenschwanz-Zeichen sich nur teilweise überlappen und in der Tat sehr unterschiedlich sind. Die Wissenschaftler plädieren daher dafür, das Schwalbenschwanz-Zeichen nicht mit der Region Nigrosom 1 gleichzusetzen. Dies erlaubt eine Neuinterpretation des diagnostischen Schwalbenschwanz-Zeichens und eröffnet gleichzeitig neue Wege zur spezifischen Nigrosombildgebung. Brammerloh: „Wir glauben, dass man mit diesem neuen Wissen besser versteht, wie Anatomie und MRT-Kontraste zusammenhängen und wie neue MRT-Marker für die frühe Diagnose von Parkinson entwickelt werden können.“ 


Quelle: Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

19.08.2022

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