Bildquelle: NMI; Foto: Silke Riegger
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Organ-on-Chip-Technik eröffnet Chancen für Diabetes-Forschung
Mehr als sieben Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes. Zugleich ist die Forschung an Medikamenten zur Behandlung dieser Volkskrankheit noch immer schwierig.
Wissenschaftler unter Leitung von Prof. Dr. Peter Loskill vom NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut und der Medizinischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen haben nun eine Technik entwickelt, die den Blick auf die molekulare und zellbiologische Ebene in der Bauchspeicheldrüse deutlich verbessert. Dafür bildeten sie Organ-ähnliche Strukturen auf einer Organ-on-Chip-Plattform nach. Ergebnisse aus Medikamententests an diesen Strukturen lassen sich besser als traditionelle Methoden auf menschliche Organismen übertragen. Diese Ergebnisse haben sie nun in der Fachzeitschrift Lab on a Chip veröffentlicht.
Bei der Organ-on-Chip-Technik werden Gewebe, also Zellverbünde mit spezifischen Funktionen, außerhalb des Körpers gezüchtet. Diese Gewebe, in diesem konkreten Fall aufgebaut aus Zellen der Bauchspeicheldrüse, reagieren auf Wirkstoffe ähnlich wie das Organ im Körper. So lassen sie tragfähige Aussagen darüber zu, wie Medikamente wirken.
„Uns ist es gelungen, ein Modell der insulinbildenden Einheiten der Bauchspeicheldrüse in mikrofluidischen Chips nachzubilden. In diesen Chip konnten wir zusätzlich winzig kleine Sensoren integrieren, die es uns erlauben, Aussagen über den Zustand des Organmodells in Echtzeit zu treffen, ohne die Zellen dabei zu beeinträchtigen“, erklärt Peter Loskill, Professor für Organ-on-Chip Systeme. „Mikrofluidisch“ bedeutet, dass über sehr feine Kanäle Nährstoffe wie durch die Blutgefäße zu den Zellen transportiert und Stoffwechselprodukte abgeführt werden. „Indem wir den Zellen ihre natürliche Mikroumgebung im Körper nachbauen, können wir deutlich längere und aussagekräftigere Versuche durchführen.“ Die Entwicklung bietet somit die Chance auf große Fortschritte nicht nur in der Diabetes-Forschung.
Für Organ-on-Chip-Modelle werden organspezifische Zellen außerhalb des Körpers in einer maßgeschneiderten Mikroumgebung in einem mikrofluidischen Chip gezüchtet. Die Zellen können dabei beispielsweise denjenigen der Bauchspeicheldrüse, der Leber, des Herzmuskels oder des Gehirns entsprechen. Die aus den Zellen aufgebauten Gewebe werden auf dem Chip vergleichbar dem Blutkreislauf kontinuierlich mit Nährstoffen versorgt. So können sie beispielsweise mit Medikamenten behandelt werden oder durch gezielte Manipulation ein Krankheitszustand simuliert werden. Mit vielfältigen Analysemethoden ist es möglich, zeitaufgelöste Messungen von Reaktionen auf Wirkstoffe oder des Fortschritts von Krankheiten durchzuführen. Insbesondere aufgrund der Möglichkeit, mit menschlichen Zellen zu arbeiten, sind Untersuchungen an Organ-on-Chip potenziell besser auf den Menschen übertragbar als Tierversuche, was in der Zukunft zu einer deutlichen Reduktion von Tierversuchen in der biomedizinischen Grundlagenforschung sowie der pharmazeutischen Forschung führen kann.
Quelle: Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen
14.03.2024