Not macht erfinderisch – Kooperationsmodelle in der Radiologie

Mangelnde Auslastung von Highend-Geräten, Fachkräftemangel und starker Innovationsdruck mit hohen Investitionsanforderungen. Diese Problematik haben Radiologen sowohl im niedergelassenen Bereich
als auch im Krankenhaus.

Prof. Dr. Walter Gross-Fengels
Prof. Dr. Walter Gross-Fengels

Lösungsansätze bestehen zum einen darin, dass sich immer mehr radiologische Praxen zu Praxisverbünden zusammenschließen und zum Anderen Krankenhäuser mit neuen Kooperationsformen experimentieren.

Im Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg verfolgt man dabei ein neues Geschäftsmodell, das jetzt Schule macht. Durch die Auslagerung des Teilbereichs Nuklearmedizin in eine Gemeinschaftspraxis im Krankenhaus vor zwei
Jahren, konnte die Auslastung und damit auch die Rentabilität des Bereichs deutlich gesteigert werden. Prof. Dr. Walter Gross-Fengels ist in Personalunion Chefarzt der Abteilung Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Krankenhauses und gleichzeitig Geschäftsführender Gesellschafter der Praxisgemeinschaft, die insgesamt von sechs Radiologen und Nuklearmedizinern betrieben wird. Wie in vielen anderen Krankenhäusern auch, litt die nuklearmedizinische Abteilung in Harburg unter mangelnder Auslastung und Spezialisierung.

Durch die Auslagerung in die Gemeinschaftspraxis können nun auch ambulante Patienten bzw. Patienten aus anderen Krankenhäusern behandelt werden. „Ein Drittel der Patienten in der Gemeinschaftspraxis sind stationäre Patienten aus der Asklepios-Gruppe, ein Drittel ambulante Patienten und ein weiteres Drittel werden uns aus umliegenden Krankenhäusern zugewiesen. Weil wir alle nuklearmedizinischen Untersuchungen, einschließlich der PET-CT, in einer „neutralen“ Praxis anbieten, haben die anderen Krankenhäuser keine Sorge, uns ihre Patienten zu schicken. Denn sie wissen, dass diese nach der Untersuchung zurückkommen“, erklärt Gross-Fengels.

Win-Win Situation für alle Beteiligten

Er selbst hat für die Arbeit in der Praxis eine Nebentätigkeitsgenehmigung als Chefarzt und stellt die Untersuchungen der stationären Patienten dem Klinikum Harburg auf GOÄ- Basis in Rechnung. Zwei der nuklearmedizinischen Kollegen in der Praxis haben eine KV-Zulassung, so dass die Gemeinschaftspraxis im Grunde völlig autark ist, aber durch die räumliche Nähe und einen Kooperationsvertrag vom Krankenhaus profitiert. Das Klinikum auf der anderen Seite hat den Vorteil, dass es die Verantwortung für die Investitionen in die Gerätetechnik und das Personal abgeben konnte. „Das Investment in ein modernes PET-CT liegt bei über zwei Millionen Euro, die aber auch erforderlich sind, denn nur mit neuester High-End-Gerätetechnik kann man im Wettbewerb bestehen und das Personal halten. In einer Metropolregion wie Hamburg sind die Fachkräfte zum Betrieb einer nuklearmedizinischen Praxis – Ärzte wie MTRAs – begehrt und wenn die technische Ausstattung nicht befriedigend ist, wechseln die Mitarbeiter ohne Probleme in eine andere Stelle“, erklärt der Chefarzt.

Von dem Harburger Kooperationsmodell profitieren aber nicht nur die medizinischen Einrichtungen sondern letztlich auch die Patienten. „Durch die Konzentration der Untersuchungen ergibt sich eine größere Kompetenz, also eine höhere Qualität zum Vorteil der Patienten.“

Megatrends Spezialisierung, Kooperation und Zentralisierung

Die zunehmende Spezialisierung in der Radiologie fordert aber nicht nur neue Ansätze in den Krankenhäusern, sondern wird auch im ambulanten Bereich noch mehr Kooperationen erforderlich machen. Wobei es hier nach Meinung von Gross-Fengels nicht mehr nur um Kooperationen, sondern letztlich um Konzentrationen geht: „Selbst die gängige Gemeinschaftspraxis mit zwei bis drei Ärzten wird sich einem größeren Verbund anschließen müssen. Am Ende wird es in Hamburg nur noch drei bis vier große Praxisverbünde mit verschiedenen Standorten geben, die wirtschaftlich nur dann Sinn machen, wenn derzeitige Standorte aufgegeben werden. Die Zukunft werde einige große Zentren bringen, in denen rund um die Uhr alles vorgehalten wird, kleinere Praxen an den Randbereichen würden dafür aufgegeben werden. Im ambulanten Bereich sei es den Patienten durchaus zuzumuten, etwas längere Wege in Kauf zu nehmen, da sie dafür ja auch Spezialleistungen auf besonders hohem Niveau erhalten würden.


Veranstaltungshinweis

Saal Friedrich
Sa, 19.05., 11:00 - 11:50 Uhr
Sektorenübergreifende Kooperation zwischen KH und Praxis am Beispiel einer im KH platzierten PET-CT Gemeinschaftspraxis
Gross-Fengels W / Hamburg
Session: Management-Workshop: Aktuelle Fragen radiologischer Kooperationen

 

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Im Profil

Prof. Dr. Walter Gross-Fengels hat nach Studium und Promotion in Bonn als wissenschaftlicher Mitar-beiter in Münster, Rotenburg/Wümme und Köln begonnen. 1990 verlieh ihm die Universität zu Köln die Venia legendi für „Klinische Radiologie“. 1992 folgte mit der Ernennung zum Chefarzt der Abteilung für Klinische Radiologie des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Harburg (AKH) der Wechsel in die Elbmetropole.

1998 wurde er Sprecher der Radiologischen Fachgruppe in der Medizinischen Strukturkommission des LBK, seit 1999 leitet er als ärztlicher Direktor das AKH. Im gleichen Jahr erfolgte die Wahl in den ständigen wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Röntgenkongresses, 2008 in den Vorstand der Deutschen Röntgengesellschaft. Gross-Fengels ist der Initiator des Nachwuchsprogramms „Die hellsten Köpfe für die Radiologie“.

 


 

10.05.2012

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