Querschnitt einer Gewebeentnahme aus dem Nervus suralis, einem oberflächlichen...
Querschnitt einer Gewebeentnahme aus dem Nervus suralis, einem oberflächlichen Hautnerv an der Außenseite des Unterschenkels, eines Patienten mit vaskulitischer Polyneuropathie. (A, B) Hämatoxylin-Eosin-Färbung mit ausgeprägter perivaskulärer und die gesamte Gefäßwand umfassender Entzündung. (C, D) CD3-Immunhistochemie zeigt eine dichte T-Zell-Infiltration des Gefäßes. Maßstab: 200 µm (A, C), 100 µm (B, D).

Bildquelle: UKW; © Julia Grüner 

News • Konsortium DECIPHER

Neuropathien: Forscher untersuchen ursachen von chronischem Schmerz

Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro für DECIPHER

In Europa sind fast 40 Millionen Erwachsene von chronischen Nervenschmerzen betroffen. Dieser sogenannte neuropathische Schmerz fühlt sich meist brennend und elektrisierend an und ist für viele Betroffene kaum zu ertragen. Gewöhnliche Schmerzmittel helfen nicht und auch die Wirkung von Medikamenten gegen neuropathische Schmerzen, wie Ionenkanalblocker oder Antidepressiva, ist meist unzureichend. Abgesehen vom Leid der Betroffenen verursachen neuropathische Schmerzen jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe in den europäischen Gesundheitssystemen. 

portraitfoto von Dr. Nurcan Uceyler
Prof. Dr. Nurcan Üçeyler und ihre Arbeitsgruppe am Uniklinikum Würzburg verfolgen einen translationalen Ansatz in der Neurologie und den Neurowissenschaften. Im neuen, im Rahmen des europäischen ERA-Net NEURON geförderten Projekt DECIPHER sind sie entsprechend dual eingebunden.

Bildquelle: UKW; © Brigitte May

ERA-NET NEURON, ein strukturiertes EU-Netzwerk zur Koordination der neurowissenschaftlichen Forschung in Europa, sucht nach Ursachen und neuen Behandlungsansätzen. Im sogenannten Joint Translational Call (JTC) „Interdisciplinary approaches to the neuroscience of pain“ wurden multidisziplinäre Projekte ausgeschrieben, in denen mindestens drei Partner aus mindestens drei unterschiedlichen europäischen Ländern sowohl neurologische, biologische als auch psychologische und soziale Komponenten von chronischem Schmerz untersuchen – von der Grundlagenforschung bis hin zu klinischen Studien. 

Für Prof. Dr. Nurcan Üçeyler ist dies die perfekte Gelegenheit, ihre Forschung im Verbund eines schlagkräftigen EU-Konsortiums und gemeinsam mit ihrem Team vertieft fortzusetzen. Die Neurologin und leitende Oberärztin der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) befasst sich seit Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn mit der Frage nach der Pathophysiologie von Neuropathien der groß- und kleinkalibrigen Nervenfasern sowie der Entstehung von neuropathischem Schmerz – im translationalen Ansatz sowohl klinisch als auch grundlagenwissenschaftlich. „Das Projekt unseres neuen Konsortiums DECIPHER ist der logische nächste Schritt meiner Arbeit“, sagt sie. Und diesen Schritt kann Nurcan Üçeyler nun gehen. 

Das Konsortium, bestehend aus Prof. Nurcan Üçeyler, Prof. Franziska Denk (Wolfson Sensory, Pain and Regeneration Centre (SPaRC), School of Neuroscience, King’s College London, Großbritannien), Dr. Mateusz Kucharczyk (Łukasiewicz Research Network – PORT, Polish Center for Technology Development, Cancer Neurophysiology Group, Wrocław, Polen), Prof. Caroline Ospelt (Zentrum für Experimentelle Rheumatologie, Universitätsklinikum Zürich, Schweiz) und Prof. Fatma Yeşim Parman (Neurologische Klinik, Universität Istanbul, Türkei), konnte die Auswahlkommission überzeugen. DECIPHER erhält insgesamt rund 1,5 Millionen Euro, um die Rolle der stromalen Zellen mit dem Oberflächenprotein CD90+ bei neuropathischen Schmerzen zu entschlüsseln. 

Stromale CD90⁺-Zellen sind eine bestimmte Art von Bindegewebszellen, die vor allem bei Verletzungen im Körper aktiv werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei neuropathischen Schmerzen, also Schmerzen, die durch geschädigte Nerven entstehen. So sind sie beispielsweise an der Bildung von Narbengewebe rund um den verletzten Nerv beteiligt. Dies kann dazu führen, dass der Nerv dauerhaft gereizt bleibt. Stromale CD90⁺-Zellen können nach einer Nervenschädigung aber auch entzündliche Stoffe freisetzen, die die Nerven empfindlicher machen. „In unserem Konsortium konzentrieren wir uns auf genau diese ausgeschütteten schmerzauslösenden Substanzen, die möglicherweise neuropathische Schmerzen bei Neuropathien verursachen beziehungsweise unterhalten“, erläutert Nurcan Üçeyler. Was genau liegt dem Nervenschmerz bei Neuropathien zugrunde? Warum leiden manche Patienten bei gleicher Ursache unter Schmerzen, während andere schmerzfrei bleiben? 

Genau diese Fragen möchte das Konsortium unter Leitung von Franziska Denk mithilfe eines translationalen Ansatzes beantworten, bei dem die Bereiche Klinik, mehrdimensionale humane Zellkultursysteme und tierexperimentelle Forschung miteinander verzahnt werden. Ziel ist es, neue Ansatzpunkte für die Behandlung Neuropathie-assoziierter Schmerzen zu erarbeiten. 

Wie sieht der Beitrag aus Würzburg aus? Die Arbeitsgruppe von Nurcan Üçeyler bringt auf der klinischen Seite Studienpatienten ein und stellt die umfassenden Charakterisierungen des Krankheitsbildes sowie wertvolles Patienten-eigenes Biomaterial bereit. Dies bildet die Grundlage des Projekts. Parallel dazu entwickelt ihr grundlagenwissenschaftliches Team patienteneigene, stammzellbasierte 2D-Nervenzellkulturen. Diese werden mikroskopisch, elektrophysiologisch und molekularbiologisch analysiert. „Diese Zellmodelle und Methoden stellen wir allen Partnern im Konsortium zur gemeinsamen Erforschung zur Verfügung. „Durch die komplementäre Verknüpfung von klinischen Daten, humanen in vitro 2D / 3D Kulturen und Organoiden, sowie in vivo und in vitro tierexperimentellen Ansätzen bringen wir in unserem Konsortium alle nötigen Techniken auf höchstem Niveau zusammen. Die gewonnenen Erkenntnisse können wir auf Basis solider klinischer Charakterisierung sinnvoll interpretieren und für unsere Patienten gewinnbringend einsetzen“, so Üçeyler. Zudem sei die Einbindung von Patienten für das Konsortium sehr wichtig. So wird DECIPHER unter anderem von der Selbsthilfeorganisation SchmerzLOS e. V. unterstützt. Der Verein war bereits in die Projektplanung eingebunden und wird während der gesamten Projektlaufzeit beratend aktiv sein, um die Perspektive und Bedürfnisse der Patienten im Fokus zu behalten. 


Quelle: Universitätsklinikum Würzburg 

25.11.2025

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