Artikel • Fit für den Facharzt

Mukoviszidose - ein Fall für den MRT

Zwar zählt die Mukoviszidose zu den häufigsten schweren Erbkrankheiten, im Radiologenalltag ist die Erkrankung trotzdem eher eine Seltenheit. Dr. Mark Wielpütz, Funktionsoberarzt der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, kennt die Besonderheiten der Krankheit und deren Diagnostik.

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Dr. Mark Wielpütz

Die Mukoviszidose betrifft eine Vielzahl von Organen. Was die Lebenserwartung der Betroffenen jedoch limitiert, sind die Ausprägungen der Erkrankung in der Lunge: In den stark ausgesackten Bronchien lagert sich zähflüssiger Schleim, der nur schwer abgehustet werden kann und einen Nährboden für Bakterien bildet, die wiederum zu permanenten Entzündungen führen. „Es gibt jedoch viele unterschiedliche Mutationen und Schweregrade der Mukoviszidose, sodass fast keine Erkrankung der anderen gleicht“, so Mark Wielpütz. Die MRT ist mittlerweile auch ein probates Mittel für die Beurteilung des Schweregrads der Erkrankung in der Lunge ist und dass sie wichtige Informationen über die Lungenfunktion liefert.

Um die Schwere und die Ausprägung zu beurteilen, standen lange Zeit nur die Möglichkeiten des Röntgens zur Verfügung – mit allen Einschränkungen, die das Verfahren bei der Lunge mit sich bringt. Allen voran die nicht überlagerungsfreie Darstellung mit geringer Sensitivität für Atemwegsveränderungen. Die Computertomographie überwindet diese Mängel und sorgt für messerscharfe, überlagerungsfreie Bilder, mithilfe derer Schleimverlegungen, Bronchiektasen oder auch Lungenentzündungen einwandfrei identifiziert werden können. „Allerdings“, so Mark Wielpütz, „spielt die Strahlenexposition bei Patienten mit Mukoviszidose eine wichtige Rolle. Meistens einmal jährlich findet eine Untersuchung zur Überprüfung des Status statt, viele Patienten müssen eher mehrmals jährlich untersucht werden. Bei einer Lebenserwartung, die mittlerweile glücklicherweise bei etwa 50 Jahren liegt, kommt da eine signifikant hohe Strahlenbelastung zusammen.“

Die Stärken der MRT für die Beurteilung der Lunge nutzen

Eine Darstellung der Lunge mittels MRT war lange Zeit ausgeschlossen und ist auch heute nur limitiert möglich – der geringe Gewebeanteil in der Lunge bildet nur wenig Signal für die MRT, das durch die Luft noch gestört wird. Schleim und Entzündung allerdings bieten ein hohes Signal. „Mehrere Arbeiten aus Heidelberg konnten zeigen, dass die MRT bei der Beurteilung der Mukoviszidose durchaus ihre Berechtigung hat. Wir sehen vielleicht nicht die ganze Lunge gestochen scharf. Dafür aber die krankhaften Veränderungen in der Lunge, beispielsweise die Schleimverlegungen und Bronchialwandverdickungen. Darüber hinaus gibt uns die MRT Informationen über die Durchblutung der Lunge. Da die Lungendurchblutung eng mit der Belüftung verknüpft ist, zeigt sich eine zunehmende Verstopfung von Atemwegen auch über eine Verschlechterung der Lungendurchblutung“, so der Radiologe.

In Heidelberg wird die MRT mittlerweile routinemäßig zur Erfassung des Schweregrads der Erkrankungen und zum Follow-up einmal jährlich ab Geburt eingesetzt. Die Untersuchung findet unter Gabe von Kontrastmitteln statt, die meisten der modernen MRT-Geräte verfügen bereits über ein Programm zur Lungenbildgebung. Mark Wielpütz: „Technisch betrachtet ist die Untersuchung kein Problem. Man muss jedoch wissen, was man auf den Bildern sehen kann und welche Schlüsse daraus gezogen werden können. Und genau das möchten wir in der ‚Fit für den Facharzt‘-Session vermitteln.“

So positiv die Erfahrungen mit der MRT bei der Mukoviszidose auch sind, gänzlich verzichten können die Mediziner nicht auf die CT. Bei Notfällen, Lungenblutungen oder akuten Lungenembolien ist sie nach wie vor der Goldstandard.


PROFIL:
Dr. Mark Wielpütz absolvierte sein Medizinstudium an der Universität Erlangen-Nürnberg und an der University of Sydney in Australien. Im Jahr 2009 erlangte der jetzt 32-Jährige seinen Doktortitel, seit 2013 ist er Funktionsoberarzt der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Universitätsklinik in Heidelberg. Hier beschäftigt er sich auch intensiv mit der Erforschung der Bildgebung der Lunge. Auf dem diesjährigen European Congress of Radiology (ECR) erhielt er den Preis für die beste wissenschaftliche Arbeit.

26.11.2014

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