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Künstliche Befruchtung: Die Rolle des Blutdrucks
Seit Jahrzehnten wird erhöhter Blutdruck mit lebensverkürzenden Krankheiten wie chronische Nierenerkrankung, koronare Herzkrankheit und Schlaganfall in Verbindung gebracht.
In einer großen Studie von Wissenschaftlern des größten Zentrums für In-Vitro-Fertilisation in China (Reproductive and Genetic Hospital von CITIC-Xiangya) und Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) wurde erstmals gezeigt, dass der Blutdruck auch den Erfolg der künstlichen Befruchtung beeinflusst. Die Forscher veröffentlichten ihre Erkenntnisse im Journal Fertility & Sterility.
„Dies gilt offenbar nicht nur für einen Blutdruck, den wir gemäß den aktuellen Richtlinien als Bluthochdruck bezeichnen, sondern auch für Frauen, die zu Beginn der Schwangerschaft einen als normal oder hochnormal bezeichneten Blutdruck haben“, betont Professor Dr. Berthold Hocher, Leiter der Arbeitsgruppe für experimentelle und translationale Nephrologie an der V. Medizinischen Klinik der UMM. In der Reproduktionsmedizin war dies bisher nicht bekannt und ist entsprechend bei der Therapie von unfruchtbaren Frauen nicht berücksichtigt worden.
Es wäre interessant zu wissen, ob die Ergebnisse dieser Studie auch für Frauen gelten, die auf natürlichem Wege schwanger werden
Bernhard Krämer
Die Studie umfasste mehr als 73.000 Frauen, die sich im Reproductive and Genetic Hospital von CITIC-Xiangya erstmals einer reproduktionsmedizinischen Behandlung – In-vitro-Fertilisation (IVF) oder intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) – unterzogen. Außer dem Ereignis der Geburt eines Babys („Lebendgeburt“), wurden auch sogenannte sekundäre Endpunkte wie die Schwangerschaftsrate sowie die Rate an Eileiterschwangerschaften und Fehlgeburten erfasst.
Die Studie zeigt: Ein höherer systolischer Blutdruck (SBP) zu Beginn der Schwangerschaft, der aber nach den derzeitigen gültigen Diagnosekriterien als normal gilt, verringerte die Chance auf ein Baby. Für den diastolischen Blutdruck (DBP) fand man keinen Hinweis auf eine entsprechende Korrelation. Hingegen waren höherer SBP und DBP mit höheren Risiken für Fehlgeburten in den ersten Schwangerschaftsmonaten, mit Schwangerschaftsdiabetes mellitus und mit Schwangerschaftshypertonie verbunden.
Die Beobachtung, dass in einer Untergruppe von Frauen mit Hypertonie – entsprechend den derzeitigen Kriterien – die Geburtenrate um 5,4% niedriger war als bei Frauen mit normalem Blutdruck, stimmt mit früheren Studien zu Blutdruck und Geburtsereignissen überein. „Es wäre interessant zu wissen, ob die Ergebnisse dieser Studie auch für Frauen gelten, die auf natürlichem Wege schwanger werden“, konstatiert Professor Dr. Bernhard Krämer, Direktor der V. Medizinischen Klinik. „Denn dies würde bedeuten, dass die Blutdruckrichtlinien, die in den letzten Jahrzehnten anhand von Daten zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgelegt wurden, für Frauen mit Kinderwunsch überdacht werden müssten.“
Quelle: Universitätsmedizin Mannheim
06.06.2024