Bildquelle: TU Darmstadt
News • Reduzierung von Nebenwirkungen
Krebstherapie: Antikörper, die sich erst am Tumor 'scharf schalten'
Auf therapeutischen Antikörpern ruht eine große Hoffnung der Krebstherapie. Forschende der TU Darmstadt und der Firma Merck haben einen Weg gefunden, Antikörper erst am Tumor selbst zu aktivieren.
So werden unerwünschte Nebenwirkungen in gesundem Gewebe vermieden. Die Ergebnisse der Forschung wurden in der Fachzeitschrift „Frontiers in Immunology“ veröffentlicht.
Antikörper sind seit Jahrzehnten insbesondere für die Behandlung zahlreicher schwerer Erkrankungen im Einsatz. Erst im Mai 2021 wurde das hundertste Antikörper-Medikament von der US-amerikanischen Food and Drug Administration zur klinischen Anwendung zugelassen. Maßgeschneiderte Antikörper sind derzeit große Hoffnungsträger in der Tumortherapie. Sie erkennen spezifisch Tumorzellen und rekrutieren damit Abwehrzellen des Immunsystems, welche Tumorzellen aufspüren und vernichten können. Dazu tragen diese Immunzellen sogenannte Fc-gamma-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche, mit denen sie an die Tumorzellen gebundene therapeutische Antikörper erkennen können. „Allerdings kann diese Rezeptor-vermittelte Interaktion auch zu ungewollten Nebenwirkungen des Antikörperwirkstoffs führen und auch im gesunden Gewebe eine Immunreaktion auslösen“, so Professor Harald Kolmar von der Arbeitsgruppe Angewandte Biochemie am Fachbereich Chemie der Technischen Universität Darmstadt.
Mechanismus macht den Tumor zum ungewollten Komplizen
„Das Ziel unserer Arbeit war es, einen Weg zu finden, die Immunstimulation des Antikörpers vorübergehend zu blockieren und diese erst unmittelbar am Tumor zu aktivieren. Diese neuartige Technologie basiert auf der gezielten Blockade des Antikörpers mit einem Protein, das wie ein Deckel auf dem Antikörper sitzt und dadurch dessen Wechselwirkung mit Immunzellen verhindert. Durch Enzyme, die von den Tumorzellen selbst hergestellt werden, kann der Proteindeckel dann abgespalten und der Antikörper dadurch reaktiviert werden.“
Insbesondere sollte das Prinzip generell einsetzbar und auf die meisten therapeutischen Antikörper für die Krebstherapie in gleicher Weise anwendbar sein. Um zu zeigen, dass dies möglich ist, wendete der Doktorand Adrian Elter das Konzept auf zwei verschiedene therapeutische Antikörper an, von denen einer für die Behandlung von Brustkrebs und der andere für die Therapie von Leukämien zugelassen ist. „Wir konnten mit Immunzellen von Blutspendern zeigen, dass in beiden Fällen der Antikörper erst nach Spaltung durch die Tumor-assoziierten Enzyme aktiviert wird und somit eine kontrollierbare Medikation mit potentiell reduzierten Nebenwirkungen möglich wird", resümiert Elter die Ergebnisse seiner Doktorarbeit.
Die Idee zum Projekt geht zurück auf den „Merck Innovation Cup“ bei dem Studierende aus der ganzen Welt zu einem Summer Camp bei Merck eingeladen werden und unter Anleitung von erfahrenen Merck-Forschern eigene Ideen zu einem kompletten innovativen Projektplan ausarbeiten. „Wir freuen uns sehr über die Erfolge der beim Merck Innovation Cup ausgearbeiteten Ideen, die wir schon mehrfach sehr erfolgreich in Zusammenarbeit mit Prof. Kolmar von der TU Darmstadt validieren konnten“, so Ulrich Betz, Vice President Innovation bei Merck.
Quelle: TU Darmstadt
18.08.2021