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Artikel • Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Klimaschutz im Krankenhaus beginnt im Kleinen

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind auch im Gesundheitswesen Themen, die in den letzten Jahren verstärkt in den Mittelpunkt gerückt sind. Doch der erste Schritt auf dem Weg zum ‚grünen‘ Krankenhaus ist nach Meinung von Prof. Dr. Jochen Werner zunächst ein komplett digitalisiertes Krankenhaus. Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende der Universitätsmedizin Essen wurde in dieser Hinsicht im Rahmen einer Diskussionsrunde auf der diesjährigen Medica in Düsseldorf sehr deutlich: „Der Staat hat es versäumt, ein Gesamtkonzept zur Digitalisierungsoffensive zu formulieren. Dies wäre jedoch die notwendige Basis zur Weiterentwicklung und Sicherung von Medizin, Gesundheitswesen und Gesellschaft.“

Artikel: Sonja Buske

portrait of Jochen Werner
Prof. Dr. Jochen A. Werner

Bildquelle: Ralf Schultheiss, Prof. Dr. Jochen A. Werner, CC BY-SA 3.0 DE

„Die großen Zukunftsfragen wie Dekarbonisierung, demografischer Wandel, Migration und Fachkräftemangel werden ohne Digitalisierung nicht gelöst werden können“, fuhr Werner fort. „Digitalisierung ist eine für die Zukunft der Gesellschaft unverhandelbare Grundlage.“ Er betonte, dass eine Umstrukturierung des deutschen Krankenhaussystems unabdingbar sei. Die stetig steigende Zahl an alten und kranken Menschen, bei gleichzeitig sinkender Zahl an Pflegekräften müsse zwangsläufig dazu führen, dass Kliniken zentralisiert und Betten abgebaut werden. „Nur so kann der Fachkräftemangel bewältigt werden“, ist sich Werner sicher. Weniger Betten würden im Gegenzug auch dazu führen, dass die Umwelt entlastet wird. Aktuell belaste das deutsche Gesundheitswesen die Umwelt mit 5,2 Prozent der CO2-Emissionen. Thomas Ballast, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Techniker Krankenkasse, blies in das gleiche Horn: „Ein Krankenhausbett verbraucht so viel Energie wie vier Einfamilienhäuser.“

Keine Bestandsgarantie für Krankenhäuser

In Nordrhein-Westfalen ist man laut Werner inzwischen auf einem guten Weg, in Bayern hingegen wurde im letzten Koalitionsvertrag eine Bestandsgarantie für Krankenhäuser festgehalten. „Der Verzicht auf die Schließung von Krankenhausbetten und Krankenhäusern macht die Gesellschaft und die Umwelt krank“, betonte Werner. Er selbst konnte in seinem Klinikum Mitarbeiter gewinnen, die sich zusätzlich zu ihrer Arbeitszeit freiwillig und ohne finanziellen Ausgleich in einem Nachhaltigkeitsteam engagieren.

portrait of Sebastian Wibbeling
Dr. Sebastian Wibbeling

Bildquelle: Fraunhofer IML

Ökostrom, Fahrradparkplätze, Dienstrad-Leasing, E-Mobilität oder Narkosegas-Recycling sind nur einige Themen, für die sich die Mitarbeiter einsetzen. Dr. Sebastian Wibbeling vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML ist sich sogar sicher, dass 25 Prozent der Energiekosten durch die Mitarbeiter beeinflussbar sind, zum Beispiel schon durch ganz einfache Maßnahmen wie intelligentes Lüften, niedrigere Temperaturen oder konsequentes Ausschalten des Lichts beim Verlassen eines Raums. Aber: Die Mitarbeiter müssen dazu motiviert werden und müssen auch sehen, dass der Klimaschutz in allen Bereichen ernst genommen wird. Das Bewusstsein müsse auf oberster Leitungsebene vorhanden sein und von dort weitergegeben werden.

Ökologisch wertvolle Produkte und Menüs

Verbesserungspotenzial sieht der Logistiker zuhauf. So würde er die Mitarbeiter im Einkauf in die Pflicht nehmen, nach der Ökobilanz eines Produktes zu fragen. Auch die Speisenversorgung gehört seiner Meinung nach ökologisch auf den Prüfstand: „Warme Gerichte werden heutzutage runtergekühlt, um dann später auf der Station wieder aufgewärmt zu werden. Vielleicht müssen wir hier wieder einen Schritt zurück gehen und warmes Essen auch warm servieren.“ Bei der Menüabfrage könnte schon ein einfacher Trick helfen, ökologisch wertvollere Gerichte beliebter zu machen: Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass vegetarische Menüs häufiger gewählt werden, wenn sie sich ganz oben in der Liste befinden. Um herauszufinden, ob dahinter mehr als nur Zufall steckt, werden jedoch verlässliche Daten benötigt, die aktuell nicht vorliegen. Alle Beteiligten der Medica-Diskussionsrunde waren sich jedoch einig, dass die Zeit nicht da ist, um auf diese Daten zu warten. Man müsse jetzt im Kleinen anfangen, da die verlorene Zeit sonst nicht aufgeholt werden könne.

17.12.2022

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