MRT-Bild des Herzens, überlagert mit roten 3D-Balken aus einer KI-Analyse
Die künstliche Intelligenz wertet MRT-Bilder des Herzens aus und fokussiert dabei auf bestimmte Bildinhalte, um zu ihrem Ergebnis zu gelangen. Hier wird der Bereich um die Mitralklappe besonders in Augenschein genommen, um hier die Druckverhältnisse während der Herzfüllung abzuschätzen.

Bildquelle: DZHK; Bild: Meder

News • Studie deckt Potenzial auf

Wie KI die Kardio-Diagnostik präziser machen kann

Herzschwäche ist ein zunehmendes Problem, bis zu 2,5 Millionen Menschen leiden alleine in Deutschland an dieser Erkrankung. Für eine optimale Behandlung sollte für jeden Patienten herausgefunden werden, was die Erkrankung ausgelöst hat und welche Medikamente den besten Effekt haben werden.

Ärzte nutzen dafür verschiedene Untersuchungen und messen im Herzkatheter wichtige Parameter des Herzens. Wissenschaftler mehrerer deutscher Forschungsinstitutionen haben nun neue KI-Methoden entwickelt, die differenzierte Diagnosen und funktionelle Messungen anhand von MRT-Aufnahmen des Herzens ermöglichen. Sie berichten darüber in Lancet Digital Health.

Portraitfoto von Benjamin Meder
Der Heidelberger Herzmediziner Prof. Benjamin Meder forscht unter anderem zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im klinischen Alltag.

Bildquelle: Universitätsklinikum Heidelberg

Letztautor Prof. Benjamin Meder vom Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD, Prof. Dr. N. Frey) ist Sprecher von Informatics for Life* und Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Beteiligt waren weiter Teams der Universitätsklinik Ulm (Prof. Dr. W. Rottbauer) und des Robert Bosch Klinikums Stuttgart (Prof. Dr. R. Bekeredjian). 

„Unsere KI kann das Fachwissen und die Erfahrung von Experten, die viele Herzschwäche-Patienten behandeln, in die klinische Breite bringen. Ärzte erhalten in Zukunft deutlich mehr maschinelle Unterstützung, um Herzinsuffizienz rechtzeitig und genau zu diagnostizieren", erklärt Meder. Die KI kann zum Beispiel den Füllungsdruck in den Herzkammern anhand von MRT-Aufnahmen bestimmen, wodurch bestimmte invasive Untersuchungen in Zukunft überflüssig werden könnten. Eine präzisere Diagnose ermöglicht eine gezieltere Behandlung und könnten so auch die Gesundheitskosten senken. 

„Wir forschen an diagnostischen Lösungen, die sehr herausfordernd sind", sagt David Lehmann, KI-Forscher aus dem Team von Meder. Das Team hat es unter anderem geschafft, dass die KI nur ein einziges MRT-Bild für eine genaue Diagnose benötigt, anstatt vieler verschiedener sogenannter Sequenzen. Solch schnelle Untersuchungen könnten Engpässen bei der MRT-Diagnostik entgegenwirken und damit die Methode für deutlich mehr Patienten zugänglich machen. Die KI kann Arbeitsabläufe verbessern, indem sie den Zeitaufwand für Experten und medizinisch-technisches Personal im Diagnoseprozess verringert, dem Patienten die Untersuchung erleichtert und die Ablesung wichtiger physiologischer Parameter allein auf Basis nicht-invasiver Bildgebung ermöglicht.

Wir können in Deutschland auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Privatsphäre modernste KI-Systeme entwickeln und in den Alltag integrieren

Benjamin Meder

Das Forscherteam legte großen Wert auf die Generalisierbarkeit der KI, damit sie nicht nur in Heidelberg, sondern auch in anderen Kliniken funktionieren wird. Durch ein multizentrisches Studiendesign wurden dementsprechend heterogene Daten, also Daten von verschiedenen Geräten und Untersuchungsprotokollen, berücksichtigt. „Es ist wichtig, dass klinische Zentren bei solchen Fragestellungen zusammenarbeiten. Das DZHK stellt dafür geeignete Infrastrukturen bereit", betont Prof. Norbert Frey, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am UKHD. Durch Untergruppenanalysen wurde sichergestellt, dass die KI unabhängig vom Alter oder Geschlecht der Patienten funktioniert. 

Gesundheitsdaten unterliegen in Deutschland strengen Datenschutzgesetzen. Alle Datenanalysen fanden auf lokalen Servern in Heidelberg statt. Die Forschungsarbeiten zur KI sind abgeschlossen, jedoch muss die Software noch gemäß dem Medizinproduktegesetz zertifiziert werden, bevor sie vertrieben werden kann. Die Forscher um Meder planen, ihre KI auch auf andere Fragestellungen anzuwenden, beispielsweise zur Erfassung zusätzlicher Parameter aus einem Elektrokardiogramm (EKG). „Wir können in Deutschland auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Privatsphäre modernste KI-Systeme entwickeln und in den Alltag integrieren“, ergänzt Meder. 

*Informatics for life ist eine interdisziplinäre Allianz von Herz-Kreislauf-Medizinern und Informatikern der Universität Heidelberg, des Universitätsklinikums Heidelberg und des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien. Die von der Klaus Tschira Stiftung geförderte Initiative will mit ihren Projekten die angewandte Medizin mit der digitalen Medizin sowie dem maschinellen Lernen verbinden.


Quelle: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung

06.07.2024

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