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News • Sensoren, Stimulatoren, Stammzellen

Innovative Technologien für die Parkinson-Therapie vorgestellt

App-gestützte Sensoren, Rückenmarkstimulatoren und Stammzelltransplantationen könnten in Zukunft die Therapie von Menschen mit Parkinson weiter verbessern.

Anlässlich des Deutschen Kongresses für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) 2024 in Rostock stellte Prof. Dr. Alexander Storch, 2. Vorsitzender der DPG und Kongresspräsident 2024, vielversprechende Ansätze vor, die an der Schwelle stehen zu weitergehenden klinischen Forschungsaktivitäten. So könnten beispielsweise Neuroprothesen bald die Parkinson-typischen Gangstörungen verbessern. Die Forschungsergebnisse zur Stammzelltherapie bei Parkinson sind ermutigend. Auch adäquate Monitoring-Strategien, die eine lückenlose Dokumentation und objektive Einordnung von Parkinson-Symptomen ermöglichen, stehen im Fokus der Forschung. „Weitere Studien zu App-gestützten Sensoren und benutzerfreundlichen Wearables könnten hier eine fundierte Basis schaffen, die sowohl für Forschungsaktivitäten als auch für die Versorgung nützlich wären“, schilderte Prof. Storch.

Im Laufe der Zeit entwickeln etwa 50% der Menschen mit Parkinson nach fünf Jahren und sogar 90% nach zehn Jahren motorische und nicht motorische Symptomschwankungen unter einer konventionellen oralen Levodopa-Therapie. „Das Erfassen solcher Schwankungen in Relation zur Medikamenteneinnahme könnte zur Optimierung der Therapie beitragen“, so die Einschätzung von Prof. Storch, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Rostock. Allerdings könnten bisherige Monitoring-Strategien zur Dokumentation des funktionalen Status, wie Tagebücher, Befragung der Patient:innen und ärztliche, lückenhaft sein. Daher untersuchte Storch in seiner Arbeitsgruppe im Rahmen einer prospektiven Studie (VALIDATE-PD), inwiefern eine sensorgestützte, kontinuierliche Dokumentation motorische Fluktuationen bei fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung genauer erfasst als simultane Tagebuchdokumentationen von Betroffenen und Behandelnden. Die Dokumentation erfolgte mit einem Akzelerometer-System, einem kleinen Gerät ähnlich einer Smartwatch, um über einen bestimmten Zeitraum Daten zu sammeln. Das Ausmaß der Übereinstimmungen zwischen den Ergebnissen des Akzelerometer-Systems und den Tagebuchbewertungen über 2 Tage hinweg wurde statistisch ausgewertet.1 „In unserer Arbeit konnten wir eine moderate Validität für die Detektion von motorischen Off-Phasen und dyskinetischen Phasen über den Verlauf eines Tages dokumentieren. Für die Erkennung plötzlicher und unerwarteter motorischer Schwankungen waren die Ergebnisse hingegen schwächer.“

Grafische Zusammenfassung der Anwendungsstudie, bei der ein am Handgelenk...
Grafische Zusammenfassung der Anwendungsstudie, bei der ein am Handgelenk getragener Beschleunigungsmesser hilft, die motorischen Einschränkungen bei Parkinson-Patienten zu analysieren.

Bildquelle: Löhle M et al., npj Digital Medicine 2023 (CC BY 4.0)

Weitere Untersuchungen mit anderen Wearables bei Menschen mit Parkinson erzielten ähnliche Ergebnisse mit milden bis moderaten Korrelationen zum Monitoring der Motorik, lediglich Tremor wird durch die meisten verfügbaren Wearables mit einer guten Validität im Vergleich zur klinischen Bewertung detektiert.2 „Viele der am stärksten belastenden Parkinson-Symptome lassen sich allerdings noch nicht mit Wearables über alle Krankheitsstadien hinweg adäquat überwachen“, schlussfolgerte Storch. Daher sei hier noch weitere Forschung vonnöten.

Beide Ansätze deuten darauf hin, dass technologiebasierte Lösungen in Zukunft einen Wendepunkt in der Behandlung des Freezing of Gait einleiten werden

Alexander Storch

Erfreulich sind die ersten Erkenntnisse zur Implantation von epiduralen Elektroden (epidurale elektrische Stimulation, EES) bzw. einer Neuroprothese bei schweren Gangstörungen, wie Freezing of Gait. Die TEES (Targeted Epidural Spinal Stimulation) wurde anhand eines Primaten-Modells entwickelt und nun erstmals an einem 61-jährigen Parkinson-Patienten untersucht. Dieser Patient war bereits seit 30 Jahren an Parkinson erkrankt und entwickelte im Laufe der Zeit unter anderem ein schweres Freezing of Gait, das mehrfache Stürze pro Tag provozierte.3 

Zur Reduktion seiner schweren motorischen Symptomlast wurden die TEES und etablierte Verfahren wie eine Tiefe Hirnstimulation im Nucleus subthalamicus angesetzt und seine dopaminerge Medikation optimal ausgeschöpft. „Mit diesem kombinierten Ansatz konnten wesentliche Gangparameter gebessert bis normalisiert werden. Seine Sturzfrequenz sank dramatisch, was sich ebenfalls positiv auf die Lebensqualität auswirkte. Die Symptome des Freezing of Gait waren mit TEES nahezu verschwunden“, zitierte Storch.3,4 

Aktuell läuft eine größere Studie (STIMO-PARK, NCT04956770) zur Wirksamkeit der TEES über einen Follow-up-Zeitraum von drei Jahren. „Die Ergebnisse aus STIMO-PARK werden mit Spannung erwartet, da das Verfahren möglicherweise den bestehenden hohen therapeutischen Bedarf bei Freezing of Gait adressieren könnte“, kommentierte Storch. 

In Bezug auf Freezing of Gait wird aktuell ein weiterer, roboterassistierter Ansatz mit soften Prothesen untersucht. In einer Proof-of-Concept-Studie mit einem Parkinson-Probanden (männl., 73 Jahre alt) wurden relevante Verbesserungen der Gangquantität und -qualität über mehrere Tage hinweg beobachtet.5 „Beide Ansätze deuten darauf hin, dass technologiebasierte Lösungen in Zukunft einen Wendepunkt in der Behandlung des Freezing of Gait einleiten werden“, schlussfolgerte Storch.

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Restaurative Therapien mittels Stammzelltransplantation erleben bei Parkinson laut Einschätzung von Storch derzeit eine Renaissance. Darunter scheinen Ansätze mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs, Induced pluripotent stem cells) und insbesondere embryonalen Stammzellen die aussichtsreichsten Zellquellen zu sein. Als einen der klinisch am weitesten fortgeschrittenen Kandidaten für eine pluripotente Stammzelltherapie nannte der Experte Bemdaneprocel. Bisherige Ergebnisse aus einer Phase-I-Studie (NCT04802733) mit einer Nachbeobachtungszeit von mittlerweile 18 Monaten sind nach seiner Einschätzung ermutigend. In Bezug auf die Sicherheit wurde Bemdaneprocel bei allen 12 Probanden mit Parkinson in niedriger und hoher Dosis gut vertragen. Zudem konnte die OFF-Zeit reduziert und die ON-Zeit gesteigert werden, ohne dass Dyskinesien auftraten. „In der Hochdosis-Kohorte wurden die größten Effekte zur Reduktion der OFF-Zeit erzielt“, ergänzte Storch. Eine Phase-II-Studie zur weiteren klinischen Untersuchung von Bemdaneprocel wird noch in diesem Jahr mit der Rekrutierung von Studienteilnehmern beginnen. „Somit könnte Bemdaneprocel zu einem realistischen Ansatz in der Stammzelltherapie avancieren, sofern sich die bisherigen Ergebnisse reproduzieren lassen“, so das Fazit von Storch.6 

Literatur: 

  1. Löhle M, Timpka J, Bremer A et al. Application of single wrist-wearable accelerometry for objective motor diary assessment in fluctuating Parkinson’s disease. npj Digit. Med. 6, 194 (2023). 
  2. Lipsmeier F, Taylor KI, Postuma RB et al. Reliability and validity of the Roche PD Mobile Application for remote monitoring of early Parkinson's disease. Sci Rep. 2022;12(1):12081. Published 2022 Jul 15. 
  3. Milekovic T, Moraud EM, Macellari N et al. A spinal cord neuroprosthesis for locomotor deficits due to Parkinson’s disease. Nat Med 29, 2854–2865 (2023).
  4. Mizrahi-Kliger A, Ganguly K. Spinal stimulation for unfreezing gait in Parkinson’s disease. Nat Med 29, 2713–2715 (2023).
  5. Kim J, Porciuncula F, Yang HD et al. Soft robotic apparel to avert freezing of gait in Parkinson’s disease. Nat Med 30, 177–185 (2024).
  6. BlueRock Therapeutics: Phase I clinical trial for Parkinson’s disease continues to show positive trends at 18 months


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen

25.04.2024

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