Individuelle Schmerzempfindlichkeit spiegelt sich in Gehirnfunktion wider

Dass die funktionelle Vernetzung im Gehirn das subjektive Schmerzempfinden beeinflusst, konnte PD Dr. Markus Ploner aus der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der TU München in einem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford zeigen.

Wie und wie intensiv ein Mensch Schmerzen empfindet, ist in höchstem Maße subjektiv: Der objektiv gleiche Schmerzreiz wird von verschiedenen Menschen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten ganz unterschiedlich wahrgenommen. Markus Ploner und seine Kollegen untersuchten nun die Gehirnaktivität, die diesen Unterschieden zugrunde liegt. Sie konnten zeigen, dass die Vernetzung bestimmter Gehirnareale untereinander dafür verantwortlich ist, wie empfänglich jemand für einen voraussichtlichen Schmerzreiz ist. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) zeichneten sie die Gehirnaktivität von Personen auf, die potentiell schmerzhafte Hitzereize empfingen. Sie betrachteten dabei insbesondere die Gehirnaktivität in dem Zeitraum kurz vor dem erwarteten Schmerzreiz.

Markus Ploner erläutert: "Unsere Untersuchung ergab, dass ein Reiz mit geringerer Wahrscheinlichkeit als schmerzhaft empfunden wird, wenn eine bestimmte Region der Hirnrinde und der Hirnstamm kurz vor dem Schmerzreiz enger vernetzt sind. Ist die Vernetzung geringer, ist auch das Schmerzempfinden größer." Die Forscher konnten zudem zeigen, dass auch individuelle Persönlichkeitsmerkmale wie Ängstlichkeit oder Aufmerksamkeit gegenüber dem Schmerz mit dem Grad der Vernetzung korrespondieren. Ploner: "Bei ängstlicheren Personen konnten wir zum Beispiel eine schwächeren Einfluss der Vernetzung in der Phase kurz vor dem Schmerzreiz feststellen. Die Studie belegt somit, dass es unterschiedliche "Schmerzpersönlichkeiten" gibt und dass sich diese Unterschiede in der funktionellen Vernetzung des Gehirns manifestieren."

Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht ("Prestimulus functional connectivity determines pain perception in humans", http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0906186106 ).

02.12.2009

Mehr aktuelle Beiträge lesen

Verwandte Artikel

Photo

News • Von Farbklecksen zu Feinheiten

Helfer für die Hirnforschung: Neuer 7T-MRT angeschafft

Mit einem 7-Tesla-MRT lassen sich feinste Strukturen und molekulare Vorgänge im Gehirn darstellen – beste Voraussetzungen für die Hirnforschung. Jetzt konnte eines der Geräte angeschafft werden.

Photo

News • Myelin in der Bildgebung

Neues MRT-Verfahren macht Multiple Sklerose sichtbar

Der Verlust der Myelinscheiden im Gehirn ist ein wichtiges Merkmal der MS. ​Forscher haben nun ein MRT-​Verfahren entwickelt, das den Zustand dieser Isolationsschicht genauer als bisher abbildet.

Photo

News • Potential der Nigrosom-Bildgebung

Parkinson: Neue Erkenntnisse zum "Schwalbenschwanz"

Ein neues Verständnis des "Schwalbenschwanzes", eines anatomischen Zeichens im Gehirn, könnte dazu beitragen, dass die Parkinson-Erkrankung künftig früher diagnostiziert wird.

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren