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Gewagte Idee zur Bildung von Metastasen
Können Fresszellen wie ein trojanisches Pferd Tumorzellen in sich tragen und damit Metastasen bei Krebskranken verursachen?
Können Fresszellen wie ein trojanisches Pferd Tumorzellen in sich tragen und damit Metastasen bei Krebskranken verursachen? Mit dieser ungewöhnlichen Frage ist PD Dr. Heiko Bruns vom Universitätsklinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in das Förderprogramm „Experiment! – Auf der Suche nach gewagten Forschungsideen“ aufgenommen worden. Bis Ende 2021 fördert ihn die VolkswagenStiftung mit 120.000 Euro. Das Projekt startet im Frühjahr.
Die Forschung ist von großer Bedeutung, weil Metastasen als die größte Gefahr bei Krebserkrankungen gelten. Sie sind für fast 90 Prozent der Todesfälle bei Krebspatienten verantwortlich. Wie sich Metastasen bilden, ist aber nicht gut genug geklärt, berichtet Dr. Bruns. Bislang geht man davon aus, dass sie sich über die Lymphgefäße und über die Blutbahnen im Körper ausbreiten. „Ich bin sehr dankbar für die Förderung“, sagt der Forscher: „Damit kann ich ein Projekt starten, das mich leidenschaftlich interessiert.“
Dem Makrophagen-Paradox auf der Spur
Heiko Bruns, der die Arbeitsgruppe „Immunmodulation des Tumormikromilieus“ an der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie des Uni-Klinikums Erlangen leitet, geht nun von einer völlig neuen Hypothese aus. Der Biologe beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit Makrophagen. Dabei handelt es sich um Fresszellen des Immunsystems, die Bakterien, Pilze und fremde Keime unschädlich machen, sowie das Gewebe reparieren. Heiko Bruns promovierte über die Frage, wie Tuberkulosebakterien in einzelnen Makrophagen überleben können.
Ein ähnliches Phänomen hat er wiederholt auch bei einzelnen Tumorzellen beobachtet. „Makrophagen sind prinzipiell dazu in der Lage, Tumorzellen aufzufressen und zu eliminieren“, erläutert der Wissenschaftler, der über die Bedeutung von Makrophagen bei Tumorerkrankungen habilitiert hat. Deshalb werden die Fresszellen auch im Rahmen von Antikörpertherapien aktiviert. Paradoxerweise haben Krebskranke mit vielen Makrophagen aber eine geringere Lebenserwartung. Zudem wurde im Mausmodell festgestellt, dass das Tumorwachstum fast gestoppt werden konnte, wenn man die Makrophagen entfernte.
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CUP-Syndrom: Rauch ohne Feuer
Das CUP-Syndrom (von engl. cancer of unknown primary) schickt Radiologen auf eine mitunter frustrierende Schnitzeljagd: Beim Patienten werden Metastasen entdeckt, doch vom Primärtumor fehlt jede Spur. Prof. Dr. Alwin Krämer erklärt, worauf Mediziner im Umgang mit CUP-Patienten achten müssen.
Heiko Bruns geht nun davon aus, dass einzelne Tumorzellen zwar von den Fresszellen aufgenommen, aber nicht zwingend getötet werden. Stattdessen nutzten sie die Makrophagen als „Trojanische Pferde“. Dadurch könnten sie quasi unerkannt durch den Körper wandern und andere Standorte mit den Zellen besiedeln. „Dann könnten sie eine der Ursachen für Metastasen sein“, sagt der Forscher.
Um diese Hypothese zu testen, werden zunächst Makrophagen mit verschiedenen Tumorzellen gemischt. Sie werden unterschiedlich angefärbt, so dass sich im Fluoreszenzmikroskop erkennen lässt, ob sie gefressen worden sind. Dann wird in Langzeitversuchen beobachtet, ob überlebende Tumorzellen aus Makrophagen herauswachsen. Geplant sind Experimente mit Tumorzellen von Brustkrebs, Melanomen und Pankreas-Karzinomen. Sollte sich dieser Ansatz bewahrheiten, könnten die Krebsforscher mit Therapien gegen bestimmte Makrophagen oder ihre Mechanismen vorgehen: „Dann ließen sich Metastasen gezielter und schneller verhindern“, hofft der Wissenschaftler.
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
20.02.2020