Artikel • Vaskulitiden
Gefäßerkrankungen – Das hohe Lied der kurzen Sequenzen
Vaskulitiden sind seltene Leiden, an denen in Deutschland jährlich nur etwa 50 pro einer Million Einwohner neu erkranken. Die körperlichen Symptome dieser Gruppe von Gefäßerkrankungen sind vielfältig und in der Regel unspezifisch, etwa Müdigkeit und Erschöpfung.
„Weil die Symptome der Erkrankung so unspezifisch sind, ist die Bildgebung extrem wichtig für die Diagnostik“, bekräftigt Dr. Karla Maria Treitl, Assistenzärztin am Institut für Klinische Radiologie des Klinikums der Universität München. Zur Diagnose der Gefäßentzündungen, die in erster Linie die Arterien betreffen, kommen vor allem Ultraschall – für die Gefäße im Bereich des Halses und der Extremitäten – sowie PET/CT – für Brustkorb und Bauch – zum Einsatz. Dass sich auch die Magnetresonanztomographie gut zur Diagnose einer Vaskulitis eignet, darüber berichtet Treitl in ihrem Vortrag auf dem MR-Symposium in Garmisch.
Wenn sich die Patienten im Zuge ihrer Therapie regelmäßiger Verlaufskontrollen unterziehen müssen, dann summiert sich die Strahlenexposition.
Dr. Karla Maria Treitl
Im Speziellen dreht sich Treitls Forschung um die Großgefäßvaskulitiden, bei denen hauptsächlich die Aorta und ihre Abgänge betroffen sind (z. B. Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis). Dabei kommt es zu Gefäßverengungen und -verschlüssen, wodurch der distal nachfolgende Teil des Gefäßsystems nicht mehr suffizient mit Blut versorgt wird und nachgeschaltete Organe ischämisch werden können. Zur Untersuchung der großen Arterien in Hals, Armen und Beinen ist die nicht invasive, leicht und schnell verfügbare Sonographie bestens geeignet. Im Thorax- und Abdomenbereich, wo keine Ultraschall-Untersuchung möglich ist, wird derzeit am häufigsten die PET/CT eingesetzt. „Diese Untersuchung ist allerdings mit einer hohen Strahlenbelastung verbunden“, gibt Treitl zu bedenken: „Wenn sich die Patienten im Zuge ihrer Therapie regelmäßiger Verlaufskontrollen unterziehen müssen, dann summiert sich die Strahlenexposition.“ Dies ist umso problematischer, weil etwa von der Takayasu-Arteriitis besonders häufig junge Frauen bis zu einem Alter von 40 Jahren betroffen sind.
Hier bietet sich die MRT als Alternative an, insbesondere sogenannte T1w-Black-Blood-Sequenzen, bei denen das Blutflusssignal unterdrückt wird, die Gefäßlumina schwarz und die Gefäßwand hell zur Darstellung kommen, wodurch sich die Gefäßwand gut beurteilen lässt. Bisher allerdings konnten innerhalb einer akzeptablen Untersuchungszeit nur Bereiche von wenigen Zentimetern abgebildet werden, zum Beispiel die Karotisbifurkation. Treitls Forschungsgruppe an der LMU hat nun in Zusammenarbeit mit der Firma Philips eine Sequenz entwickelt, mit der die Gefäße im Kopf-, Thorax- und Abdomenbereich binnen drei bis fünf Minuten sehr hochaufgelöst untersucht werden können. Laufende Studien am Institut für Klinische Radiologie zeigen, dass diese neue Sequenz in den genannten Bereichen die typischen Veränderungen der Gefäßwände, die bei einer Vaskulitis auftreten (Gefäßwandverdickungen, Kontrastmittelaufnahme der Gefäßwand, Lumeneinengungen), mindestens ebenso gut darstellen kann wie Ultraschall und PET/CT. „Damit können wir unseren Patienten die belastenden PET/CT-Verlaufsuntersuchungen ersparen“, erklärt die Münchener Radiologin.
Die neue Sequenz kann sogar entzündliche Prozesse der posterioren Ziliararterien darstellen, wie sie etwa bei der Riesenzellarteriitis auftreten und zur Erblindung führen können. „Hier gibt es keine andere Modalität, die so sensitiv ist wie die MRT“, unterstreicht Treitl: „Das sieht man nicht im PET/CT, das sieht man nicht im Ultraschall. Es gab sogar Fälle, bei denen meine Kollegin Fr. Dr. Sommer und ich die retrobulbären Veränderungen im MRT früher sahen, als der Augenarzt im Rahmen der Fundoskopie.“
Profil:
Dr. Karla Maria Treitl ist Assistenzärztin am Institut für klinische Radiologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die in Günzburg geborene Radiologin, die an der LMU studierte, promovierte zum Doktor der Medizin an der TU München mit dem Thema: „Makro- und Mikrozirkulation bei normalen und hochnormalen Blutdruckwerten“. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die bildgebende Diagnostik degenerativer, entzündlicher und thrombotischer Gefäßprozesse sowie Prophylaxe und Therapie von Komplikationen endovaskulärer Eingriffe.
01.02.2017