Verletzungen hinterlassen häufig Narben, wie hier nach der Entfernung eines...
Verletzungen hinterlassen häufig Narben, wie hier nach der Entfernung eines Piercings. Forscher in Zürich haben jetzt die Grundlage dafür gelegt, den Heilungsprozess zu steuern.

News • Mechanismen der Wundheilung

Forscher legen Grundstein zur Vermeidung von Narben

Forscher der ETH Zürich haben die Mechanismen genauer aufgeschlüsselt, welche die Wundheilung und die Narbenbildung steuern.

Dazu entwickelten Biologinnen und Ingenieure eine neue Methode, mit der sich erstmals die biomechanischen Eigenschaften des heilenden Gewebes in vivo messen lassen. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Erkenntnisse jetzt im Fachjournal Nature Communications.

Wenn die Konzentration bestimmter Wachstumsfaktoren zu stark ansteigt und der Heilungsprozess über das Ziel hinausschiesst, bilden sich wulstige (hypertrophe) Narben, und sogar die umliegende Haut verliert einen Teil ihrer Elastizität. Das schließen die beiden Forschungsgruppen von Sabine Werner am Institut für Molekulare Gesundheitswissenschaften und von Edoardo Mazza am Institut für Mechanische Systeme aus ihren gemeinsamen Untersuchungen.

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Wundmorphologie (linke Spalte) und Deformierbarkeit der Narbe in vivo. (nach Wietecha et al., Nat. Comm., 2020)

Die Forschenden schlüsselten die vielschichtigen Mechanismen genauer auf, die den Prozess der Wundheilung (und der Narbenbildung) steuern. Im Fokus der aktuellen Arbeiten steht ein Signalmolekül: Activin. Es spielt sowohl bei der Wundheilung wie auch bei Krebs eine wichtige Rolle. "Wir haben gezeigt, wie tiefgreifend sich ein einzelnes Signalmolekül auf das komplexe Zusammenspiel von Zellen und ihrer Matrix auswirkt", sagt Werner.

Gibt es mehr Activin in der Wunde, entwickeln sich mehr Bindegewebszellen, und auch die Zusammensetzung der so genannten extrazellulären Matrix verändert sich. In diesem Gerüst, das von den Zellen produziert wird und sie umschliesst, sammelt sich bei erhöhten Activin-Konzentrationen mehr Kollagen an und die Kollagenfasern sind untereinander auch stärker vernetzt. So heilt die Wunde zwar rascher, aber das verletzte Gewebe versteift und verhärtet sich.

Während ihrer disziplinenübergreifenden Zusammenarbeit haben die Forschenden viel voneinander gelernt, heben die beiden Erstautoren, der Biowissenschaftler Mateusz Wietecha und der Ingenieur Marco Pensalfini, hervor. Während die Ingenieure ihren Kenntnishorizont mit biochemischen und bioinformatischen Analysen des molekularen Geschehens in der Wunde erweiterten, betraten die Biologen bei der Entwicklung der Messverfahren Neuland. Herausgekommen ist eine Methode, mit der sich die biomechanischen Eigenschaften eines heilenden Gewebes erstmals in vivo messen lassen.

Inskünftig ließe sich damit der Heilungsverlauf einer Wunde frühzeitig diagnostizieren – und vielleicht sogar beeinflussen, meint Werner. Je nach Art und Ort der Verletzung sähe die Beeinflussung verschieden aus. Wenn eine Wunde einen chronischen Verlauf zu nehmen drohe, wäre ein Eingriff denkbar, der Activin oder von Activin beeinflusste Matrixproteine anreichere und so den Heilungsprozess beschleunige, sagt Werner. Doch bei Verletzungen im Gesicht wäre eher eine Methode gefragt, die den Heilungsprozess verlangsame und dafür die Narbenbildung verringere. Noch sind solche Anwendungen Zukunftsmusik. "Mit unserem interdisziplinären Ansatz schaffen wir die Grundlagen dafür – und tragen zum besseren Verständnis der Heilungsprozesse bei", sagt Mazza.


Quelle: ETH Zürich

02.06.2020

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