Bildquelle: RUB; © Benjamin Mosch
News • Studie zu chronischer Erkrankung
Fibromyalgie: Schmerzen außer Kontrolle
Das Gefühl von Kontrolle lässt uns Schmerzen besser ertragen. Bei Fibromyalgie funktioniert das allerdings nicht. Eine Studie gibt Hinweise darauf, warum.
Die Fibromyalgie ist eine rätselhafte chronische Schmerzerkrankung, die schwierig zu behandeln ist. Auch ihre Ursachen liegen noch weitestgehend im Dunkeln. Eine Studie des Teams der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum liefert Hinweise darauf, dass bei Betroffenen bestimmte Hirnareale, die an der Verarbeitung von Schmerz beteiligt sind, nicht normal funktionieren. Sie sorgen bei gesunden Personen dafür, dass sich Schmerz, den wir kontrollieren können, besser ertragen lässt. Bei Patientinnen mit Fibromyalgie zeigten diese Gehirnbereiche in der Studie eine veränderte Aktivität. Das Forschungsteam um Prof. Dr. Martin Diers berichtet in der Fachzeitschrift NeuroImage: Clinical.
Bildquelle: Mosch et al., NeuroImage: Clinical 2023 (CC BY 4.0)
Wie stark wir Schmerz und die Einschränkung durch ihn erleben, hängt entscheidend damit zusammen, wie wir ihn bewerten. Haben wir das Gefühl, den Schmerz kontrollieren und selbst beenden zu können, führt das zum Beispiel dazu, dass wir ihn besser ertragen, als wenn wir uns ihm ausgeliefert fühlen. „Die geringe Kontrollierbarkeit wiederholter Schmerzattacken ist eine der bedeutendsten Ursachen für die eingeschränkte Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen“, erklärt Benjamin Mosch, Erstautor der Studie. „Die zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen wurden allerdings bisher hauptsächlich bei gesunden Kontrollpersonen erforscht.“
In der aktuellen Studie verglich das Team zwei Gruppen: 21 gesunde Frauen und 23 Fibromyalgiepatientinnen. Beide Gruppen wurden einem Hitzeschmerz ausgesetzt, während ihre Gehirnaktivitäten mittels funktioneller Kernspintomografie beobachtet wurden. In einem Versuchsdurchgang konnten die Probandinnen den Schmerzreiz selbst beenden. In einem weiteren Durchgang steuerte ein Computer Beginn und Ende des Reizes. „Die Länge der durch den Computer beendeten Reize haben wir dabei im Mittel zu den durch die Probandinnen beendeten Reizen gleich gehalten“, so Martin Diers.
Wenn Frauen der gesunden Kontrollgruppe den Schmerzreiz selbst beenden konnten, wurde eine Reihe vor allem frontaler Hirnareale aktiviert, die eine wichtige Rolle bei der Modulation von Schmerzen zu spielen scheinen. Diese Beobachtung steht im Einklang mit älteren Studien an gesunden Probanden. „Interessanterweise konnten wir derartige Aktivierungen aber nicht in unserer Patientengruppe nachweisen“, berichtet Martin Diers. „Das kann als Beleg für die beeinträchtigte Schmerzverarbeitung von Patientinnen mit Fibromyalgie dienen. Es verdeutlicht, dass die kognitiven Ressourcen im Umgang mit akutem Schmerz bei diesen Patientinnen beeinträchtigt sind.“
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
06.04.2023