Artikel • Lymphknotendiagnostik
Ferumoxtran – zuverlässiger Helfer bei der Diagnostik des Lymphknotenbefalls
Der Befall der Lymphknoten ist bei Prostatakrebs ein entscheidender Faktor für die weitere Therapie. Bislang wird in der Diagnostik anhand der Größe der Lymphknoten abgeschätzt, ob diese von Krebszellen befallen sind; überschreiten Lymphknoten eine bestimmte Größe, so wird von einem Tumorbefall ausgegangen.
„Die Größe ist allerdings kein besonders aussagekräftiges Kriterium“, gibt Prof. Dr. Dr. Johannes T. Heverhagen, Direktor des Universitätsinstituts für Diagnostische, Interventionelle und Pädiatrische Radiologie am Universitätsspital Bern (Inselspital) zu bedenken: „Auch in kleinen Lymphknoten können Metastasen auftreten. Und es gibt auch andere Ursachen als eine Metastasierung, die zu einer Vergrößerung von Lymphknoten führen können.“
Abhilfe könnte ein spezielles, eisenhaltiges MRT-Kontrastmittel schaffen, das derzeit in einer Multicenter-Studie an mehreren Universitätskliniken in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz erprobt wird – unter anderem am Berner Inselspital. Ferumoxtran-10 besteht aus ultrakleinen superparamagnetischen Eisenoxidpartikeln (Ultrasmall Super Paramagnetic Iron Oxide, USPIO). Die Partikel werden von bestimmten Zellen des Immunsystems, den Makrophagen, aufgenommen. Die mit Ferumoxtran-10 beladenen Makrophagen sammeln sich in den Lymphknoten an und führen dort zu einem Signalverlust. Gesunde Lymphknoten erscheinen daher auf MR-Bildern dunkel, bei Tumorbefall jedoch zeigen sich signalreiche Aussparungen.
„Mit diesem Kontrastmittel lässt sich zuverlässig ermitteln, ob und in welchem Ausmaß Lymphkonten bei Prostatakrebs von Krebszellen befallen sind“, bekräftigt Heverhagen. Das hat entscheidende Auswirkungen auf die Therapie. Bislang ist es üblich, bei einer Prostatektomie auch einen großen Teil der benachbarten Lymphknoten zu entfernen, um diese anschließend histologisch zu untersuchen. Wenn man bereits im Vorhinein weiß, dass die Lymphknoten nicht befallen sind, müssen diese auch nicht entnommen werden, wodurch die Invasivität der Operation verringert wird. Umgekehrt kann ein starker Befall der Lymphknoten zu der Überlegung führen, dass eine Operation keinen Sinn mehr macht und besser eine andere Form der Therapie gewählt wird.
„Man weiß bereits seit Langem, dass bei Prostatakrebs eisenhaltige Kontrastmittel eingesetzt werden können, die sich in gesundem Lymphknotengewebe anreichern, nicht aber in jenem Gewebe, das von Metastasen befallen ist“, erläutert Heverhagen. In der Vergangenheit wurde bereits ein eisenhaltiges MRT-Kontrastmittel für die Leberdiagnostik eingesetzt. Dieses ist allerdings derzeit nur in Japan erhältlich. Ein eisenhaltiges MRT-Kontrastmittel für die Lymphknotendiagnostik bei Prostatakrebs wurde bislang noch nicht zugelassen. Die Zulassung von Ferumoxtran-10 ist das erklärte Ziel der multizentrischen Studie, an der das Inselspital beteiligt ist.
Bereits aus den Studien mit dem eisenhaltigen MRT-Kontrastmittel für die Leberdiagnostik weiß man, dass derartige Kontrastmittel gut verträglich sind. Lediglich ein Punkt ist zu beachten: Das Kontrastmittel muss langsam zugeführt werden. „Wenn man es zu schnell einlaufen lässt, kann das zu erheblichen Nebenwirkungen wie Kreislaufkollaps oder Schmerzen in den Knochen führen“, erklärt Heverhagen.
Ferumoxtran-10 ist anders in der Anwendung als herkömmliche Kontrastmittel. Es dauert zirka 24 Stunden, bis sich das Kontrastmittel im Körper verteilt und aufgenommen wird. Für die Patienten bedeutet dies, dass sie das Krankenhaus zur Untersuchung an zwei aufeinanderfolgenden Tagen aufsuchen müssen. Zu guter Letzt wird das Kontrastmittel nur sehr langsam über die Leber ausgeschieden und verbleibt Tage, unter Umständen sogar Wochen im Körper. Das bringt jedoch keine schädlichen Nebenwirkungen mit sich, weil Eisen ohnehin Teil des Stoffwechsels ist.
Den naheliegenden Gedanken, die so genannte Nano-MRT bei Lymphknotenbefall auch in anderen Bereichen einzusetzen, relativiert Heverhagen: Ferumoxtran-10 ist nicht automatisch auch für die Diagnostik anderer Krebserkrankungen, bei denen die Lymphknoten betroffen sind, geeignet. Dies muss für jede Tumorerkrankung untersucht und getestet werden. Studien zu weiteren Indikationen, die auch über die onkologischen Indikationen hinausgehen, sind bereits geplant.
Profil:
Prof. Dr. Dr. Johannes T. Heverhagen ist Direktor des Universitätsinstituts für Diagnostische, Interventionelle und Pädiatrische Radiologie am Inselspital – Universitätsspital Bern. Der Spezialist für die Interventionelle Behandlung von bösartigen Tumorerkrankungen ist sowohl Diplomphysiker (Universität Kaiserslautern) als auch Mediziner (Universität Marburg). Nach Aufenthalten in den USA (University of Wisconsin Madison und Ohio State University Columbus) war er zunächst Juniorprofessor und schließlich stellvertretender Leiter der Radiologie in Marburg, bevor er nach Bern wechselte.
25.11.2021