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News • Pragmatische Handlungsanweisungen
Europaweite Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19-Erkrankten
Mit dem Beginn der Corona-Pandemie startete auch die fieberhafte Suche nach Impfstoffen und wirksamen Medikamenten gegen das Virus SARS-CoV-2. In der Forschung laufen die Aktivitäten auf Hochtouren. Täglich werden Hunderte neue wissenschaftliche Arbeiten über das Virus und die Erkrankung COVID-19 veröffentlicht. Jetzt hat die European Respiratory Society (ERS) erstmals eine europäische Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19- Patientinnen und-Patienten herausgegeben.
Der Schwerpunkt der ERS-Leitlinie liegt auf der medikamentösen Therapie im Krankenhaus. „Die Empfehlungen sind für alle Phasen der stationären Therapie sehr eindeutig“, erklärtProfessor Dr. Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Co-Autor und Vertreter der Leitlinie in Deutschland. So wird beispielsweise davon abgeraten, bei hospitalisierten Patienten den Wirkstoff Remdesivir einzusetzen – nach Datenlage der Leitlinie ist er nicht effektiv. Ob Remdesivir in einer sehr frühen Phase der Erkrankung, bei weitgehend symptomfreien Patienten im ambulanten Bereich, eine Rolle spielen kann, ist noch nicht abschließend geklärt“, erläutert Professor Welte. „ In der späten Phase von COVID-19 kann das Immunsystem der Betroffenen fehlerhafte, oft überschießende Entzündungsprozesse auslösen. Dagegen wird Cortison angewandt, dies wird in den Leitlinien ausdrücklich empfohlen. Bei sehr kranken Patientinnen und Patienten wird darüber hinaus aber zusätzlich die Gabe von Antikörpern gegen den Botenstoff Interleukin 6 empfohlen.“
Im gesamten Verlauf der COVID-19 -Erkrankung könne es zu Blutgerinnseln im Kapillarsystem der Lunge kommen, erklärt Professor Welte. „In diesem Fall lautet die Empfehlung, wie üblich ein Mittel zur Blutverdünnung, beispielswiese Heparin, einzusetzen. Ob zusätzlich gerinnungshemmende Wirkstoffe, wie beispielsweise Thrombozyten-Aggregationshemmer wie ASS verabreicht werden sollten, muss noch geklärt werden.“ Neben medikamentösen Empfehlungen enthalten die Leitlinien auch Empfehlungen zur Sauerstoffgabe und Beatmung von COVID-19- Patientinnen und -Patienten. Die Leitlinie ist mit kommentierenden Zwischentexten versehen. Darin sieht der Pneumologe einen großen Vorteil: „Die pragmatischen Handlungsanweisungen sind für alle an der Behandlung Beteiligten verständlich.“
Ständige Aktualisierung
In die ERS-Leitlinie sind nicht nur unzählige veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten eingeflossen, sondern auch Studien, die erst demnächst publiziert werden. Bei der Erstellung der Leitlinien wurde das sogenannte GRADE-System angewandt. Bei dieser Methodik erfolgt eine Qualitätsbewertung der Studien nach ihrer Evidenz, diese Qualität wiederum hat Auswirkungen auf die Stärke einer Empfehlung. Da jeden Tag neue wissenschaftliche Erkenntnisse über das Virus und die Erkrankung gewonnen werden, wird auch die ERS-Leitlinie stetig aktualisiert. Professor Welte rechnet schon in einigen Wochen mit einer neuen Fassung. Er hofft, dass die Leitlinie in möglichst vielen Kliniken implementiert wird. Erfreulicherweise unterscheiden sich die jetzt für Europa herausgegebenen Empfehlungen der ERS in keinem Punkt wesentlich von den kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Deutschen Leitlinien.
Die European Respiratory Society ist die größte wissenschaftliche und klinische Organisation für Lungen- und Bronchialheilkunde in Europa. Die ERS-Leitlinie wurde im European Respiratory journal veröffentlicht.
Qulle: Medizinische Hochschule Hannover
22.03.2021