E. coli
Einsatz von harmlosen Bakterien zur Krebsbekämpfung
Mehrere Bakterienarten haben das Potenzial, um im Kampf gegen Krebs zum Einsatz zu kommen. Die meisten dieser Bakterien sind allerdings für den Menschen schädlich. Um sie als Waffe gegen Krebs und andere Krankheiten einzusetzen, müssen die Forscher ein Gleichgewicht zwischen ihrer Aggressivität für therapeutische Zwecke und der Sicherheit des Patienten finden. Um dieses Problem zu überwinden, setzen Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) nicht mehr auf pathogene Bakterien, sondern auf solche, mit einem nachgewiesenen Sicherheitsprofil: probiotische E. coli. Erste Tests bei Mäusen zeigen, dass die probiotischen Bakterien sich tatsächlich gegen Tumore wenden und das, ohne dabei einen toxischen Effekt zu erzeugen. Diese Ergebnisse öffnen die Tür für einen neuen Ansatz im Kampf gegen Krebs.
Krebserkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Ursachen von Morbidität und Mortalität. Trotz immer besser werdender Behandlungsmethoden, wie beispielsweise Chemotherapie, ist die Erkrankung noch immer auf dem Vormarsch. Statistischen Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation WHO aus dem Jahr 2012 zufolge steht zu erwarten, dass die Anzahl von Neudiagnosen in den beiden nächsten Jahrzehnten um circa 70 Prozent ansteigen wird. Somit besteht ein dringender Bedarf für neue therapeutische Ansätze. Eine Möglichkeit ist die Nutzung von pathogenen Bakterien, wie Salmonella. „Die Anwendung bei Humanpatienten ist aber mit einem großen Problem verbunden", sagt Dr. Dino Kocijancic, Wissenschaftler in der Abteilung für "Molekulare Immunologie" am HZI. „Wir müssen die Bakterien so modifizieren, dass sie keinen Schaden verursachen. Die ersten klinischen Studien haben gezeigt, dass dies zwar möglich ist, aber kaum ohne die therapeutischen Wirkungen einzuschränken". In diesem speziellen Fall war die aus Sicherheitsgründen erfolgte Abschwächung zu weitreichend, sodass der therapeutische Effekt verloren ging.
Zur Lösung des Problems probierten die Wissenschaftler eine entgegengesetzte Strategie. Sie nutzten probiotische Bakterien, die eher nützlich als schädlich für den menschlichen Wirtsorganismus sind. Die für die Untersuchungen von Kocijancic und seinen Kollegen ausgewählten probiotischen E. coli-Bakterien, werden von Millionen Menschen zur Behandlung von Darmstörungen eingesetzt. Außerdem sind diese Bakterienstämme bereits umfassend untersucht, sodass ihnen neue Eigenschaften und Funktionen leicht verliehen werden können.
Bei der Untersuchung ihres Ansatzes bei tumortragenden Mäusen stellten die Forscher fest, dass die probiotischen E. coli, speziell Symbioflor-2, sich sehr effizient gegen Tumore richteten. „Das belegt das vielversprechende Potenzial bei der Therapie von soliden Tumoren, obwohl die therapeutische Potenz nicht ganz an die von ‘Salmonella’ heranreicht“, sagt Kocijancic. „Aber wegen ihrer überlegenen Tumorspezifität und der Tatsache, dass sie nicht abgeschwächt werden müssen, eignen sie sich gut als Bio-Vehikel zur Einschleusung therapeutische Moleküle in Tumore".
Diese Forschungsarbeiten sprechen dafür, dass ein probiotischer therapeutischer Stamm von einem Krebspatienten mit eingeschränktem Immunsystem bei systemischer Anwendung und höherer Dosierung leichter toleriert wird, als die umfassend untersuchten abgeschwächten Salmonellen. „Wir sind überzeugt, dass sich dies in weiteren Untersuchungen als zutreffend herausstellen wird. Somit wird unser neuer Ansatz die Vorteile einer Bakterien-vermittelten Tumortherapie leichter nutzen können", sagt Dr. Siegfried Weiss, der Leiter der Forschungsgruppe.
Originalpublikation:
Therapy of solid tumors using probiotic Symbioflor-2 – restraints and potential. Dino Kocijancic, Sebastian Felgner, Michael Frahm, Ronja-Melinda Komoll, Aida Iljazovic, Vinay Pawar, Manfred Rohde, Ulrike Heise, Kurt Zimmermann, Florian Gunzer, Juliane Hammer, Katja Crull, Sara Leschner, Siegfried Weiss. Oncotarget; 2016 Mar 10. DOI: 10.18632/oncotarget.8027.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
25.04.2016