Artikel • Nicht-invasiv und strahlungsarm
Ein Plädoyer für die CT-Koronarangiographie
Der zuverlässige Nachweis bzw. Ausschluss von hochgradigen Stenosen der Herzkranzgefäße ist eine der wichtigsten Aufgaben der kardiologischen Bildgebung.
Bislang erfolgt die Darstellung der Koronarien noch überwiegend im Herzkatheterlabor. Mittlerweile kann ein Herz-CT bei Einsatz der neuesten Geräte-Technologie in vielen Fällen die Herzkatheter-Untersuchung ersetzen. „Mit der modernsten CT-Gerätegeneration haben wir im Vergleich zum dia-gnostischen Herzkatheter eine gleichwertige Methode, die dabei aber weniger belastend für den Patienten ist“, weiß Prof. Dr. Thomas Schlosser, Leitender Oberarzt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen.
In Deutschland werden jährlich rund 900.000 Untersuchungen im Herzkatheterlabor durchgeführt, fast zwei Drittel davon sind diagnostischer Art und nur ein Drittel erfolgt im Rahmen einer Intervention. „In ungefähr 35 Prozent der Fälle ist das Ergebnis ein unauffälliger Befund, sprich der Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung“, so Prof. Schlosser und fügt an: „Mit der CT-Koronarangiographie kommen wir mit hoher diagnostischer Genauigkeit zum gleichen Ergebnis. Hier erzielen wir einen sehr hohen negativen prädiktiven Wert von 99 Prozent, d.h. Patienten, die im CT einen unauffälligen Befund haben, haben diesen auch im Herzkatheter.“ Mit anderen Worten: eigentlich könnte man vielen Patienten dieses Risiko behaftete und invasive Verfahren ersparen.
Technischer Fortschritt ist nicht aufzuhalten
Die CT-Technologie hat sich deutlich weiterentwickelt. Die neuesten Systeme sind je nach Gerätehersteller in der Lage, mehrere Hundert Schichten gleichzeitig aufzunehmen, wodurch sich die Untersuchungsdauer deutlich reduziert. „Die höhere zeitliche Auflösung führt dazu, dass wir die Bewegung des Herzens immer besser ‚einfrieren‘ können. Dank kürzerer Belichtungszeit können wir inzwischen die kleinsten Gefäße scharf darstellen und bereits sehr geringe krankhafte Veränderungen der Herzkranzgefäße nachweisen. Auch die diagnostische Genauigkeit hat sich verbessert, so dass wir immer differenzierter Stenosen an den Herzkranzgefäßen nachweisen oder ausschließen können “, listet der Fachmann die Innovationen in der Computertomographie auf. Die neuesten CT-Scanner erlauben es, in einem Untersuchungsgang Informationen über die Morphologie und die Funktion des gesamten Herzens und der Herzklappen zu gewinnen. Doch damit nicht genug: „Mittels CT-Koronarangiographie können wir bereits geringste arteriosklerotische Veränderungen, zum Beispiel nicht verkalkte Plaques, darstellen. Auch deren Zusammensetzung lässt sich zukünftig besser analysieren.“
Weit oben auf der Liste der positiven Entwicklungen steht das Thema ‚Dosisreduktion‘. „Die CT-Koronar-angiographie gehörte früher zu den Untersuchungen mit der höchsten Strahlenexposition für den Patienten. Das hat sich nun total geändert. Bei der Verwendung der modernsten CT-Scanner und optimierten Protokollen liegt die Dosis bei nur noch 1 Millisievert oder darunter – und damit deutlich unter dem Wert des Herzkatheters. Früher ein Argument gehen das CT, ist die Dosis mittlerweile also ein Argument für diese Methode“, so der Radiologe.
Abgrenzung zu anderen Bildgebungsverfahren
Und wie macht sich die CT-Koronarangiographie im Vergleich zu anderen bildgebenden Verfahren? „Die Herz-CT eignet sich primär für die Darstellung der Herzkranzgefäße, alles andere lässt sich im Grunde mit Echokardiographie oder MRT besser beurteilen. So eignet sich die MRT zwar gut für die Darstellung von Gefäßanomalien, ihre Stärke liegt aber in der Funktionsanalyse des linken und rechten Ventrikels. Ebenso besticht sie bei der Gewebecharakterisierung des Myokards, um Fibrosen oder Herzinfarktnarben nachzuweisen und um die Durchblutung des Herzmuskels zu bestimmen“, so der Experte.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche CT-Koronarangiographie
Die CT-Koronarangiographie ist als Untersuchungsverfahren allerdings komplex. Jeglicher technische Fortschritt ist obsolet, wenn das Team die Parameter nicht beachtet, die Einfluss auf die Qualität der Untersuchung haben. „Mit der Patientenselektion fängt es an: Patienten mit stark ausgeprägten Verkalkungen oder mit einer akuten Symptomatik sind für diese Untersuchung nicht geeignet. Dies gilt auch, wenn Befunde das Vorliegen höhergradiger Veränderungen der Koronararterien nahelegen und therapeutische Maßnahmen wie Ballon-Aufdehnung, Stent-Implantation oder Bypass-Operation wahrscheinlich machen. Auch Herzrhythmusstörungen oder bereits implantierte Koronarstents sind limitierende Faktoren“, so Schlosser.
Wichtig für den Erfolg der Untersuchung ist auch die gewissenhafte Patientenvorbereitung. Dazu zählen die Aufklärung und Vorbereitung des Patienten. So dient der Einsatz von Betablockern der Senkung der Herzfrequenz und die Gabe von Nitrospray hilft, die Herzkranzgefäße zu weiten – beides sorgt für eine bessere Bildqualität. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die detaillierte Simulation der Untersuchung einschließlich der Auswahl des richtigen Untersuchungs- und des entsprechenden Kontrastmittelprotokolls. „Man muss zunächst viel in die Untersuchungsdurchführung investieren, um brillante Bilder zu erstellen, die dann aber in der Regel eine Auswertung relativ einfach machen!“, betont der Fachmann abschließend.
Profil:
Prof. Thomas Schlosser ist seit 2002 am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie des Universitätsklinikums Essen tätig. Seit 2011 ist er dort Leitender Oberarzt und zudem Leiter des DRG-Schwerpunktzentrum für kardiovaskuläre Bildgebung. Für seine Arbeiten im Bereich der CT-Herzbildgebung erhielt Prof. Thomas Schlosser 2012 den Wilhelm-Conrad-Röntgen-Preis der Deutschen Röntgengesellschaft.
Veranstaltungshinweis:
Ort: Hotel Renaissance, Raum Berlin
Samstag, 05.11.2016, 12:00-12:30 Uhr
CTA der Koronargefäße – Auswertung und typische Befunde
Thomas Schlosser, Essen
Session: Q1-Kurs: CT des Herzens
03.11.2016