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EHFG: Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung

Im Rahmen des diesjährigen European Health Forum Gastein (EHFG) wurden die immer lauter werdenden Forderungen nach neuen Strategien für einen gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung diskutiert. Die Finanzierung und Preisgestaltung von Medikamenten sowie auch der allgemeine Zugang zur Gesundheitsversorgung wurden ebenso angesprochen wie die Rolle der EU in dieser Thematik.

Photo: EHFG: Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung

Die immer teurer werdende Gesundheitsversorgung und die teilweise exorbitanten Preise für hochwertige neue Medikamente schüren nicht nur die Ängste der EU-Bürger vor einer Zwei-Klassen-Medizin, sondern beschäftigen auch die Ärzte und Krankenkassen der EU-Länder. Um langfristig den gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung gewährleisten zu können, müssen neue Konzepte auf internationaler/transnationaler Ebene erarbeitet werden.

Am letzten Tag am European Health Forum Gastein hat die EU-Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (DG Sante) eine Veranstaltung zum Thema "Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung und innovativen medizinischen Behandlungen" organisiert. Hauptredner war Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: "Letztes Jahr hat die Kommission eine Agenda vorgeschlagen, um EU-Mitgliedsstaaten bei der Verbesserung ihrer Gesundheitsysteme zu frdern. Mit dieser Agenda würde Zugang als eine der drei Sulen der Gesundheitsysteme identifiziert, zusammen mit Leistungsfhigkeit und Belastbarkeit. Es ist an der Zeit eine transparente und offene Diskussion mit allen Stakeholdern zu führen, um nachhaltige Systeme zu aufzubauen."

Zum Thema Zugang zu innovativen Medikamenten und Behandlungsmöglichkeiten fügte er hinzu: "Immer größer wird das Interesse seitens EU-Mitgliedsstaaten, gemeinsam über Möglichkeiten zum verbesserten Patientenzugang zu innovativen Medikamenten zu reflektieren."

Gesteigerte Erwartungshaltung auf Patientenseite

Auf die zunehmende Patientenmobilität, gesteigerte Erwartungshaltungen an die Gesundheitsversorgung und laufend neue Entwicklungen in der Gesundheitstechnologie wird zusehends mit der Vernetzung der nationalen Gesundheitssysteme und der Gesundheitspolitik innerhalb der EU reagiert. Die Entwicklung neuer Strategien zur fairen Preisgestaltung ist notwendig, um zum einen den gleichberechtigten Zugang zu neuen Arzneimitteln zu sichern und zum anderen die Finanzierbarkeit der Gesundheitssysteme gewährleisten zu können. Auch eine effiziente bedarfsorientierte Verteilung von Fachkräften sowie eine erhöhte Mobilitätsbereitschaft seitens der Patienten müssen bei der Entwicklung neuer Konzepte zur Sicherung des Gesundheitswesens berücksichtigt werden.

Neue Krebsbehandlungen als Chance für Patienten

Die Entwicklung neuer Behandlungsformen und Medikamente ist natürlich positiv zu sehen, stellt die nationalen Gesundheitsbehörden aber auch vor Herausforderungen. Sie sind es, die darüber entscheiden müssen, ob der Preis für solche Produkte deren therapeutischen Effekt auch rechtfertigt. Das ist etwa häufig der Fall bei Medikamenten für die Krebsbehandlung und betrifft sowohl "reiche" als auch "ärmere" Länder. Laut einem WHO-Report ("WHO cancer") starben im Jahr 2012 weltweit 8,2 Millionen Menschen an Krebs, und gemessen an den jährlichen Neuerkrankungen werden es im Jahr 2030 bereits 21,4 Millionen Menschen sein. Im Jahr 2009 wurden EU-weit 51 Milliarden Euro für Krebsbehandlungen ausgegeben, das waren 102 Euro/EU-Bürger. Es gibt jedoch Unterschiede: Der finanzielle Behandlungsaufwand in Bulgarien betrug 16 Euro pro Person, im Gegensatz zu 184 Euro, die für einen Krebspatienten in Luxemburg durchschnittlich aufgewendet wurden. Es ist davon auszugehen, dass der Zugang zu Krebsbehandlungen und -medikamenten zukünftig noch herausfordernder wird, da die Bevölkerung älter wird, die Therapiekosten steigen und die Patienten höhere Ansprüche an die Gesundheitssysteme stellen.

Finanzierung Nichtübertragbarer Erkrankungen (NCD)

Europa ist von Nichtübertragbaren Krankheiten (NCDs) stark betroffen. Oleg Chestnov, stellvertretender Generaldirektor, Nichtübertragbare Krankheiten und Psychische Gesundheit, WHO: "Wir sehen, dass diese Arten der Erkrankungen im Steigen sind und für 86 Prozent aller Todesfälle und 77 Prozent der Krankheitslasten in der Region verantwortlich sind." Die WHO weist einmal mehr darauf hin, dass auch der private Sektor und Investoren sich am Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten beteiligen müssen, wie auch Philanthropen und die Zivilgesellschaft. Chestnov mahnt in der Debatte um NCDs, nicht auf Entwicklungsländer zu vergessen, denn wenn die Weltgemeinschaft ihrem Versprechen treu bleiben will, dass kein Land und kein Mensch vernachlässigt wird, muss auf nationaler Ebene auch in den ärmsten Ländern Unterstützung geboten werden. "Tatsächlich sterben jährlich 16 Millionen Menschen unter 70 Jahren an NCDs. Eklatant ist, dass vier von fünf dieser Todesfälle in Entwicklungsländern passieren. Damit sind NCDs auch für diese Länder eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Der Ruf nach mehr Investment in NCDs wird lauter, sei es von Ärzten, die in einfachen Krankenhäusern arbeiten, bis hin zu den zwölf First-Ladies in Afrika, die mehr Gelder für die Krebsbekämpfung auf dem Kontinent einfordern."

 

Quelle: European Health Forum Gastein (EHFG)

05.10.2015

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