hand giving human heart to another person. illustration for organ donation

Bildquelle: Shutterstock/Paday

News • Chirurgenverband zu Organspende

DGCH: Nein zu Widerspruchslösung "eine vertane Chance"

Die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten hat den Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn zur Einführung der doppelten Widerspruchslösung in der Organspende nach intensiver Debatte abgelehnt – obwohl in der deutschen Bevölkerung in aktuellen Umfragen eine Zustimmungsquote von fast 70 Prozent für die Widerspruchslösung erreicht wurde.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) akzeptiert diese Entscheidung, bewertet sie aber gleichwohl als vertane Chance. Aus Sicht der DGCH stehen jetzt die Vorbereitung von Hausärzten und Meldeämtern auf die Bürgerberatung, die Aufnahme des Themas Organspende in die Lehrpläne der 9. und 10. Schuljahrgangsstufen sowie die Umbenennung der „Transplantationsbeauftragten“ in „Organspende-Beauftragte“ als dringliche und dringende Maßnahmen an. Konkret erklärt die DGCH zu der Bundestagsentscheidung:

„Die DGCH und deren Fachgesellschaften, welche die Transplantationschirurgie in Deutschland vertreten, betrachten die Entscheidung als vertane Chance, die Organspende-Situation in unserem Land zum Wohle der Patienten auf der Warteliste substanziell zu verbessern. In über 20 europäischen Ländern wird die postmortale Organspende unter den gesetzlichen Bedingungen der Widerspruchslösung mit deutlich höheren Spendezahlen als in Deutschland erfolgreich durchgeführt.

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Zwei konkurrierende Gesetzesentwürfe zur Neuregelung der Organ- und Gewebespende werden derzeit im Bundestag diskutiert – bisher ohne Intensivmediziner anzuhören. „Hier müssen aber unbedingt Experten zu Wort kommen dürfen, die sowohl bei der Spendererkennung, aber vor allem in sämtliche Prozesse zur Realisierung einer Organspende verantwortlich eingebunden sind“, befindet Professor Uwe…

In einer parlamentarischen Demokratie ist die nun getroffene Entscheidung gleichwohl zu akzeptieren. Die DGCH weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die Einführung eines Spenderregisters sowie die nun geforderte intensivere Aufklärung durch Hausärzte und Meldeämter unzureichend erscheinen, um in absehbarer Zeit zu den hohen Spenderzahlen in europäischen Nachbarländern aufzuschließen und die Sterblichkeit auf den deutschen Wartelisten zu reduzieren.

Die DGCH sieht die politisch Verantwortlichen in der Pflicht, konkrete Konzepte vorzulegen, wie Hausärzte und Meldeämter auf die zukünftige Herausforderung inhaltlich und zeitlich vorbereitet werden sollen. Der Beratungsbedarf der Bürger ist so ausgeprägt, dass die Überreichung von Informationsflyern, wie in der Vergangenheit geschehen, nicht ausreichend erscheint.

Die DGCH möchte darüber hinaus anregen, das Thema ‚Organspende‘ verpflichtend in die Lehrpläne der 9. und 10. Schuljahrgangsstufen aufzunehmen, Lehrpersonal diesbezüglich strukturiert zu schulen und zusätzlich Plattformen der Erwachsenenbildung zu nutzen. Diese Maßnahmen erscheinen der DGCH sinnvoll, um das enorme Informationsdefizit in der Bevölkerung zur Frage der Organspende wirkungsvoll und nachhaltig zu bekämpfen.

Die begriffliche Trennung von Organspende und Transplantation erscheint uns als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber der Öffentlichkeit wichtig

Darüber hinaus schlägt die DGCH vor, im Gesetzestext die im Organspendeprozess zentral wichtige Position des ‚Transplantationsbeauftragten‘ in den Begriff ‚Organspende-Beauftragter‘ umzubenennen. Diese Ärzte leisten ihren Dienst im Krankenhaus ausschließlich im Sinne der Gewinnung von Spenderorganen. Es besteht im Einzelfall keinerlei Verbindung zur Transplantation selbst oder den Chirurgen, die die Transplantation durchführen. Die begriffliche Trennung von Organspende und Transplantation erscheint uns als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber der Öffentlichkeit wichtig, weil immer wieder der Vorwurf erhoben wird, dass die Organspende für Transplantationschirurgen unmittelbare Vorteile jenseits des Patientenwohls mit sich brächte.

Die DGCH und ihre Mitglieder sehen sich in der Pflicht, unter welchen gesetzlichen Bedingungen auch immer, konstruktiv ihre Fachkompetenz einzubringen, um das zu erzielen, was Patienten auf der Warteliste erwarten dürfen: zeitnahe medizinische Versorgung auf höchstem Niveau!“


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)

26.01.2020

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