Schlaganfall-Studie

Deutsche Studie: Heilungschancen nach schwerem Schlaganfall

Die Schlaganfallversorgung in Deutschland ist beispielgebend – die große Mehrzahl der akuten Schlaganfallpatienten erhalten eine neurologische oder geriatrische Rehabilitation. Auch ältere Patienten oder multimorbide Patienten werden nach der Akutphase in eine Rehabilitationsklinik verlegt. Wenig ist bisher jedoch darüber bekannt, wie wirkungsvoll eine neurologische Frührehabilitation ist. Welche positiven Heilungserfolge erzielt sie? Welche Patientengruppen profitieren besonders davon? Auskunft darüber gibt eine neue aktuelle deutsche Studie, die in der Zeitschrift „Aktuelle Neurologie“ veröffentlicht wurde.

„Die Untersuchung liefert wichtige Erkenntnisse für die Schlaganfallbehandlung“, sagt Professor Dr. med. Joachim Röther, Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und Chefarzt der Neurologischen Abteilung der Asklepios Klinik Altona. „Der neue Prognosescore gibt Auskunft darüber, wann eine Frührehabilitation besonders wirkungsvoll ist.“ Mit diesem Score könnte es nach Ansicht des DSG-Experten leichter werden, die Frührehabilitation nach einem schweren Hirninfarkt zu planen. So könnten gegebenenfalls auch die Heilungschancen für schwer betroffene Patienten verbessert werden. 

Neurologische Frührehabilitation unverzichtbar

Ein zentrales Ergebnis der Studie war, dass sich selbst bei Menschen nach einem starken Schlaganfall schwere Lähmungen sowie Schluck- und Verständigungsstörungen durch eine intensive Frührehabilitation stark zurückbilden können. Waren zu Beginn der im Durchschnitt drei bis sechs Wochen dauernden Frührehabilitationsbehandlung nur 5 Prozent der Patienten alleine gehfähig, so konnten am Ende der Behandlung immerhin 20 Prozent  alleine oder mit Hilfe gehen. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass 60 Prozent der im Durchschnitt 72 Jahre alten Patienten nach der Frührehabilitation in eine weiterführende Rehabilitationsklinik verlegt wurden. Allerdings verdeutlicht die Untersuchung auch, dass bei zwei Drittel der Patienten infolge des Ereignisses während der frühen Rehabilitation Komplikationen – wie beispielsweise Infektionen oder Delir und Psychosen – auftraten. Je mehr Komplikationen während der neurologischen Frührehabilitation auftraten, je älter die Patienten waren und je mehr Vorerkrankungen wie Vorhofflimmern und Diabetes mellitus vorlagen, desto geringer waren die Heilungserfolge. Diese Ergebnisse benutzen die Autoren, um einen Prognosescore zu erstellen, der hilft, frühzeitig eine Prognose abzugeben. „Die Studie liefert sehr wertvolle Erkenntnisse für die Schlaganfallbehandlung. Diese sind auch deshalb so relevant, weil es sich bei der Neurologischen Frührehabilitation um den derzeit am schnellsten wachsenden Sektor der akutstationären Versorgung handelt“, sagt Professor Dr. med. Wallesch, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation e.V. (DGNR). „Mittlerweile verfügt die neurologische Frührehabilitation in Deutschland bereits über mehr als 4.500 Behandlungsplätze, damit ist sie ein unverzichtbarer Bestandteil der Versorgungskette nach intensivmedizinischer Akutbehandlung.“ Die Untersuchung verdeutlichte auch, dass besonders alte oder weibliche Patienten tendenziell geringere Heilungschancen haben als junge, männliche Patienten. Auch Betroffene, die vor ihrem Schlaganfall bereits ein Vorhofflimmern hatten oder in Pflege waren, hatten eine schlechtere Prognose.

Prognosescore entwickelt

Für die Studie führten drei Hamburger Asklepios Kliniken seit 2012 über drei Jahre hinweg eine Untersuchung mit Patienten durch, die sich nach einem schweren Schlaganfall in der Frührehabilitation befanden. Insgesamt wurden von 818 Schlaganfall-Erkrankten Daten gesammelt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Patienten betrug 34 Tage. Sie waren während ihrer Behandlungszeit täglich mindestens 300 Minuten in Behandlung – und zwar in der Physio- und Ergotherapie, in der Logopädie, der Neuropsychologie sowie in der therapeutischen Pflege. Von den Patienten wurden zum einen Basisdaten wie ihr Alter und ihr Geschlecht, zum anderen Begleit-erkrankungen wie Diabetes mellitus, Vorhofflimmern oder ein vorhergehender Schlaganfall erfasst. Außerdem wurden verschiedene Faktoren bei der Aufnahme und der Entlassung der Patienten dokumentiert und gegenübergestellt, wie beispielsweise Informationen zu Gedächtnisstörungen, zu Depressionen und zu Infektionen. Anhand dieser Daten entwickelten die Schlaganfall-Experten dann den neuen Prognosescore. „Der neue Prognosescore sollte in weiteren Studien noch näher untersucht und untermauert werden. Wenn seine Aussagekraft bestätigt werden kann, ist er ein wertvollen Instrument für die Planung der Frührehabilitation nach einem schweren Schlaganfall“, meint Röther abschließend.

Quelle: Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation e.V. (DGNR)

18.02.2017

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