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Delegation ärztlicher Leistungen an den MTRA – Do’s & Don’ts
Ärztliche Leistungen müssen grundsätzlich vom Arzt persönlich erbracht werden. Dennoch fallen darunter auch Aufgaben, für die die/der MTRA ebenfalls gut ausgebildet und fachlich qualifiziert ist. Lange Zeit gab es jedoch keine gesetzliche Regelung darüber, welche Maßnahmen der Radiologe denn nun genau an sein medizinisches Fachpersonal übertragen darf und welche nicht.
Das hat sich 2013 mit der Einführung des Patientenrechtegesetzes geändert, das die Rechte und Pflichten aus dem Behandlungsvertrag regelt. Weil es dennoch immer wieder zu Unsicherheiten in Bezug auf die Delegationsmöglichkeiten von ärztlichen Aufgaben kommt, veröffentlicht die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) in Kürze eine Stellungnahme, die noch einmal differenziert über die ärztlichen Aufklärungspflichten bei diagnostischen Röntgenuntersuchungen informieren wird. Maßgeblich mitverantwortlich für diesen Leitfaden ist der Justitiar der DRG und Fachanwalt für Medizinrecht Prof. Dr. Peter Wigge. Er gibt einen Überblick zu den wichtigsten Fakten.
Herr Prof. Wigge, was darf die/der MTRA und was nicht?
Nach der Röntgenverordnung gilt der Grundsatz, dass der Arzt bei einer standardmäßigen Routineuntersuchung nicht anwesend sein muss. In diesen Fällen darf er die technische Durchführung der radiologischen Untersuchung an die/den MTRA übertragen. Trotzdem muss er sich in der Nähe der Untersuchungsräume aufhalten, um gegebenenfalls bei Fragen oder Problemen sofort eingreifen zu können. Anders ist das bei den medizinischen Fachangestellten: Auch diese benötigen in jedem Fall die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz. Ebenso wie MTRAs, die sich noch in der Ausbildung befinden, dürfen sie die Durchführung radiologischer Untersuchungen nur unter ständiger Aufsicht eines Arztes mit voller oder ausreichender Teilfachkunde im Strahlenschutz ausüben.
Was passiert, wenn bei der radiologischen Untersuchung durch die/den MTRA doch etwas schiefläuft?
Im Normalfall haftet der Arzt für das Fehlverhalten seiner Angestellten, weil der Behandlungsvertrag nur zwischen Arzt und Patient geschlossen wird und nicht zwischen Patient und Angestellten. Bei diagnostischen Röntgenleistungen kommt es aufgrund der geringen Strahlendosen in der Regel nicht zu Gesundheitsschäden. Selbst wenn der Patient nicht ordnungsgemäß geröntgt wird, ist die Strahlenbelastung so niedrig, dass daraus keine Körperverletzung resultiert, die dann zum Schadensersatz führen könnte. Es kann aber sein, dass der Patient während des Vorgangs einen anderen Schaden erleidet, zum Beispiel vom CT-Tisch fällt, weil er nicht richtig gesichert worden ist. Dann haftet laut Vertrag zwar der Arzt beziehungsweise das Krankenhaus. Wenn die/der MTRA aber grob fahrlässig gehandelt hat, ist denkbar, dass auf sie/ihn ein deliktisches Haftungsverfahren zukommt. Sie/Er haftet aufgrund ihres/seines Verschuldens ebenfalls, wenn sie/er bei der Verabreichung von Kontrastmitteln nicht überprüft, ob bei dem Patienten Kontraindikationen gegen das Kontrastmittel bestehen.
Welche gesetzlichen Vorgaben haben sich durch das Patientenrechtegesetz genau ergeben?
Der untersuchende Radiologe kann die Aufklärung auf einen anderen Arzt, der fachlich qualifiziert ist, übertragen, nicht aber auf die/den MTRA.
Prof. Dr. Peter Wigge
Sowohl in den Bestimmungen über den Behandlungsvertrag nach den §§ 630a ff. BGB als auch in der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich vorgegeben, dass die Aufklärung über die Risiken einer Untersuchung oder einer Behandlung nur durch einen Arzt erfolgen darf. Der untersuchende Radiologe kann die Aufklärung auf einen anderen Arzt, der fachlich qualifiziert ist, übertragen, nicht aber auf die/den MTRA.
Befragungen des Patienten, die nicht im Zusammenhang mit der Risikoaufklärung stehen, etwa über Voruntersuchungen, familiäre Vorbelastungen des Patienten oder Kontraindikationen, dürfen an die/den MTRA delegiert werden. Das sind originäre Informationspflichten, die aus der Röntgenverordnung (RöV) hervorgehen, jedoch nicht aus dem Behandlungsvertrag. Allerdings bestehen auch ärztliche Informations- und Befragungspflichten nach der RöV. Hervorzuheben ist hier die Aufklärung von Schwangeren über die Risiken einer Röntgenuntersuchung, die ausdrücklich von dem anwendenden Arzt durchzuführen ist.
Bei Untersuchungen, bei denen Konstrastmittel eingesetzt werden, muss ebenfalls eine Aufklärung durch den Arzt persönlich über die Risiken der Injektion und des Arzneimittels erfolgen. Das gilt auch dann, wenn die/der MTRA über die Nebenwirkungen informiert und befugt ist, das Kontrastmittel zu verabreichen. Denn mögliche Folgen für den einzelnen Patienten sind nur aus seinem gesamten Krankheitsbild abzuleiten, das allein der Arzt beurteilen kann.
Profil:
Prof. Dr. Peter Wigge ist Honorarprofessor an der Universität Münster für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht und Mitherausgeber verschiedener Zeitschriften sowie Autor zahlreicher Aufsätze und Bücher im Bereich des Medizinrechts. Zudem berät er seit 1997 die Deutsche Röntgengesellschaft als Justitiar. Im Jahr 2001 gründete er die auf das Medizinrecht spezialisierte Anwaltskanzlei Rechtsanwälte Wigge in Münster, die mittlerweile Dependancen in Hamburg und Lüdinghausen hat. Seit 2006 ist er Vorstandsmitglied im Bundesverband Managed Care e. V. (BMC) Berlin. Zudem ist Prof. Wigge seit 2011 Vorstandsvorsitzender im BMC Regional NRW Münster.
Veranstaltungshinweis
Raum: Tagungsraum 1 + 2
Freitag, 30.10.2015, 15:30–16:15 Uhr
Zugang legen, Aufklärungsgespräch führen, …? Delegation ärztlicher Leistungen auf die/den MTRA – Möglichkeiten und Grenzen
Peter Wigge, Münster
Session: MTRA-Fortbildung
27.10.2015