Dr. Jana Gerstmeier und Markus Werner von der Uni Jena untersuchen, wie...
Dr. Jana Gerstmeier und Markus Werner von der Uni Jena untersuchen, wie Medikamente die Bildung körpereigener Signalstoffe während einer Entzündungsreaktion beeinflussen.

Quelle: Jan-Peter Kasper/FSU

News • Medikation

Damit die Entzündung nicht chronisch wird

Pharmazeuten der Uni Jena stellen mit internationalen Partnern hochempfindliches Testsystem für anti-entzündliche Medikamente vor. Sie untersuchen wie Medikamente die Bildung körpereigener Signalstoffe während einer Entzündungsreaktion beeinflussen.

Sie gehören zu den weltweit am häufigsten verschriebenen Medikamenten: schmerzstillende und fiebersenkende Mittel wie Ibuprofen oder Aspirin. Vor allem zur Behandlung von Entzündungsreaktionen werden sie eingesetzt. Doch trotz ihrer unstrittigen Wirksamkeit und häufigen Anwendung, sind die zugrundeliegenden Wirkmechanismen dieser Medikamente noch nicht vollständig verstanden. Hinzu kommt, dass bei der Einnahme immer wieder gravierende Nebenwirkungen auftreten, deren Ursachen ebenfalls nicht hinreichend geklärt sind. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Pharmazeuten der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat jetzt ein Zellmodell entwickelt, mit dem sich diese Fragen beantworten lassen. 

Wie die Wissenschaftler um Dr. Jana Gerstmeier und Prof. Dr. Oliver Werz von der Uni Jena iberichten, ist es ihnen gelungen, die komplexe Wirkung von verabreichten Wirkstoffen auf die Bildung körpereigener Signalstoffe in Immunzellen während einer Entzündungsreaktion aufzuklären. Das ermöglicht es künftig, gezielt nebenwirkungsarme neue Wirkstoffe zu entwickeln. An den Forschungsarbeiten waren auch Arbeitsgruppen der Harvard Medical School in Boston und des Karolinska Instituts in Stockholm beteiligt.

Entzündung verläuft in zwei Phasen

„Entzündungen verlaufen – grob gesagt – in zwei aufeinanderfolgenden Phasen“, erläutert Markus Werner, Doktorand am Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Jenaer Universität. Während der ersten Phase sind Immunzellen (Makrophagen) vom Typ „M1“ aktiv. Sie produzieren entzündungsfördernde Botenstoffe (Prostaglandine und Leukotriene) aus ungesättigten Fettsäuren, welche die typischen Symptome wie Fieber und Schmerzen auslösen. Nach einigen Tagen folgt die zweite Phase, in der die Entzündung abklingt. Dann sind Makrophagen vom Typ „M2“ aktiv, die aus Fettsäuren entzündungsauflösende Botenstoffe produzieren (sogenannte Resolvine). 

„Herkömmliche Medikamente greifen in beide Phasen gleichermaßen ein“, sagt Dr. Jana Gerstmeier. „Sie drosseln sowohl die Produktion der entzündungsfördernden Botenstoffe als auch die der entzündungsauflösenden Mediatoren.“ Dadurch werde zwar die akute erste Entzündungsreaktion abgemildert, gleichzeitig aber auch die zweite Abklingphase gestört. „Es besteht die Gefahr, dass Entzündungen nicht gestoppt werden und weiter fortschreiten, so dass Folgeerkrankungen auftreten.“ Idealerweise sollten Medikamente also nur die Akutphase drosseln, die Abklingphase der Entzündung jedoch nicht beeinträchtigen.

Empfindlichkeit

Mit dem nun entwickelten Zellmodell ist es möglich, Arzneistoffe hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf beide Entzündungsphasen zu untersuchen. „Wir nutzen dafür menschliche Immunzellen (M1 und M2), die wir mit dem zu testenden Medikament vorbehandeln und anschließend mittels pathogenen Bakterien eine Entzündungsreaktion induzieren“, erläutert Jana Gerstmeier. Dabei werden die von den Zellen freigesetzten Botenstoffe analysiert. 

Das Besondere an der der in Jena entwickelten Methodik ist ihre Empfindlichkeit: Die entzündungsauflösenden Substanzen der zweiten Phase sind in rund 1.000-fach geringerer Konzentration wirksam, als die entzündungsfördernden Signalstoffe der ersten Entzündungsphase. Um sie detektieren zu können, bedarf es also einer sehr sensitiven Analytik, die das Jenaer Labor als eines von wenigen Labors weltweit überhaupt beherrscht. Mit Hilfe eines Massenspektrometers werden hier gleich mehrere Dutzend freigesetzter Mediatormoleküle detektiert und so für jeden Wirkstoff ein individuelles Spektrum erstellt. Daraus lassen sich Aussagen über den Einfluss des Medikaments auf den gesamten Entzündungsprozess ableiten. 

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

28.02.2019

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