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CT innovativ – von der Radiologie zu Radionomics

Das 9. Internationale Symposium „Mehrschicht-CT“ in Garmisch-Partenkirchen wirft unter anderem einen Blick in die Zukunft: „Radiologie 2026“ heißt ein Programmpunkt, der sich mit den methodischen Entwicklungen der CT und der Bedeutung der quantitativen Bildgebungsbiomarker beschäftigen wird.

Eine Frage stellt sich allerdings vorab: Wird es das Feld der Radiologie, wie es heute besteht, angesichts der zunehmenden Datenflut und der dadurch immer stärker werdenden Rolle der IT überhaupt noch geben? Prof. Dr. Maximilian Reiser, einer der beiden Kongresspräsidenten, stellt sich dieser und weiteren Fragen rund um die Perspektiven der Radiologie im Allgemeinen und der CT im Speziellen.

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Prof. Dr. Maximilian Reiser, einer der beiden Kongresspräsidenten des 9. Internationalen Symposiums „Mehrschicht-CT“.

Herr Prof. Reiser, die Fülle an Informationen, die Computertomographie und andere radiologische Verfahren künftig liefern können, wird derzeit noch nicht umfassend genutzt. Die Ambitionen, auf der Grundlage dieser großen Datenmengen IT-gestützte Diagnostiktools zu entwickeln, sind groß. Ist der Radiologe der Zukunft eher IT-Administrator denn Arzt?

Maximilian Reiser: Unter dem großen Stichwort „Smart Data“ gibt es eine ganze Reihe Anwendungsfelder, mit dem Ziel, Bilddaten zu extrahieren, um daraus Informationen für eine unterstützende, automatisierte Erkennung von krankhaften Veränderungen zu gewinnen. Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber: Es gibt kein System, das die Diagnostik übernimmt. Es existieren verschiedene Verfahren, die die Diagnostik unterstützen. Ein Beispiel hierfür sind CAD-Systeme zur Erkennung von Mikrokalzifikationen in der Mammographie. Aber auch die werden nicht in dem Sinn genutzt, dass sie eine Diagnose stellen. Vielmehr entlasten sie sozusagen das Auge des Radiologen, indem sie ihm Hinweise bei der Befundung liefern. Der Begriff „CAD“ sollte auch nicht für computerassistierte Diagnose, sondern für computerassistierte Detektion stehen.

Eine vollständige Detektion von krankhaften Veränderungen ist nach meinem Verständnis in absehbarer Zukunft nicht vorstellbar. Es gibt aber durchaus prominente Vertreter aus der IT- beziehungsweise Medizintechnik, die auf diese Entwicklung setzen. Dieses Ansinnen steht jedoch im kompletten Gegensatz zu unserem täglichen Erleben in der radiologischen Arbeitsumgebung. Da werden Radiologen immer mehr gebraucht, nicht nur als Ärzte, die eine Untersuchung durchführen, sondern als klinische Consultants. Natürlich wird sich in Zukunft vieles unter dem Einfluss der Nutzung von Big-Data-Technologien verändern. Dass der Radiologe überflüssig wird, sehe ich aber nicht. Vielmehr wird er sich immer mehr zum klinischen Berater entwickeln und die IT kann ihn dabei unterstützen, die Steigerungsraten der Untersuchungen zu bewältigen. Alle darüber hinaus gehenden Ambitionen widersprechen der derzeitigen Realität.

In den vergangenen Jahren gab es eindrucksvolle und wertvolle Innovationen.

Prof. Dr. Maximilian Reiser

Die Computertomographie bekommt aus mehreren Richtungen Gegenwind: Die Untersuchung ist aufgrund der Dosis belastend für den Patienten und andere Verfahren wie Röntgen oder Ultraschall werden immer besser. Hat das in der Praxis spürbare Konsequenzen?

Nein, im Gegenteil. Wir verzeichnen eine dramatische Steigerung der CT-Leistungen im stationären Bereich. Die Steigerungsraten der CT-Diagnostik und der CT-gestützten Intervention übertreffen seit Jahren die Steigerungsraten in allen anderen Bereichen unseres Instituts und ich gehe davon aus, dass das ein allgemeiner Trend ist. Insofern ist die CT, trotz der Konkurrenz durch andere Verfahren, eine ungemein nachgefragte Methode. Die Methode ist enorm aussagekräftig, sehr schnell und robust – auch bei wenig kooperationsfähigen Patienten. In den vergangenen Jahren gab es eindrucksvolle und wertvolle Innovationen, insbesondere die iterative Rekonstruktion, aber auch andere Verfahren der Dosisbegrenzung, sodass unter ganz bestimmten Voraussetzungen eine CT-Untersuchung mit der gleichen Dosis wie eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden kann. Für alle radiologischen Untersuchungen gilt, dass wir uns mittlerweile in Dosisregionen bewegen, die absolut vertretbar sind.

Dann gibt es auch noch das Kostenargument ...

Es wird gern über die Kosten räsoniert, die bei Untersuchungen mit Großgeräten vergleichsweise hoch sind. Gern wird aber das Ergebnis, also die Kosten-Nutzen-Relation, außer Acht gelassen. Und die ist bei der CT unvergleichlich hoch. Heute ist es nicht mehr so, dass der Patient eine Kaskade von unterschiedlichen Untersuchungen durchläuft, sondern dass sinnvollerweise eine Untersuchung durchgeführt wird, die dann alle Informationen liefert, die für die weitere Behandlung benötigt werden. Und das ist häufig genug die CT, weshalb wir diese enormen Steigerungsraten zu verzeichnen haben.

Um ein Beispiel zu nennen: Bei Patienten mit akutem Abdomen ist es heute so, dass diese Patienten sehr schnell eine CT bekommen und die Diagnose in der Mehrzahl damit definitiv und richtig gestellt werden kann. Oder bei der Lungenembolie: Da erlaubt die CT nicht nur, diese zu diagnostizieren, sondern auch den Schweregrad zu bestimmen.

Die IT hilft uns, unsere vorhandenen Werkzeuge noch besser nutzen zu können, indem sie den durch sie gewonnenen Informationen einen Mehrwert verleiht.

Prof. Dr. Maximilian Reiser

Welche Trends werden die radiologischen Debatten rund um die CT künftig bestimmen?

Der technologische Fortschritt ist sicherlich noch nicht ausgereizt, die großen Sprünge werden jedoch auf einem anderen Gebiet stattfinden. Denn die Frage lautet, wie wir die Informationen, die die CT liefert, optimal im Sinn eines Imaging Biomarkers für die Patienten auswerten können. Dabei geht es um Parameter, die über die Morphologie hinaus Aussagen über die Prognose einer Erkrankung erlauben, über das Ansprechen auf eine Therapie, und da kommt das Schlagwort „Radiomics“ ins Spiel. Gemeint ist damit letztlich eine Auswertung der morphologischen und funktionellen Bilddaten. Und aus diesen Bilddaten können dann diagnostische Aussagen und Aussagen zum zu erwartenden Therapieverlauf getroffen werden. Dieses Thema ist in der Anfangsphase der Entwicklung, die derzeit von großen Hoffnungen begleitet wird. Wir wissen aus Erfahrung, dass solche neuen Entwicklungen auch von Enttäuschungen und langen Durststrecken begleitet sind, aber – so viel ist absehbar – am Ende wird das Ergebnis dieses Trends über das hinausgehen, was wir heute können. Und hier schließt sich auch der Kreis zwischen bildgebender Modalität und IT: Die IT hilft uns, unsere vorhandenen Werkzeuge noch besser nutzen zu können, indem sie den durch sie gewonnenen Informationen einen Mehrwert verleiht.

Vielen Dank für das Gespräch.

18.01.2016

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