upper body photo of woman wearing wearable device for breast cancer detection
Um die Überlebensrate von Brustkrebspatientinnen zu verbessern, haben MIT-Forscher ein tragbares Ultraschallgerät entwickelt, mit dem Frauen Tumore bereits in frühen Stadien erkennen können.

Bildquelle: Canan Dagdeviren/MIT 

News • Monitoring-Wearable

Brustkrebs: Ultraschall-Scanner im BH soll Früherkennung verbessern

Das neue Gerät könnte die Monitoring-Intervalle für Hochrisiko-Patientinnen verkürzen.

Wird Brustkrebs in seinen frühesten Stadien erkannt, liegt die Überlebensrate bei nahezu 100%. Je später die Tumoren jedoch entdeckt werden, desto höher das Risiko für die Betroffenen. Um die Gesamtüberlebensrate von Brustkrebspatientinnen zu verbessern, haben Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) jetzt ein tragbares Ultraschallgerät entwickelt, mit dem Tumore bereits in frühen Stadien erkannt werden könnten. Das Wearable könnte vor allem für Patientinnen mit hohem Brustkrebsrisiko zwischen den routinemäßigen Mammographie-Scans eingesetzt werden.

Bei dem Gerät handelt es sich um ein System flexibler Pflaster, das an einem BH befestigt werden kann. So kann die Trägerin den integrierten Ultraschallsender bewegen und Aufnahmen des Brustgewebes aus verschiedenen Winkeln anfertigen. In der neuen Studie zeigten die Forscher, dass die so entstandenen Bilder von der Auflösung mit denen von Ultraschallsonden mithalten können, die in Kliniken und Praxen verwendet werden. "Wir haben die Form der Ultraschalltechnik so verändert, dass sie auch zu Hause eingesetzt werden kann. Sie ist tragbar, einfach zu bedienen und ermöglicht eine benutzerfreundliche Echtzeit-Überwachung des Brustgewebes", sagt Canan Dagdeviren, außerordentliche Professorin im Media Lab des MIT und Hauptautorin der Studie. 

Die MIT-Absolventin Wenya Du, der Forschungswissenschaftler Lin Zhang, Emma Suh und Dabin Lin, Professor an der Xi'an Technological University, sind die Hauptautoren der Studie, die jetzt im Fachjournal Science Advances veröffentlicht wurde.

Der Tracker in Nahaufnahme

Bildquelle: Canan Dagdeviren/MIT

Die Inspiration für dieses Projekt kam von Tante Fatma Caliskanoglu, einer Tante von Dagdeviren, bei der trotz regelmäßiger Krebsvorsorgeuntersuchungen im Alter von 49 Jahren Brustkrebs im Spätstadium diagnostiziert wurde. Sechs Monate später verstarb sie. Am Krankenbett ihrer Tante zeichnete Dagdeviren, damals Postdoc am MIT, den ersten groben Entwurf für ein Diagnosegerät, das in einen BH eingebaut werden könnte und eine häufigere Untersuchung von Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko ermöglichen würde.

Mein Ziel ist es, den Menschen zu helfen, bei denen sich am ehesten Intervallkrebs entwickelt. Mit häufigeren Untersuchungen wollen wir die Überlebensrate auf bis zu 98% erhöhen

Canan Dagdeviren

Brusttumore, die sich zwischen den regelmäßigen Mammographien entwickeln — so genannte Intervalltumore — machen 20-30% aller Brustkrebsfälle aus. Oft sind diese Tumore aggressiver als diejenigen, die bei Routineuntersuchungen gefunden werden. "Mein Ziel ist es, den Menschen zu helfen, bei denen sich am ehesten Intervallkrebs entwickelt", sagt Dagdeviren, deren Forschungsgruppe auf die Entwicklung von Wearables spezialisiert ist, die sich dem Körper anpassen. "Mit häufigeren Untersuchungen wollen wir die Überlebensrate auf bis zu 98% erhöhen." 

Um ihre Vision eines diagnostischen BHs zu verwirklichen, entwickelte Dagdeviren einen miniaturisierten Ultraschallscanner, mit dem jederzeit eine Bildgebung durchgeführt werden kann. Dieser Scanner basiert auf Ultraschalltsystemen, die auch in Kliniken und Praxen zum Einsatz kommt, durch ein neuartiges piezoelektrisches Material gelang es den Forschern, die Größe ihres Scanners auf ein Minimum zu reduzieren. 

Um das Gerät tragbar zu machen, entwarfen die Forscher ein flexibles, 3D-gedrucktes Pflaster mit einer wabenartigen Struktur, das mit Magneten befestigt werden kann. Über Öffnungen im BH kann der Ultraschallscanner die Haut berühren, der eingebaute Tracker kann in sechs verschiedene Positionen gebracht werden, um die gesamte Brust abzubilden. Der Scanner kann auch gedreht werden, um Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln aufzunehmen, und wurde so designt, dass für seine Bedienung keine besonderen Fachkenntnisse nötig sind. 

"Mit dieser Technologie ermöglichen wir die Früherkennung und -diagnose von Brustkrebs, die für einen positiven Ausgang entscheidend ist", sagt Anantha Chandrakasan, Dekan der School of Engineering am MIT und einer der Autoren der Studie. "Durch den Einsatz neuer Materialien, stromsparender Schaltungen, KI-Algorithmen und biomedizinischer Systeme wird diese Arbeit die Ultraschallforschung und die Entwicklung medizinischer Geräte erheblich voranbringen."

Links im Bild zu sehen ist das Verbindungskabel mit Platine am einen Ende und...
Links im Bild zu sehen ist das Verbindungskabel mit Platine am einen Ende und dem Miniatur-Ultraschall-Tracker am anderen. Rechts daneben ist die Wabenstruktur des Geräts zu erkennen, dessen sechseckige Löcher zur Positionierung des Trackers eingesetzt werden können.

Bildquelle: Canan Dagdeviren/MIT 

Den ersten Versuch am Menschen führten die Forscher an einer 71-jährigen Frau mit einer Vorgeschichte von Brustzysten durch. Mit dem neuen Gerät konnten sie sogar Zysten mit einen Durchmesser von nur 0,3 Zentimetern erkennen — das entspricht der Größe von Tumoren im Frühstadium. Sie zeigten darüber hinaus, dass das Gerät eine Auflösung erreicht, die mit der von herkömmlichem Ultraschall vergleichbar ist, und Gewebe bis zu einer Tiefe von 8 Zentimetern abbilden kann. "Der Zugang zu einer hochwertigen und erschwinglichen Gesundheitsversorgung ist für die Früherkennung und Diagnose von entscheidender Bedeutung", sagt Catherine Ricciardi, Krankenschwester am MIT-Zentrum für klinische und translationale Forschung und Autorin der Studie. "Als Krankenschwester weiß ich, welche Folgen eine verzögerten Diagnose mit sich bringt. Mit dieser Technologie können die vielen Barrieren bei der Brustkrebsfrüherkennung überwunden werden, indem sie eine zuverlässigere und weniger unangenehme Untersuchung ermöglicht."

Aktuell müssen die Forscher ihren Scanner noch an ein herkömmliches Ultraschallsystem anschließen, um die von ihrem Scanner angefertigten Aufnahmen zu sehen. Künftig soll dies jedoch über eine miniaturisierte Version des Bildgebungssystems ablaufen, die etwa so groß wie ein Smartphone ist. 

Das tragbare Ultraschallgerät ist wiederverwendbar; so dass es auch zu Hause von Hochrisiko-Patientinnen verwendet werden könnte, die von häufigeren Untersuchungen profitieren. Zudem könnte es zur Krebsdiagnose bei Menschen eingesetzt werden, die keinen regelmäßigen Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen haben. "Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, und er ist behandelbar, wenn er früh erkannt wird", betont Dr. Tolga Ozmen, ein auf Brustkrebs spezialisierter Chirurg am Massachusetts General Hospital, der ebenfalls einer der Autoren der Studie ist. "Eines der größten Hindernisse bei der Bildgebung und Früherkennung ist der Weg, den die Frauen zu einem Bildgebungszentrum zurücklegen müssen." Indem es Frauen diesen Weg erspart, könnte das Ultraschallpflaster einen wichtigen beitrag zur Vorsorge leisten, ist er überzeugt. 

Die Forscher hoffen, einen Ablauf zu entwickeln, bei dem die Daten der Patientinnen per KI auf Veränderungen im Laufe der Zeit zu analysieren. Denkbar ist darüber hinaus,die neue Ultraschalltechnologie so anzupassen, dass sie auch für die Untersuchung anderer Körperteile eingesetzt werden kann. 


Quelle: Massachusetts Institute of Technology

31.07.2023

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