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Brustimplantate: Tomaten-DNA gegen Produktpiraterie
Der Skandal um minderwertige Silikonimplantaten, mit denen 2010 ein französischer Hersteller handelte, zählt zu den Medizinskandalen, die auch heute noch vielen in Erinnerung sind. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP haben jetzt einen Weg gefunden, solche Machenschaften zu unterbinden. Die Hilfe im kampf gegen billige Plagiate kommt von unerwarteter Seite – aus verkapselter Tomaten-DNA.
Quelle: Pixabay/Arcaion
Produktfälschungen erweisen sich im Zuge der Globalisierung als wachsendes Problem für Hersteller. Für den Verbraucher wird es riskant, wenn Fälscher sensible Produkte wie Medizintechnik und Medikamente ins Visier nehmen. Die Plagiate sind meist minderwertig und können die Gesundheit der Patienten erheblich beeinträchtigen oder sich sogar als lebensgefährlich erweisen. Dies hat der Skandal um Brustimplantate einer französischen Firma gezeigt, die bei der Herstellung der Implantate nicht zugelassene Silikone zugemischt hatte, um die Produktionskosten zu senken.
In der Regel kaufen die Fälscher hochwertige Einzelkomponenten von renommierten Lieferanten und strecken diese mit billigem Silikon, das einen Bruchteil des erstklassigen Materials kostet
Joachim Storsberg
Die unerlaubte Manipulation nachzuweisen, ist nachträglich kaum möglich. Ob minderwertiges Silikon verwendet wurde, lässt sich im Nachhinein nur mit erheblichem analytischen Aufwand aufdecken. "In der Regel kaufen die Fälscher hochwertige Einzelkomponenten von renommierten Lieferanten und strecken diese mit billigem Silikon, das einen Bruchteil des erstklassigen Materials kostet. Der finanzielle Gewinn der Produktpiraten ist immens", weiß Dr. Joachim Storsberg, Wissenschaftler am Fraunhofer IAP in Potsdam und Gutachter in Gerichtsverfahren, die Brustimplantate betreffen. Eine Methode, die eine nachträgliche Manipulation einer oder mehrerer Komponenten sowohl qualitativ als auch quantitativ nachweist, wäre ideal.
Ein solches Verfahren haben Storsberg und sein Team – dem unter anderem Marina Volkert von der Beuth Hochschule für Technik Berlin angehört – entwickelt, es ist bereits patentiert. Die Idee: Mithilfe von DNA-Sequenzen könnten Implantate permanent und identitätssicher markiert werden. Hersteller hätten so die Möglichkeit, Produkte fälschungssicher zu kennzeichnen und so für mehr Patientensicherheit zu sorgen. Der Clou: Als Marker nutzen die Forscher Tomaten-DNA, die sich in diversen Experimenten als ideales Markierungsmaterial erwies. "Wir haben aus Tomatenblättern genomische DNA (gDNA) isoliert und in die Silikonmatrix eingebettet. Dabei haben wir zum Herstellen von Brustimplantaten zugelassene Siloxane, Bausteine für Silikonprodukte, verwendet", erläutert Storsberg. In Modellversuchen konnten die Forscherinnen und Forscher die Temperaturbeständigkeit der extrahierten DNA demonstrieren. Hierfür wurde das Silikon, in dem sich die gDNA befindet, über einen Zeitraum von fünf Stunden bei 150 Grad vulkanisiert, und anschließend per PCR, einer Technik zur Vervielfältigung der DNA, und einem speziellen Analyseverfahren, der Gelelektrophorese, überprüft. Das Ergebnis: Die DNA wurde nicht abgebaut, sie blieb stabil.
"Brustimplantate bestehen aus Komponenten, sprich aus mehreren Silikonpolymeren, die vernetzt werden und ein Gel bilden. Der Hersteller der Komponenten hat nun die Möglichkeit, gleich beim Produktionsprozess die Silikone mit der verkapselten Tomaten-DNA-Sequenz zu markieren. Die eingesetzte DNA sowie deren Konzentration sind nur ihm bekannt. Erst dann werden die Komponenten an den Produzenten des eigentlichen Implantats verkauft. Streckt dieser nun die Komponenten nachträglich mit minderwertigen Materialien oder verwendet er eine niedrigere Konzentration, so lässt sich dies per PCR nachweisen. Das funktioniert im Prinzip wie ein Vaterschaftstest", führt Storsberg aus. Der Vorteil der Tomaten-DNA: Sie ist quasi kostenlos und eignet sich zum Kennzeichnen vieler polymerbasieren Implantate, also beispielsweise auch zum fälschungssicheren Markieren von Linsenimplantaten.
Die Ergebnisse der IAP-Forscher wurden bereits in der Fachzeitschrift »Plastische Chirurgie« veröffentlicht.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP
03.08.2018