Innenleben
Biliäre Erkrankungen: Von „ganz banal“ bis schwer zu diagnostizieren
Der Begriff „biliäre Erkrankungen“ umfasst alle Erkrankungen, die die Galle und die gallenproduzierenden Organe, also auch die Leber, betreffen. Es wird dabei zwischen entzündlichen und Autoimmunerkrankungen unterschieden. Prof. Dr. Josef Tacke, Chefarzt der Klinik für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie am Klinikum Passau, gibt einen Überblick über die häufigsten Erkrankungen und einige seltenere, schwer zu diagnostizierende Vertreter.
Zu den häufigen entzündlichen Erkrankungen zählen alle Formen der Gelbsucht (Ikterus), waobei zwischen prä-, intra- und posthepatischem Ikterus unterschieden werden muss. Für den Bereich der biliären Erkrankungen ist vor allem der posthepatische Ikterus von Bedeutung, bei dem eine Störung des Gallenabflusses aus der Leber vorliegt.
Dazu gehört aber auch der „ganz banale“ Gallenstein, wie Tacke ausführt. Die Häufigkeit dieser Erkrankung hat stark zugenommen und liegt auf Platz zwei der Inzidenzskala, ungeschlagener Spitzenreiter ist allerdings das Sodbrennen als häufigste und kostenintensivste gastroenterologische Erkrankung. Zivilisatorische Ursachen sind weitgehend dafür verantwortlich. Während in Asien, in den südeuropäischen Ländern oder auch in Afrika das Krankheitsbild kaum eine Rolle spielt, tritt es dort auf, wo gut und fett gegessen wird. Auch steigendes Alter in Zusammenhang mit Ernährung und Stoffwechsel spielt eine Rolle.
Entzündungen der Gallenwege
Die Entzündung der Gallenwege (Cholangitis) ist ein weiteres wichtiges Thema. Die Cholangitis betrifft hauptsächlich Patienten mit Vorerkrankungen. Wenn also beispielsweise bei der Behandlung eines Gallensteins die Papille, der Übergang vom Gallengang zum Zwölffingerdarm, erweitert wurde, kann es in seltenen Fällen zu aufsteigenden Infektionen kommen. Darüber hinaus können sekundäre Infektionen der Gallenwege bei immunsupprimierten Patienten oder bei malignen Erkrankungen auftreten.
Die primär sklerosierende Cholangitis ist dagegen eine immunologisch bedingte Entzündung der Gallenwege. Dabei handelt es sich um eine nicht heilbare Erkrankung, deren Ursachen unklar sind und die nicht therapierbar ist. Letztendlich bietet die Lebertransplantation die einzige Heilungsmöglichkeit. Die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Diagnose beträgt zwischen 12 und 18 Jahre. Eine genetische Prädisposition gilt als eine der möglichen Ursachen. Darüber hinaus besteht eine zahlenmäßig beträchtliche Koinzidenz mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Außerdem liegt das Risiko, an einem cholangiozellulären Karzinom zu erkranken, bei 11 Prozent.
MRCP bei primär sklerosierender Cholangitis
Die Diagnose der primär sklerosierenden Cholangitis erfolgt, abgesehen von der Labordiagnostik, durch die Bildgebung. Primäres diagnostisches Instrument ist der Ultraschall. Erhärtet sich der Verdacht, erfolgt die Diagnoseabsicherung durch die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP). Während früher nahezu ausschließlich die endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) zur Anwendung kam, wurde diese Methode weitgehend durch die MRCP abgelöst. Dabei handelt es sich um eine normale Kernspintomographie, bei der durch flüssigkeitssensitive Sequenzen ein 3-D-Bild der Gallenwege errechnet wird. Die Sensitivität und Spezifität liegt mit 80 bis 90 Prozent im hohen zweistelligen Bereich. Via MRCP lässt sich die Veränderung der Gallenwege der Form nach beurteilen. Die MRCP hat sich zum Mittel der Wahl entwickelt, weil sie im Vergleich zur ERCP mit deutlich weniger Komplikationen einhergeht. Bei der ERCP werde schließlich ein Kontrastmittel invasiv in die Entzündung injiziert, erläutert Tacke.
Die ERCP wird weiterhin etwa bei der sekundären sklerosierenden Cholangitis zur therapeutischen Behandlung der Ausgusssteine eingesetzt. Wenn das nicht funktioniert, kommt die Radiologie wieder auf den Plan. So wird interventionell (PTCD) punktiert, um eine Ableitung zu erreichen. Tacke weist auch darauf hin, dass der Radiologe auf möglichst präzise klinische Informationen des Zuweisers angewiesen ist: „Im Bereich der bilären Erkrankungen gibt es einige, die so diskret sind, dass sie ohne Zusatzinformationen kaum zu diagnostizieren sind.“
PROFIL:
Prof. Dr. Josef Tacke ist Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie/Neuroradiologie am Klinikum Passau. Er studierte Medizin in Ulm und Düsseldorf. Von 1992 bis 2004 war sein Arbeitsplatz die RWTH Aachen, wo er zuletzt als Oberarzt der Klinik für Radiologische Diagnostik agierte. Der Facharzt für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie engagiert sich besonders im Bereich vaskulärer und onkologischer Interventionen. Er ist unter anderem Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie (DeGIR). Er übernahm 2010 die Tagungspräsidentschaft des Bayerisch-Österreichischen Röntgenkongresses in Linz.
Veranstaltungshinweis:
Raum: Karajan-Saal
Samstag, 3. Oktober 2015, 14:00–15:30 Uhr
Moderation: J. Tacke, Passau/Deutschland
FFF 7 – Biliäre Erkrankungen
25.09.2015