MRI imaging of spine
76-jährige Patientin mit fortschreitender Paraparese: Die MRT-Bildgebung bei einer Feldstärke von 0,55T (rechts) zeigt eine hochgradige Spinalkanalstenose aufgrund postoperativer Veränderungen zwischen den Wirbeln T 4/5

Bildquelle: Prof. Merkle / Universitätsspital Basel

Artikel • Feldstärken-FAQ

Am oberen und unteren Rand der MR-Welt

Das Interesse an Hochfeld- sowie Niedrig- bzw. Ultraniedrigfeld-Magnetresonanztomographie (MRT) ist unter Radiologen enorm. Auf dem Garmisch-Symposium beleuchtet Prof. Dr. Elmar M. Merkle das obere und untere Ende des Feldstärke-Spektrums.

Bericht: Michael Krassnitzer

portrait of Elmar M. Merkle
Prof. Dr. Elmar M. Merkle

Auf dem Gebiet der Magnetresonanztomographie teilen sich derzeit Geräte mit einer Feldstärke von 1,5 und 3 Tesla den Markt im Verhältnis von etwa 1:1 untereinander auf. Hochfeld-MRT mit einer Feldstärke von 7T, Niedrigfeld-Scanner mit rund 0,5T und Ultra-Niedrigfeld-MRT mit einer nochmals um den Faktor zehn geringeren Feldstärke spielen markttechnisch praktisch keine Rolle. Dennoch ist das Interesse an Hochfeld- und Niedrigfeld-MRT unter Radiologen enorm – das zeigt die hohe Resonanz zu MRT-Beiträgen über besonders hohe beziehungsweise niedrige Feldstärken auf einschlägigen Fachportalen. 

Auch bei Prof. Dr. Elmar M. Merkle hat die MRT abseits der Standard-Feldstärken das Interesse geweckt. Auf dem diesjährigen Garmisch-Symposium widmet er einen Vortrag der Ultrahoch- und Ultraniedrig-MRT. „Für die Geräte sowohl am unteren als auch am oberen Rand des Feldstärke-Spektrums gibt es sinnvolle Einsatzmöglichkeiten. Aus der Businessperspektive ist das untere Ende attraktiver, aus der Forschungsperspektive das obere Ende“, resümiert der ärztliche Departementsleiter sowie Chefarzt Radiologie und Nuklearmedizin am Universitätsspital Basel. 

Je höher die Feldstärke, desto besser?

Lange Zeit galt das Prinzip: Je höher die Feldstärke, desto besser. Die ersten MRT-Scanner verfügten über eine Feldstärke in der Größenordnung von 0,2T, um das Jahr 2000 etablierte sich 1,5T als Standard, mittlerweile ergänzt durch 3T-Scanner. Ökonomisch jedoch stößt dieser Trend an eine Grenze: „Je höher die Feldstärke, desto teurer das System“, erklärt Merkle: „Mit den Tarifen, die in Mitteleuropa bezahlt werden, kann ein 7T-Gerät in der klinischen Routine nicht kostendeckend betrieben werden.“ Zwar gebe es einzelne Indikationen, bei denen die Diagnostik mit Hochfeld-MRT von Bedeutung sei – etwa bei Epilepsie. Der Hauptfokus dieser Modalität liege jedoch eindeutig in der Forschung. „Hochfeld-MRT erlaubt es, physiologische und pathophysiologische Vorgänge besser zu verstehen. Sie ermöglicht es, Dinge zu sehen, die bei den anderen Feldstärken nicht sichtbar sind.“ Das bedeute jedoch nicht, dass 7T automatisch in die Routine einsickere: „Wenn man weiß, was man sehen möchte, kann man 3T-Geräte entwickeln, die genau das sichtbar machen“, bekräftigt Merkle. Die Bedeutung des technischen Fortschritts zeige sich auch in der Bildqualität moderner 1,5T-Geräte, die bei gleichbleibender Feldstärke deutlich bessere Ergebnisse liefern als Scanner, die vor 20 Jahren im Einsatz waren. 

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Niedrigfeld- und Ultraniedrigfeld-MRT hingegen werde künftig ein nennenswertes Segment auf dem MRT-Markt erobern, ist Merkle überzeugt. „Aus meiner Erfahrung liefert ein 0,5T-Gerät in vielen Bereichen eine ähnlich gute, wenn nicht sogar bessere Bildqualität als 1,5T-Modell von vor zehn Jahren“, unterstreicht der Schweizer Radiologe, an dessen Departement ein 0,55T-Scanner betrieben wird. Bei Patienten mit metallischen Implantaten oder in der Darstellung luftgefüllter Hohlräume – etwa bei der Lungenbildgebung – sei eine niedrigere Feldstärke sogar von Vorteil, erläutert Merkle. Eine geringere Feldstärke erlaube zudem Bauweisen mit größerem Ringtunnel, was Untersuchungen klaustrophobischer oder adipöser Patienten erleichtere. Ultraniedrigfeld-Scanner lassen sich überdies an eine ganz normale 230V-Steckdose anschließen, so dass sie mobil sind und etwa auf Intensivstationen eingesetzt werden können. Nicht zuletzt verursachen Geräte mit geringerer Feldstärke in Anschaffung und Betrieb weniger Kosten. „Weil die Vergütung die gleiche ist, lassen sich Scanner mit geringerer Feldstärke kosteneffektiver betreiben“, sagt Merkle. 

Geräte mit höherer Feldstärke hinterlassen sowohl bei der Herstellung als auch im Betrieb einen größeren ökologischen Fußabdruck. Diese Betrachtungsweise spielt heutzutage eine zunehmende Rolle

Elmar M. Merkle

Auch der Umweltaspekt spielt der Niedrigfeld-MRT in die Hände: „Geräte mit höherer Feldstärke hinterlassen sowohl bei der Herstellung als auch im Betrieb einen größeren ökologischen Fußabdruck. Diese Betrachtungsweise spielt heutzutage eine zunehmende Rolle“, betont Merkle. Die MRT-Technik hat einen substanziellen Energiebedarf, der mit der Feldstärke ansteigt. Zum Vergleich: Mit der Energie, die ein heutiger 3T-High-End-Scanner jährlich benötigt, lassen sich in derselben Zeitspanne 50 bis 60 Drei-Personen-Haushalte mit Strom versorgen. 

Im Bereich der Computertomographie gilt heute die ALARA-Leitlinie: As Low As Reasonably Achievable, also so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar. Merkle kann sich vorstellen, dieses Prinzip auch auf die MRT umzulegen: „Es geht nicht darum, die hübschesten Bilder zu machen, sondern Bilder, die für die jeweilige Diagnose qualitativ ausreichend sind und zugleich die Umwelt so wenig wie möglich belasten.“ 


Garmisch-Session: 

From ultra high to ultra low field MRI: really? (Donnerstag 20. 1. 2022, 8.25) 


Profil: 

Prof. Dr. Elmar M. Merkle ist seit 2012 ärztlicher Departementsleiter sowie Chefarzt Radiologie und Nuklearmedizin am Universitätsspital Basel. Mitte der 1990er-Jahre forschte er auf dem Gebiet der interventionellen MRT-Bildgebung in Cleveland (USA), von 2003 bis 2011 war er an der Duke University in North Carolina tätig, zuletzt als Leiter der MR-Bildgebung sowie als medizinischer Direktor des Center of Advanced MR-Development. Merkle ist Mitglied zahlreicher internationaler Fachgesellschaften und Gastprofessor an vielen Universitäten weltweit. Neben der Veröffentlichung von mehr als 190 wissenschaftlichen Publikationen ist er Herausgeber von bislang fünf Büchern. 

20.01.2022

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