Alles andere als Standard
MRT-Untersuchungen des Dünn- und Dickdarms
Wann wird sie angewendet und welche Fallstricke gibt es bei der Untersuchung des Dünn- und Dickdarms mit der MRT? Dieser Frage wird PD Dr. Thomas Lauenstein, Radiologe an der Universitätsklinik Essen, im Rahmen des MRT-Grundkurses mit sehr praktischen Hinweisen und Tipps nachgehen: „Ziel des Vortrages ist es, den Kollegen zu vermitteln, wie eine solche Untersuchung, die keinesfalls zum Standard-Repertoire gehört, erfolgreich durchgeführt wird und welche Vorbereitungen dafür notwendig sind.“
Zu diesen Vorbereitungen gehört zunächst einmal das Füllen des Darmlumens mit Flüssigkeit oder CO², da die Darmschlingen ansonsten häufig kollabieren. „Beim Dickdarm geht dies relativ einfach, indem die Flüssigkeit über eine Rektalsonde eingeführt wird. Beim Dünndarm gestaltet sich das schon etwas komplizierter: Hier trinkt der Patient die Flüssigkeit, die allerdings relativ schnell vom Darm absorbiert wird. Um sicherzustellen, dass bis zur Untersuchung noch ausreichend Flüssigkeit im Darm vorhanden ist, wird diese mit Zuckerderivaten wie Sorbitol versetzt“, so Lauenstein.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der vor der Untersuchung zu beachten ist, ist die Unterdrückung der Darmbewegungen mit Spasmolytika, wie beispielsweise Buscopan. Dieses Mittel wird den Patienten kurz vor der Untersuchung verabreicht, um die Darmbewegungen für etwa fünf bis zehn Minuten nahezu einzufrieren.
MRT, CT oder Koloskopie?
Gerade bei der Untersuchung des Dünndarms ist die MRT mittlerweile eine gut etablierte Methode. Denn einerseits kann dieser mit dem Endoskop nicht komplett eingesehen werden, andererseits lassen endoskopische Verfahren „nur“ einen Blick auf die Schleimhautoberfläche zu. Lauenstein: „Der Blick mittels MRT ist in diesem Fall sehr aufschlussreich, weil wir den kompletten Dünndarm samt Darmwand und allem, was darüber hinaus geht, beurteilen und in die Diagnostik mit einbeziehen können. Relevant wird dies beispielsweise bei Patienten, die aufgrund von Entzündungen Abszesse bilden, die mit der Koloskopie nicht sichtbar sind.“
Auch die Kapselendoskope, die inzwischen zunehmend eingesetzt werden, stoßen hier häufig an ihre Grenzen: Sobald Engstellen im Darm vorhanden sind, muss diese Untersuchung von vornherein ausgeschlossen werden. „Die Übergänge zwischen Gastroenterologie und Radiologie werden immer fließender, trotzdem stehen beide Disziplinen nicht in Konkurrenz. Im Gegenteil: Die Verfahren werden komplementär eingesetzt und mittlerweile ist es Standard, dass der Gastroenterologe zunächst Schnittbildverfahren veranlasst, um sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen – auch wenn es um den Einsatz der Kapselendoskopie geht“, berichtet der Experte aus der Praxis.
Nicht immer muss es sich dabei um die Kernspintomographie handeln, zumal eine CT-Untersuchung nach wie vor günstiger und schneller ist. Allerdings, so Lauenstein, „bei chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel Morbus Crohn – eine der häufigsten Indikationen im Dünndarm – kommt die CT nur bei der Akutdiagnostik in Frage. Die Krankheit betrifft häufig junge Menschen, bei denen es nicht mit einer einmaligen Abklärung getan ist. Beim CT wäre die Strahlenexposition, der ein Morbus-Crohn-Patient in seinem Leben ausgesetzt wäre, viel zu hoch. In Deutschland sind wir in solchen Fällen eher zurückhaltend, was die Anwendung mittels CT angeht. Die Kollegen in angelsächsischen Ländern haben hier allerdings eine etwas andere Herangehensweise.“
Ob eine MRT-Untersuchung nun das Mittel der Wahl ist, hängt somit einerseits vom Krankheitsbild ab. Andererseits sollte diese Entscheidung in enger Abstimmung mit den Kollegen der Inneren Medizin getroffen werden.
Im Profil
Für seine 2007 verfasste Habilitation zum Thema „Morphologische MR-Tomografie des Gastrointestinaltraktes“ verlieht die Deutsche Röntgengesellschaft PD Dr. Thomas Lauenstein den Röntgenpreis 2010. Gleichzeitig brachte er mit seiner Arbeit neuen Schwung in die Debatte um den Stellenwert der Kernspintomographie zur Darmkrebsfrüherkennung. Bis auf den zweijährigen Aufenthalt als Assistant Professor in der Radiologie am EMORY University Hospital in Atlanta, Georgia, blieb der 38-jährige dem Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie der Universitätsklinik Essen treu. Neben der Mitgliedschaft in der Deutschen Röntgengesellschaft engagiert sich Thomas Lauenstein auch international in der International Society of Magnetic Resonance Imaging (ISMRM), der American Roentgen Ray Society (ARRS), der European Society of Radiology (ESR) und der European Society of Gastrointestinal and Abdominal Radiology (ESGAR).
18.01.2011