Artikel • Kampf dem Schmerz
Wann der Orthopäde bei der Hüfte die MRT zu Rate ziehen sollte
Die MRT ist am Hüftgelenk bei nahezu allen nicht-traumatologischen Fragestellungen die Bildgebung der Wahl, wenn die primäre Röntgenbildgebung nicht konklusiv ist oder es einer ergänzenden Schnittbildgebung bedarf.
„Sie spielt eine große Rolle bei der Abklärung von Entzündungen, Tumoren und chronischen Schmerzen, aber auch bei unklaren Gelenkschmerzen oder bei Diskrepanz von Klinik und Schweregrad einer Arthrose im Röntgenbild bzw. einer fehlenden Besserung der Schmerzsymptomatik unter konservativer Therapie“, erklärt Prof. Dr. Reinhard Meier, Direktor der Klinik für Radiologie am Isarklinikum in München.
Therapieentscheidende MRT
Die Zuweisungen für eine MRT der Hüfte kommen meistens von Orthopäden, die von Menschen mit Hüft- oder Leistenschmerzen aufgesucht werden. Vor allem bei älteren Menschen kann neben einer Röntgenaufnahme die MRT hilfreich bei der Etablierung der Diagnose der Ursache von Hüftschmerzen sein, zum Beispiel den Nachweis von arthrotischen Frühzeichen oder Aktivitätszeichen einer Coxarthrose erbringen. In der MRT können hochsensitiv der Knorpel, das Knochenmark, das Labrum, die Muskulatur und Sehnenansätze untersucht werden. Besondere diagnostische Aufmerksamkeit erfordert beispielsweise die Unterscheidung zwischen einem Knochenmarködemsyndrom, einer subchondralen Insuffizienzfraktur (SIF) und einer avaskulären Nekrose der Hüfte (AVN). Alle drei haben Knochenmarködeme, die bei einigen reversibel sind und bei anderen eine irreversible Erkrankung darstellen, die unbehandelt zu einem Gelenkersatz führt. Hier unterscheidet man mittels der Bildmorphologie: anhand der Verteilung der Knochenmarködemveränderung, der Struktur des Hüftkopfes, lineare oder zonale subchondrale Veränderungen und ggf. auch durch das Perfusionsverhalten. Das erlaubt zumeist eine zweifelsfreie Unterscheidung.
Ferner können mittels der MRT Pathologien im Bereich der Hüftmuskulatur sowie Binnenpathologien wie Läsionen der Gelenklippe und des Knorpels abgeklärt werden. Insbesondere beim klinisch diagnostizierten femoroacetabulären Impingement (FAI) ist der Ausschluss eines relevanten Knorpeldefektes und die mehrdimensionale Darstellung der Schenkelhalsmorphologie entscheidend für die Therapie. Allerdings ist die Qualität der Knorpeldiagnostik an der Hüfte leider noch nicht vergleichbar mit der anderer Gelenke.
Neue Software reduziert Artefakte
Früher erkannte man rund um die Hüftprothesen nichts, mit der neuen Technologie sieht man bis knapp zum Metall die Umgebung, so dass jetzt eine Protheseninfektion darstellbar ist.
Prof. Dr. Meier
Ein neues großes Feld ist die MR Bildgebung nach Prothesenimplantationen. Neue Sequenzen wie SEMAC reduzieren Artefakte durch implantiertes Metall erheblich, so dass sich mit der MR-Diagnostik von Komplikationen nach Implantation von Hüftprothesen ein spannendes neues diagnostisches Feld ergeben hat. Prof. Meier: „Früher erkannte man rund um die Hüftprothesen nichts, mit der neuen Technologie sieht man bis knapp zum Metall die Umgebung, so dass jetzt eine Protheseninfektion darstellbar ist.
Auch in der Hüftdiagnostik geht der Trend zu höheren Feldstärken aufgrund eines besseren Signal-Rausch-Verhältnisses und verkürzter Untersuchungszeiten. Es gibt derzeit keine verlässliche Evidenz einer eindeutigen Überlegenheit von 3T an der Hüfte gegenüber den Scannern mit 1,5 T, aber es gibt Anzeichen dafür, dass man bei höheren Feldstärken ab 3T eher auf eine MR-Arthrographie verzichten kann.“
Zukunftsmusik
Eine wichtige Rolle in der bildgebenden Diagnostik der Hüfte werden zukünftig hochauflösende MR-Sequenzen zur detaillierten Darstellung des dünnen Knorpelüberzugs am Hüftgelenk, die CT zur voxelbasierten Quantifizierung der Knochendichte sowie die Dual-Energy CT zur Artefaktreduktion nach Implantaten und zur Darstellung eines Knochenmarködems spielen. Im experimentellen Anwendungsbereich befinden sich außerdem neue MR Sequenzen zur Quantifizierung der Qualität von Knorpel, Sehnen und Nerven sowie zur Quantifizierung des muskulären Fettgehalts.
In der Zukunft wird die Bildgebung daher noch mehr zum Pathogeneseverständnis von verschiedenen Hüfterkrankungen beitragen.
Prof. Dr. Meier
Aber auch bereits bewährte MR Sequenzen wie die Perfusion werden zunehmend zur Anwendung kommen. „Die zusätzliche Durchführung einer Perfusion-MRT ist spannend zum Verständnis der Pathogenese einer Erkrankung, z.B. bei einer Unterscheidung zwischen einer Hüftkopfnekrose und einem Knochenmarködemsyndrom. Durch die Perfusion kann man sehr schön differenzieren, ob der Knochen noch vital, wie beim Knochenmarködemsyndrom, oder schon avital, wie im späten Stadium der AVN, ist. In der Zukunft wird die Bildgebung daher noch mehr zum Pathogeneseverständnis von verschiedenen Hüfterkrankungen beitragen.
Profil:
Prof. Dr. Reinhard Meier wurde nach dem Medizinstudium in München, Nizza und San Francisco und der Weiterbildung am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Technischen Universität München im Jahre 2012 zum Facharzt für Radiologie ernannt. Drei Monate später habilitierte er sich erstmalig, 2015 folgte die Umhabilitation und 2015 die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor. Seit 2010 leitet er die Forschungsgruppe „Translationale Molekulare Bildgebung“ der TU München. Von 2014-2016 war er leitender Oberarzt und stellvertretender Ärztlicher Direktor und Sektionsleiter Interventionelle Radiologie am Uniklinikum Ulm. Seit Oktober 2016 ist er Klinikdirektor am Isarklinikum München.
02.02.2017